Arndt Klocke (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schrumpf von der CDU, Sie haben die Frage aufgeworfen, warum sich der Kollege Beckamp im letzten Drittel seiner Rede mit Aussagen zur Schweiz und zu Coronafragen hier befasst hat und nicht zum eigentlichen Antrag gesprochen hat.
Das hat natürlich den Hintergrund, dass diese Reden bei der AfD im Wesentlichen gehalten werden, um die eigenen YouTube-Kanäle zu bespielen.
(Zuruf von der AfD)
Das ist natürlich das, was jetzt ins Netz gestellt wird. Da ja die AfD eng im Schulterschluss mit den Querdenkern unterwegs ist, die glücklicherweise demnächst vom Verfassungsschutz beobachtet werden, und versucht, die Republik aufzurühren, ist das natürlich das eigentliche Thema.
(Zuruf von der AfD: Das stimmt ja gar nicht!)
Da kann man natürlich versuchen, so einen Antrag unterzubringen und dann auch zu einem Thema zu sprechen, um das es gar nicht geht.
(Zuruf von Andreas Keith [AfD])
Denn darum ging es ja gar nicht, aber er hat noch versucht, das hier unterzubringen, und das ist auch der eigentliche Sinn des Redebeitrags.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Zum Antrag zu dem Thema „Baukindergeld“: Ich frage mich schon, warum wir uns heute damit beschäftigen müssen. Wir sind ja fünf Monate vor der Bundestagswahl. Danach werden die Karten in Berlin neu gemischt. Warum sich jetzt der Landtag in Nordrhein-Westfalen zu einem solchen bundespolitischen Projekt äußern soll, bei dem ganz klar ist, dass es nicht nur ausläuft, sondern dass eine neue Bundesregierung, in welcher Konstellation auch immer, sich neu damit beschäftigen muss, kann man sich schon fragen. Aber wahrscheinlich geht es auch hier wieder darum, die eigenen Kanäle zu bespielen und entsprechend Stimmung zu machen.
(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE] – Zuruf von der AfD)
Wenn man sich das Land Nordrhein-Westfalen und die entsprechende Fördersituation hier anguckt – darauf ist ja eben von Kollegen der SPD und der FDP schon hingewiesen worden –, dann stellt man fest, dass es hier in Nordrhein-Westfalen gute und sinnvolle Möglichkeiten zur Eigenheimförderung, insbesondere seitens der NRW.BANK, gibt.
Ich war am Anfang, als die Programme vorgestellt worden sind, durchaus etwas skeptisch, weil ich Fragen an dieses Programm hatte. Aber ich habe mich über den Verlauf bzw. über die Entwicklung regelmäßig informiert und kann jetzt auch von grüner Seite sagen, dass wir dieses Segment in dieser Größenordnung für richtig halten. Das habe ich auch schon mehrfach im Beirat „Wohnraumförderung“ der NRW.BANK gesagt. Ich finde, das ist ein richtiges und gutes Förderkonzept, um einen gewissen Bedarf in diesem Land zu bedienen und hier Möglichkeiten für junge Familien zu schaffen, Wohnraum zu erwerben. Das ist nicht sozusagen in Gänze, sondern das ist ein Teilsegment. Das finde ich unterstützenswert, und das heißt, Nordrhein-Westfalen hat hier entsprechenden Möglichkeiten geschaffen. Das ist hier entwickelt worden, und das finden wir auch wichtig.
Beim Baukindergeld waren wir Grüne von Anfang an skeptisch und kritisch. Da sehen wir uns in der Entwicklung der Zahlen sehr bestätigt.
Ich würde gern zum Ende meiner Rede mit Erlaubnis der Präsidentin meinen Kollegen Chris Kühn, den wohnungspolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, zitieren, der vor einigen Wochen bei der Debatte im Bundestag zur Auszahlungsbilanz des Baukindergeldes durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau Folgendes erklärt hat – das ist jetzt sozusagen unsere und auch meine Stellungnahme zu dem Antrag, der uns von der AfD vorliegt –. Chris Kühn führte im Bundestag aus:
„Das Baukindergeld ist teuer für die Allgemeinheit und wirkungslos in der Wohnungskrise. Es ist das mit Abstand schlechteste bau- und wohnungspolitische Instrument der Großen Koalition. Das Baukindergeld reizt in Wahrheit so gut wie gar keinen Neubau, dafür jedoch jede Menge Mitnahmeeffekte an. Das kann man den bauwilligen Familien nicht vorwerfen, die sich verständlicherweise über den satten Zuschuss zu ihrem Vorhaben freuen. Das Problem ist nicht das Agieren der Antragsteller, sondern das Agieren der Bundesregierung. Die Milliarden für das untaugliche Instrument ‚Baukindergeld‘ fehlen dem sozialen Wohnungsbau in Deutschland bitter. Es ist ein absolutes Missverhältnis, dass unter dieser Bundesregierung mit 6,5 Milliarden Euro deutlich mehr Geld ins Baukindergeld als in den gesamten sozialen Wohnungsbau geflossen ist. Das Recht auf Wohnen ist vor allem bei der Union“
– und bei der SPD –
„einfach schlecht aufgehoben. Deswegen kann und darf auch das Baukindergeld keine Zukunft haben.“
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege, entschuldigen Sie.
Arndt Klocke (GRÜNE): Das ist die Stellungnahme meines Kollegen aus der grünen Bundestagsfraktion. Ich schließe mich dem inhaltlich voll und ganz an. Wir haben im September Bundestagswahlen. Dann werden die Karten in Berlin neu gemischt.
Ich hoffe, dass eine neue Bundesregierung, die möglicherweise von meiner Partei mit geführt und mit gestellt wird, dieses Instrument sozusagen auf den geschichtlichen Platz stellt, auf den es gehört, und andere sinnvolle und deutlich effizientere Fördermöglichkeiten auch für den Erwerb und den Bau von Wohnungen in verschiedenen Segmenten auf den Weg bringen wird.
Den Antrag der AfD-Fraktion werden wir natürlich ablehnen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Klocke, ich habe versucht, Sie nach dem Zitat zu unterbrechen.
(Arndt Klocke [GRÜNE]: Da war ich so im Redefluss!)
– Sie waren so im Fluss.
Es gab nämlich den Wunsch nach einer Zwischenfrage, die sich inzwischen – rechtzeitig angemeldet – in eine Kurzintervention des Abgeordneten Beckamp gewandelt hat.
(Arndt Klocke [GRÜNE]: Gut, dann würde ich auf meinen Platz zurückgehen und von da aus antworten!)
– Das steht Ihnen frei, wo auch immer Sie die entgegennehmen und darauf entgegnen wollen.
Jetzt hat der Abgeordnete Beckamp für 90 Sekunden Kurzintervention das Wort.
Roger Beckamp (AfD): Vielen Dank. – Ich gehe davon aus, Sie können gleichzeitig laufen und hören, Herr Klocke.
Herr Klocke, Sie haben gerade einen grünen Bundestagsabgeordneten zitiert, der sich dahingehend geäußert hat, dass beim Baukindergeld massive Mitnahmeeffekte zustande kämen. Ich gehe davon aus, dass Sie sich dessen Aussage hier durch das Zitat zu eigen gemacht haben.
Daher frage ich mich, wie es zu Mitnahmeeffekten kommen soll, wenn die Verkäufer, die Bauträger oder wer auch immer, doch gar nicht wissen, ob die Käufer – eben diese Familien – in den Genuss einer solchen Förderung von Baukindergeld kommen. Sie kennen ja nicht das Einkommen dieser Familie. Sie wissen teilweise auch nicht, ob die ein Kind haben. Wenn einfach nur Leute bei ihnen ein Haus oder eine Wohnung kaufen, dann wissen sie eben nicht, ob diese so gefördert werden und können es auch nicht einpreisen.
Ganz anders ist es etwa im Bereich der Denkmalförderung. Da gibt es extra Objekte, die nur auf Denkmalförderung ausgelegt sind. Da haben Sie nachher nur Zahnärzte und Rechtsanwälte stehen, die Steuern sparen wollen. Das ist ein ganz anderes Modell. Mitnahmeeffekte beim Baukindergeld halte ich für fragwürdig. – Danke.
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beckamp. – Herr Kollege Klocke, bitte sehr.
Arndt Klocke (GRÜNE): Danke, Frau Präsidentin. – Das schätze ich anders ein, deutlich anders ein. Diese Mitnahmeeffekte sind klar zu belegen. Das besagen auch die Statistiken. Das ist beispielsweise aus den Zahlen der Auszahlungsbilanz der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die dem entsprechenden Gremium, also dem Bauausschuss in Berlin, vorgelegt werden, klar ersichtlich. Deswegen halte ich an dieser Auffassung eindeutig fest.
Das ist ein zentrales Argument, dass es eben nicht die Menschen trifft, die man eigentlich damit unterstützen und fördern will, und dass auf der anderen Seite Milliarden von Euro investiert werden, die in anderen Kanälen, in anderen Förderinstrumenten deutlich besser aufgehoben wären: in den zahlreichen Fördermöglichkeiten, die die Länder und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften im Bereich der Förderung des sozialen Wohnungsbaus haben. Da würden wir diese über 6 Milliarden Euro deutlich sinnvoller aufgehoben sehen. Es geht um ein gewisses Preissegment und darum, Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen eine gute Mietwohnung oder eine gute Eigentumswohnung zu organisieren.
Ansonsten habe ich klar ausgeführt: Die nordrhein-westfälischen Förderbedingungen über die NRW.BANK finde ich begrüßenswert und richtig. Das Baukindergeld auf Bundesebene lehnen wir ab, und deshalb werden wir auch Ihren Antrag ganz klar ablehnen.