Arif Ünal: „Die Sicherung der wohnortnahen Versorgung ist eine der zentralen Herausforderungen der Gesundheitspolitik.“

HH 2012 Gesundheit, Pflege und Alter

Arif Ünal (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch vor dem Hintergrund einer sehr schwierigen Haushaltssituation wird die rot-grüne Koalition im Bereich „Gesundheit und Pflege“ einen Schwerpunkt legen, wie wir es bereits 2011 gemacht haben.
Dabei werden wir – erstens – die Maßnahmen zur Sicherung einer ortsnahen gesundheitlichen Versorgung weiterführen.
Zweitens werden wir Gesundheitsprävention, Aidshilfe und Drogenhilfe weiter verstärken und zusätzliche Angebote machen, mit denen wir bestimmte Zielgruppen besser als bisher erreichen können.
Drittens wollen wir die psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen verbessern und hierfür auch die Kooperation mit Jugend- und Familienhilfe sowie Schule stärken.
Viertens wollen wir den Ausbau der neuen Wohn- und Pflegeformen weiterentwickeln und das selbstständige Wohnen mit Versorgungssicherheit für Menschen mit Unterstützungsbedarf auch im Rahmen von Quartierskonzepten befördern.
Meine Damen und Herren, mit der Einführung der Altenpflegeumlage hat die rot-grüne Landesregierung einen wichtigen und – wie sich bereits jetzt zeigt – sehr erfolgreichen Impuls zur Sicherung der Ausbildungsaktivitäten in der Altenpflege gestartet.
(Beifall von den GRÜNEN und Michael Scheffler [SPD])
Erinnern wir uns: Am Ende der Regierungszeit von Schwarz-Gelb hatten wir in NRW 8.730 landesgeförderte Schulplätze in diesem Bereich. Im Sommer 2011 konnten wir die Zahl der landesgeförderten Schulplätze schon auf 9.300 steigern. Für August dieses Jahres lagen dann bereits Anträge für 11.088 Plätze vor, im Dezember werden es sogar fast 13.700 sein.
Die Dynamik dieser Entwicklung bei Bereitstellung und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in der Altenpflege wurde durch die Ausbildungs­umlage ausgelöst, die wir zuvor eingeführt hatten. Diese Entwicklung ist hoch erfreulich, zeigt sie doch, dass wir mit den richtigen Rahmenbedingungen neue, zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen können. Das ist ein toller Erfolg.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die rot-grüne Landesregierung wird allein in diesem Jahr über 7,2 Millionen € mehr für die Altenpflegeausbildung bereitstellen als die schwarz-gelbe Vorgängerregierung.
Meine Damen und Herren, die Sicherung der wohnortnahen Versorgung ist eine der zentralen Herausforderungen der Gesundheitspolitik. Herr Preuss hat uns in seiner Rede Konzeptlosigkeit vorgeworfen, obwohl NRW ein genaues Konzept zur hausärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich und auch zur fachärztlichen Versorgung in Großstädten vorgelegt hat. Wir haben allein 2,5 Millionen € zur Verfügung gestellt, um die Versorgung im ländlichen Bereich sicherstellen zu können.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein weiteres Ziel sind der Ausbau der Gemeindepsychiatrie, die Sicherstellung der wohnortnahen Gesundheitsstrukturen, die an den Bedürfnissen der psychisch erkrankten Menschen ausgerichtet sind, und die Vernetzung der Hilfen, die diesen Menschen ein vermehrt eigenständiges und sozial integriertes Leben ermöglichen.
Einen Schwerpunkt legen wir dabei auf die Verbesserung der psychosozialen Hilfen für Kinder und Jugendliche. Hiermit wollen wir erreichen, dass die seelische Gesundheit der jungen Menschen gestärkt und den psychischen Störungen frühzeitig entgegengewirkt wird. Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien besser als bisher gesundheitlich versorgt werden, unter anderen indem wir dazu beitragen, die Gesundheitsförderung für sie zu verbessern und die Zugänge zu erleichtern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir wollen den Ursachen der steigenden Zahl psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen begegnen. Mit der Landesinitiative „Erhalt und Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ ist hierzu schon ein erster Schritt getan worden.
Auch hier müssen die Familien mit Migrationshintergrund besser als bisher erreicht werden. Deshalb wollen wir auch Maßnahmen unterstützen, die die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte verbessert. Hierzu gehören unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung von interkulturellen Kompetenzen in Gesundheitsbereichen, zur Verringerung der Sprach- und Kulturbarrieren, zur Thematik der weiblichen Genitalverstümmelung und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen.
Meine Damen und Herren, wie schon im vergangenen Jahr sind auch in 2012 mehr als 4,5 Millionen € für die Aidsprävention in den Haushalt eingestellt. Mit den zusätzlichen Geldern, die wir in 2010 hierfür bereitgestellt haben, wollen wir Maßnahmen für zielgruppenspezifische Prävention, Beratung und Nachsorgemaßnahmen unterstützen und verbessern, weil die Prävention der einzig gangbare Weg bei der Bekämpfung von Aids ist.
Gleiches gilt auch für die Sucht‑ und Drogenhilfe, die Sie kritisiert haben. Wir halten es zudem für notwendig, Suchthilfeangebote zu fördern, die auf die unterschiedlichen Bedarfe von Frauen und Männern ausgerichtet sind und mit denen Menschen mit Migrationshintergrund besser erreicht werden.
Meine Damen und Herren, wir müssen Menschen, die auf Pflege und Unterstützung angewiesen sind, helfen, damit sie weiterhin selbstbestimmt in ihrem vertrauten Wohnumfeld leben können. Hierzu wollen wir die Angebote ausweiten. Deshalb werden wir Quartierkonzepte befördern, mit denen auch für die Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, eine Versorgungssicherheit in ihrem Wohnquartier geschaffen werden kann. Damit wollen wir dem weiteren Ausbau größerer stationärer Einrichtungen ein bisschen entgegenwirken und einen Paradigmenwechsel schaffen weg von den großen Einrichtungen hin zu überschaubaren Wohn‑ und Versorgungsformen dort, wo die Menschen leben und weiter leben wollen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dies trägt dem Wunsch vieler Menschen Rechnung, auch bei Pflegebedarf in ihrem gewohnten Wohnumfeld leben zu können. Um diese Ziele erreichen zu können, haben wir trotz großer Schwierigkeiten im Haushalt sehr viele Gelder bereitgestellt. Aber der Bereich „Gesundheit und Pflege“ braucht auch Ihre Unterstützung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)