Arif Ünal (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich nehme die Quintessenz vorweg:
Erstens. Die Praxisgebühr belastet insbesondere Menschen mit geringem Einkommen.
Zweitens. Die Praxisgebühr führt zu unnötigem bürokratischem Aufwand in den Arztpraxen.
Drittens. Die Praxisgebühr hat als Steuerungsinstrument versagt.
Viertens. Die Praxisgebühr gehört daher abgeschafft.
Keines der im Jahr 2004 gesteckten Ziele ist mit dieser Praxisgebühr erreicht worden. Die Zahl der Arztbesuche ist praktisch gleich hoch geblieben.
Meine Damen und Herren, allerdings benachteiligt die Praxisgebühr insbesondere Menschen mit wenig Geld. Knapp 12 % der Bevölkerung gehen nach Angaben des Virchow-Bundes nicht oder zu spät zum Arzt, weil für sie diese Praxisgebühr eine zu hohe finanzielle Belastung darstellt. Nicht zuletzt bleiben dadurch natürlich viele Krankheiten unerkannt, was schließlich zu weitaus höheren Folgekosten führen kann.
Hinzu kommt, dass für die Praxen und die Praxismitarbeiterinnen und ‑mitarbeiter die Praxisgebühr zu einer hohen bürokratischen Belastung geworden ist, die auch Zeit beansprucht, die schließlich bei der Versorgung der Patientinnen und Patienten völlig fehlt.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir haben deshalb wiederholt die Abschaffung der Praxisgebühr gefordert. Im Frühjahr haben die Grünen hierzu einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Hier und heute werden wir dem FDP-Antrag zustimmen, weil wir die Forderung grundsätzlich teilen.
Zunächst scheint etwas Bewegung auf dem bundespolitischen Parkett notwendig. Denn im Bundestag verhindern leider die FDP und die Union derzeit noch eine Abstimmung über die dort vorliegenden Anträge zur Abschaffung der Praxisgebühr. Aus diesem Grunde freue ich mich natürlich besonders, dass die FDP-Fraktion diesen Antrag hier gestellt hat.
Meine Damen und Herren, die Abschaffung der Praxisgebühr ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Die Rückführung anderer Selbstbeteiligungen ist aber auch zwingend mit einer Änderung in der Finanzierung der GKV verbunden. Dazu gehört als erster Schritt die Abschaffung der Zusatzbeiträge, die die Versicherten einseitig belasten. Dazu gehört in einem weiteren Schritt aber auch, dass wir die solidarische Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Richtung einer Bürgerversicherung weiterentwickeln. Nur dadurch ist es möglich, eine flächendeckende medizinische, psychotherapeutische und pflegerische Versorgung in der Bundesrepublik auf einem hohen Niveau sicherzustellen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)