Arif Ünal: „Die Dokumentation soll reduziert werden, indem nur noch Abweichungen von der Routine dokumentiert werden“

Antrag der CDU zur Vereinfachung der Pflegedokumentation

Arif Ünal (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In der Tat klagen viele in der Pflege seit Jahren über die ausufernden Dokumentationsverfahren. Seit vielen Jahren befassen sich auch Expertinnen und Experten mit diesem Thema, um eine Vereinfachung und einen Abbau des Aufwandes bei der Pflegedokumentation zu erreichen. Gerade Nordrhein-Westfalen hat diese Debatte nicht nur hier in NRW, sondern auch auf der Bundesebene befördert und die Modellprojekte angestoßen.
Wir wissen aber auch, dass sowohl die Pflegekassen als Kostenträger als auch Rechtsprechung, Wissenschaft und Einrichtungsträger immer wieder unterschiedliche Anforderungen an die Pflegedokumentation formuliert und erarbeitet haben.
Im vergangenen Jahr wurde nun der eben genannte Abschlussbericht der Bundesregierung vorgelegt. Dieser Bericht enthält einige zentrale Aussagen, die wir sehr stark unterstützen. Die zentralen Empfehlungen sehen in der Tat eine deutliche Vereinfachung und Begrenzung der Dokumentation vor, die wir tatsächlich sehr begrüßen.
In einem viermonatigen Praxistest haben viele Einrichtungen und Dienste in fünf Bundesländern eine schlankere Dokumentation erprobt. So soll sich die Informationssammlung nicht mehr über 14 oder 15 Themenfelder erstrecken, sondern an nur noch fünf übergeordneten Themenbereichen orientieren. Die Dokumentation der tatsächlichen Leistungen soll reduziert werden, indem nur noch Abweichungen von der Routine dokumentiert werden. Das ist zu begrüßen.
Für uns ist besonders wichtig, dass es neben diesen Vereinfachungen auch zu einem Paradigmenwechsel kommen soll, bei dem nun die individuellen Wünsche der Pflegebedürftigen in der Pflegeplanung einen zentralen Platz erhalten und die klassischen Pflegeziele ersetzen sollen. Damit wird die Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen im Vordergrund stehen. Dies ist in der Tat neu.
So geht es nicht nur um mehr Zeit für die Pflege, sondern vor allem auch um einen neuen Blick auf die Pflege. Bei diesem Blick stehen nicht mehr die Verrichtungen im Vordergrund. Vielmehr wird der pflegebedürftige Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen in den Mittelpunkt gerückt. Dies bedeutet, die Wünsche der pflegebedürftigen Menschen in deren eigenen Worten aufzunehmen und der täglichen Planung zugrunde zu legen. Das ist tatsächlich ein Paradigmenwechsel in der Pflege, den wir sehr stark begrüßen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Diese Stärkung der Selbstbestimmung ist sehr positiv, stellt aber auch eine große Herausforderung für die Pflege dar.
Wichtig ist auch, dass die Prüfinstanzen ihre Anforderungen an die Verschriftlichung der pflegerischen Reflexion tatsächlich senken und die Argumentation der Pflegefachkräfte in ihre Bewertungen einbeziehen. Die überarbeiteten Transparenzvereinbarungen sehen wir in diesem Bereich auch in NRW vor.
NRW selbst hat sich natürlich mit Nachdruck für diesen Richtungswechsel eingesetzt. Es gab auch fünf nordrhein-westfälische Testregionen, in denen das neue Modell in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zum Einsatz kam.
Seitens der Landesregierung wurden durch die Unterstützung der Modellversuche, die frühe Information der WTG-Behörden und die WTG-Konformität des neuen Dokumentationsverfahrens die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die neue Dokumentationsstruktur auch in NRW eingesetzt werden kann.
Deswegen freuen wir uns natürlich, wenn wir im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales ausführlich über diese Themen diskutieren werden und diesen Paradigmenwechsel auch in NRW umsetzen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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