Anja von Marenholtz: „Das ist Ihre Politik, die sich jeder Glaubwürdigkeit entzieht“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk

Portrait Anja von Mahrenholtz

Anja von Marenholtz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Das Pendel der AfD-Fraktion schwingt wie immer mit Vollausschlag von einer Seite zur anderen. Mal soll dieses Plenum genutzt werden, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu zerschlagen. Mal soll er in irgendeiner Form reformiert und stabilisiert werden. Mal sollen Namenslisten von Journalistinnen öffentlich gemacht werden. Mal sollen einzelne Journalistinnen besonderen Schutz erfahren. Das ist Ihre Politik, die sich jeder Glaubwürdigkeit entzieht. Dass das nichts Neues ist, wissen alle; das müssen Sie uns nicht Monat für Monat hier beweisen.

(Markus Wagner [AfD]: Doch, bis Sie es begriffen haben! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ein besonders intelligenter Zwischenspruch!)

Der Fall von Julia Ruhs ist weder ein besonderes Novum des ÖRR noch ist er der Skandal, der mit Ihrer Hilfe seit Wochen künstlich aufgebauscht wird.

(Zuruf)

Das Fernsehformat „KLAR“ wird weder abgesetzt noch wird Frau Ruhs vollständig daraus entfernt. Sie soll sich den Posten als Moderatorin mit der ehemaligen Bild-Chefredakteurin Tanit Koch teilen. Befürchtungen, dass die Sendung mit einer neuen Personalie jetzt übermäßig links werden könnte, dürften somit nicht bestehen. Wer schon mal die Bild-Zeitung gelesen hat, wird wissen, wovon ich hier spreche.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es wird wieder einmal ein Fall von vermeintlicher Cancel Culture herbeifantasiert, denn es ist hier faktisch keines vorhanden.

Der Bayerische Rundfunk setzt das Format mit Julia Ruhs im Sinne von Julia Ruhs weiter fort.

Das dürfte der Beweis sein, dass Ihr Antrag wieder mal vollkommen an der Realität vorbeischießt.

Man könnte die Rede an dieser Stelle beenden, den Antrag wie gewohnt ablehnen und im Nachhinein über diesen Kokolores den Kopf schütteln. Aber hier über Grundsätze der Meinungsvielfalt und die Stärkung der Unabhängigkeit einzelner Journalistinnen zu sprechen, ist eine absolute Frechheit Ihrerseits, wenn man sich vor Augen hält, womit wirklich pluralistisch aufgestellte Journalistinnen wie zum Beispiel Dunja Hayali konfrontiert sind.

(Lachen von der AfD)

Wenn eine Journalistin, die Programm nach AfD-Geschmack macht

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

– ich habe das Wort –, eine halbe Moderator*innenstelle abgeben muss, dann ist das Geschrei bei Ihnen groß. Aber wenn eine Journalistin einen rechtsextremen Aktivisten faktisch richtig als solchen benennt, dann wird sie mit der gesamten Kraft

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

– ich kann auch lauter reden – der rechten Medienmaschine durchs Dorf getrieben. Dann lassen sich in den Kommentaren auf AfD-Seiten Dinge lesen wie – und ich zitiere wirklich äußerst ungern –: Ich wünsche ihr und all ihren Angehörigen einen quälenden und schmerzhaften Tod. – Oder: Die Alte müsste auch erschossen werden. – Den Rest des Zitates kann ich aufgrund der Wortwahl hier in diesem Haus nicht weiter ausführen. Selbstverständlich alles vollkommen unmoderiert!

Aber das ist die Kultur, die Sie täglich fördern. Und das ist das wahre Problem – nicht die ausgedachte linke Rundfunk-Mafia, die verbietet, im Fernsehen etwas gegen Migration zu sagen.

Ich beende meine Rede mit einem Zitat von Dunja Hayali selbst

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

– ich wiederhole: ich habe immer noch das Wort –, das nicht treffender sein könnte:

„In einem Land, in dem die Meinungsfreiheit so ein hohes Gut ist, darf und muss jeder seine Sorgen und Ängste äußern [können], ohne gleich in die rechte Nazi-Ecke gestellt zu werden. Aber wenn Sie sich rassistisch äußern, dann sind Sie verdammt noch mal ein Rassist.“

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Wir lehnen den Antrag selbstverständlich ab.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

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