Andrea Asch: „Wir werden die Qualität in den Einrichtungen erneut verbessern.“

Gesetzentwurf zum Kinderbildungsgesetz

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Andrea Asch (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Besucherinnen! Ich muss schon sagen: Es fällt mir einigermaßen schwer, diesen Redebeitrag aus der CDU-Fraktion ernst zu nehmen und ihm auf einer ernsthaften Ebene zu begegnen. Die CDU-Fraktion bietet uns hier ein Ausmaß an Heuchelei, das nicht mehr seriös zu nennen ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie stellen sich außerhalb einer Diskussion, die Rot-Grün daran orientiert, die Bedingungen für Eltern, Kinder und Erzieherinnen in diesem Land stärken zu wollen. Sie von der CDU-Fraktion haben mit dieser Rede ein weiteres Mal gezeigt, dass Sie kein Interesse an diesem Themenbereich haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Nicht nur, dass Sie während Ihrer Regierungsverantwortung die Kitas ausgeblutet und den gesamten Bereich der Kinder- und Jugendpolitik an die Wand gefahren haben, nein, jetzt sagen Sie: An weiteren Reformen und Reformprozessen beteiligen wir uns nicht! – Das ist verfehlte Politik, die sich gegen Kinder, Jugendliche und Familien richtet. Das ist die Politik der CDU-Fraktion.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir, Rot-Grün, setzen mit dem Gesetzentwurf den Prozess fort, den wir bereits mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz begonnen haben. Wir haben nämlich, als wir 2010 die Regierung übernommen haben, den Schalter umgelegt. Wir haben die fünf Jahre der ständigen Kürzungen und Deformationen im Kinder- und Jugendbereich zurückgenommen. Wir haben gegengesteuert. Wir sind auf dem Weg, die Eltern, die Kommunen und die Kinder zu stärken.
(Andrea Milz [CDU]: Ja, ja, ja!)
Das haben wir bereits im dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz mit besseren Personalstandards – vor allen Dingen im U3-Bereich – getan, mit einer Stärkung der Elternmitbestimmung. Auch dort ist uns die CDU-Fraktion nicht gefolgt.
In den letzten eineinhalb Jahren stand der erfolgreiche Ausbau der U3-Betreuung im Mittelpunkt unserer Anstrengungen. Die Ministerin hat es eben gesagt: Hier haben wir es mit einem deutlichen Ausbau erreicht, dass der Rechtsanspruch in Nordrhein-Westfalen übererfüllt werden konnte. Das ist ein Quantensprung. Das ist eine Riesenleistung.
Wir werden die Qualität in den Einrichtungen erneut verbessern. Ich möchte einige Punkte herausgreifen, an denen deutlich wird, dass wir die Situation der Kinder, der Familien, der Einrichtungen und der Erzieherinnen in Nordrhein-Westfalen substanziell verbessern:
Erstens. Wir stellen 55 Millionen € für eine sogenannte Verfügungspauschale zur Verfügung, mit der zusätzliches Personal finanziert werden kann. Damit können in den Einrichtungen zusätzlich 6.000 Plätze geschaffen werden.
Zweitens. Wir schaffen einen neuen Einrichtungstyp, die plusKITA und begegnen damit der bedrückenden Kinderarmut, die in Deutschland überall noch auf einem Niveau ist, das wir so gemeinsam nicht hinnehmen können. Wir werden mit diesem neuen Einrichtungstyp vor allen Dingen Kinder aus benachteiligten Familien fördern und dafür sorgen, dass diese Kinder bessere Startchancen in ihr Leben, für ihre Bildungsbiografie bekommen.
Das ist wichtig, damit sie aus der vererbten Armut und der Armutsspirale der benachteiligten Familien ausbrechen können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Drittens. Mit einer Vielzahl von Maßnahmen im Gesetzentwurf wird eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht. Wir haben eine Regelung geschaffen, dass die Betreuungskosten für Kinder, die außerhalb ihrer Gemeindegrenzen zum Beispiel in einer Betriebs-Kita oder einer Einrichtung mit einem besonderen Profil betreut werden sollen, entsprechend übernommen werden.
Viertens. Ganz wichtig: Wir haben die Sprachförderung in Angriff genommen und werden sie neu aufstellen. In der letzten Woche hatten wir hier im Raum eine Anhörung, die sehr deutlich gezeigt hat, dass Delfin 4 nicht den Anforderungen entspricht, die an eine objektive und valide Sprachstandserhebung gestellt werden müssen. Mit diesem Test werden nämlich nicht die Sprachkompetenzen der Kinder erhoben, sondern es wird viel mehr die Sprechresistenz der Kinder getestet. Das wollen wir ändern.
Wir werden ein Beobachtungsverfahren entwickeln, das von den Erzieherinnen selbst durchgeführt wird, und den Einrichtungen die Möglichkeit geben, die Kinder kontinuierlich zu beobachten und den Sprachstand festzustellen. Die Kinder werden dann in ihrer Sprachentwicklung adäquat gefördert.
Meine Damen und Herren, alle diese Maßnahmen – auch das muss gesagt werden – finanzieren wir als Land alleine. Wie schon beim Ersten KiBiz-Änderungsgesetz sind die Kommunen nicht bereit, diese Verbesserungen mitzutragen. Wir bedauern das sehr, weil wir mit dem Zweiten KiBiz-Änderungsgesetz und dem Belastungsausgleich als Land mittlerweile 53% der Kita-Finanzierung schultern. Das ist eine Unwucht. Sie entspricht nicht der gesetzlichen Verantwortungszuweisung, nach der nämlich die Verantwortung für die frühkindliche Betreuung den Kommunen übertragen wurde. Wir müssen mit den Kommunen diskutieren, dass wir zukünftig wieder in eine paritätische Finanzierungsform für unsere Kindertageseinrichtungen zurückkehren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ein Weiteres: Wir erwarten vom Bund, dass er sich an dieser wichtigen Aufgabe der Kindertagesbetreuung beteiligt. Wir erwarten, dass das, was in der Koalitionsvereinbarung des Bundes versprochen wurde – dass den Ländern und den Kommunen tatsächlich 6 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden –, geschieht und dass es nicht – wie es sich jetzt bei Eingliederungshilfe abzeichnet – bei hohlen Versprechungen bleibt. Auch der Bund ist gefordert, seinen Finanzierungsanteil für die frühkindliche Bildung zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und bin sehr gespannt darauf, ob es aus der CDU-Fraktion über deren Mäkeleien und unrichtigen Sachdarstellungen hinaus Gestaltungsvorschläge bzw. substanzielle Vorschläge zu diesem Gesetzentwurf geben wird. – Ich danke Ihnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


2. Runde:

Andrea Asch (GRÜNE): Meine Damen und Herren! Die Argumentation des CDU-Abgeordneten Tenhumberg grenzt an Schizophrenie; anders kann man das nicht bezeichnen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU: Unglaublich! – Weitere Zurufe)
– Bitte lassen Sie mich sprechen. – Einerseits haben Sie uns dargelegt, dass Sie keinen Verbesserungsbedarf an Ihrem Kinderbildungsgesetz sehen. Zum anderen werfen Sie uns die notwendigen Reformschritte vor, die wir gehen. Herr Tenhumberg, wo ist denn Ihr Haushaltsansatz, mit dem Sie mehr Ressourcen in die Kitas bringen wollen?
(Marcel Hafke [FDP]: 150 Millionen €! Beitragsfreiheit!)
Im Gegenteil: Sie haben bei den Haushaltsberatungen im Jahr 2011 die Mittel, die wir eingestellt haben, per Antrag zurücknehmen wollen. Das ist die Realität der CDU-Fraktion.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU: Ablenkungsmanöver!)
Zweitens haben Sie für alle freiwilligen Leistungen eine 20-%-Sperre erheben wollen. Das sind 119 Millionen € jährlich, die Sie der Kinder- und Jugendarbeit entziehen. Auch das ist CDU-Politik.
(Vereinzelt Beifall von der SPD)
Das ist in höchstem Maße heuchlerisch und schizophren.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Tenhumberg zulassen?
Andrea Asch (GRÜNE): Ja, gerne.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön.
Bernhard Tenhumberg (CDU): Frau Kollegin, vielen Dank, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Ich darf darauf hinweisen, dass wir in den vergangenen Monaten einen Antrag im Parlament diskutiert haben, den Sie kennen und in dem wir die Verbesserungsvorschläge quantitativ und qualitativ vorgebracht haben.
Ich würde Sie aber gerne etwas fragen und auf ein Zitat hinweisen. Bitte nennen Sie mir, wo Sie den Verbesserungsansatz sehen. Ich zitiere Ihre eigene Aussage:
„Wir hören von den Erzieherinnen und müssen feststellen, dass die gesundheitlichen Belastungen enorm sind. Die Nerven und Ohren leiden unter Lärm, der oft den eines startenden Flugzeugs übersteigt. Die Rücken leiden unter dem ständigen Heben und Tragen von Kindern, dem häufigen Bücken und dem zusammengefalteten Sitzen auf kleinen Kinderstühlchen.“
Ich frage Sie: Was haben Sie dieser dramatischen Situation in dieser Gesetzesvorlage entgegenzusetzen?
(Beifall von der CDU und der FDP)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön, Frau Kollegin.
Andrea Asch (GRÜNE): Der Unterschied zwischen CDU-Politik und rot-grüner Politik ist,
(Zuruf von der CDU: Oh!)
dass wir das umsetzen, was wir hier fordern und was für Kindertagesstätten wichtig ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Lachen von der CDU und den PIRATEN)
– Sie können das in den Haushalten nachlesen.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Nur Beleidigungen haben Sie vorgetragen! Unglaublich! – Weitere Zurufe)
– Wenn Sie mich ausreden lassen, könnte ich auch auf die Frage des Kollegen antworten.
Wir von Rot-Grün haben 390 Millionen € seit der Regierungsübernahme 2010 für die Kitas bereitgestellt – das ist unsere Realität –, während die CDU-Fraktion den Kitas die Ressourcen kürzen will.
(Zurufe von der CDU)
Weitere 100 Millionen € sind jetzt für diesen Revisionsschritt vorgesehen. Das ist eine deutliche Sprache.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Sie haben die Frage von Herrn Tenhumberg noch nicht beantwortet!)
Von der CDU-Fraktion sind weder konstruktive Vorschläge gemacht worden, noch ist Geld in diesen Bereich geflossen. Das ist die Realität in diesem Hause.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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