Andrea Asch: „Wir haben es geschafft, auf 145.000 Plätze aufzustocken. Das wollen Sie nicht wahrhaben.“

Antrag der FDP zur Kindertagesbetreuung

Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss sich ja schon fragen, in welchem Universum sich CDU und FDP eigentlich bewegen. Sagen Sie, haben Sie eigentlich gestern Abend Tagesschau gesehen? Haben Sie heute Morgen die Presse gelesen? – Ihre eigene Bundesfamilienministerin hat uns für den Riesenschritt gelobt, den wir gemacht haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das ist die Realität. Und wenn wir hier über Wahrheit sprechen, Frau Doppmeier: Das ist die Wahrheit, und das können Sie aus den Statistiken erlesen. Da müssen Sie nicht hier, wie das Frau Beer so schön formuliert hat, „Oppositionsamnesie“ betreiben. Lesen Sie die Zahlen, und dann sehen Sie, dass wir den Schritt gemacht haben.
Wir haben 2010 90.000 Plätzen als miserable Bilanz aus Ihrer Regierungszeit übernehmen müssen.
(Lachen von der CDU und der FDP)
Und wir haben es geschafft, auf 145.000 Plätze aufzustocken. Das wollen Sie nicht wahrnehmen, aber das fällt auf Sie zurück.
Und was auch auf Sie zurückfällt: sich angesichts der Riesenleistung, die hier in Nordrhein-Westfalen vollbracht wurde, angesichts der Riesenanstrengung, die nicht nur wir als Landesregierung unternommen haben, sondern die alle anderen Beteiligten – vorweg die Kommunen, die Träger, die Erzieherinnen – mit all ihrer Kraft unternommen haben, hierhin zu stellen und ignorant diese Leistung einfach nicht wahrnehmen zu wollen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das ist engstirnig. Das ist ein Armutszeugnis! Das ist eine Missachtung aller, die in den letzten drei Jahren intensivst an diesem Thema gearbeitet haben. Letztendlich ist es auch eine Missachtung der Kommunen, die ja zum Teil auch von Ihnen, von der CDU, geführt sind.
Noch einmal: Sie haben offenbar, wenn ich Ihre Reden hier höre, lieber Herr Hafke, Frau Doppmeier, immer noch nicht verstanden, dass nicht wir als Land diese Plätze bauen. Wir geben das Geld, und wir geben sehr viel mehr Geld – das wissen Sie – als Sie als CDU/FDP-Fraktion damals, nämlich über 400 Millionen €. Aber den Kommunen obliegt – ich sage es einmal ganz technisch – nach SGB VIII die Verantwortung für die Kinder- und Jugendhilfe. Dort wird die Arbeit gemacht. Wenn Sie das hier infrage stellen, was dort geleistet wird, dann wirft das ein Licht darauf, wie Sie die kommunalen Leistungen missachten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Für mich wirklich kaum mehr erträglich ist, wenn Sie anfangen, mit Krokodilstränen die Qualität zu bemühen, die Qualität, die Sie mit Ihrem Kinderbildungsgesetz schamlos nach unten gefahren haben, indem Sie die Standards nach unten gefahren haben. Das wissen Sie. Erinnern Sie sich an die großen Proteste,
(Beifall von den GRÜNEN)
die Demonstrationen, die hier vor dem Landtag stattgefunden haben. Und uns dann aufzufordern, ist bigott und wirklich schwer zu ertragen und auszuhalten.
Dann gebe ich Ihnen noch ein Beispiel, wie schwarz-gelbe Politik funktioniert. In Hessen, wo Sie am Ruder sind, hat im April, während wir hier beim Krippengipfel zusammensaßen, die schwarz-gelbe Landesregierung ein neues Gesetz in den Landtag eingebracht. Und es ist genau dasselbe passiert wie zu Zeiten Ihrer Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen: massenhafte Demonstrationen vor den Toren des Landtags in Wiesbaden, weil die Krippengruppen mit 16 Kindern – man höre und staune – vollgestopft werden sollten, mit 16 kleinen unter Dreijährigen, weil dort 20 % des Kita-Personals ohne pädagogische Ausbildung arbeiten soll. Das waren die Konzepte einer schwarz-gelben Landesregierung, das ist schwarz-gelbe Politik. Wir machen das anders hier in Nordrhein-Westfalen mit Rot-Grün.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Noch ein Wort zum Gesamtkomplex: Wir wissen, dass die im Moment vorhandenen Plätze nicht ausreichen. Der Bedarf wird erst dann gedeckt sein, wenn alle Eltern, die einen Rechtsanspruch auf einen Platz haben, diesen auch erhalten haben.
(Marcel Hafke [FDP]: Aha!)
Dies ist vor allem in den Großstädten ein Problem. Wir als Land finanzieren und unterstützen die Kommunen mit jedem Platz. Diese Zusage steht.
Wir müssen diesen Komplex aber auch einmal gesamtgesellschaftlich angehen. Ich bin sehr froh, dass die „FAZ“ als konservatives Organ und auch die „Süddeutsche“ dies heute Morgen getan haben. Dort heißt es nämlich: Es kann nicht sein, dass nur die Länder oder die Kommunen oder zum Teil auch der Bund diese große Aufgabe der Vereinbarkeit von Familie und Beruf schultern, sondern es ist wichtig, dass auch die Wirtschaft und die Unternehmen ihren Teil dazu beitragen.
Es kann nicht sein, dass immer nur die Anforderungen aus der Wirtschaft an uns gerichtet werden, sondern es geht auch darum, dass die Unternehmen familienfreundliche Arbeitsplätze schaffen, dass sie Betriebskindergärten einrichten und dass sie ihren finanziellen Teil dazu beitragen, den Frauen, die in den Arbeitsprozessen dringend benötigt werden, die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit zu geben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Hierzu hätte ich mir ein Wort in Ihrem Antrag oder in Ihrer Rede gewünscht. Stattdessen kam nur Oppositionsrhetorik, kein weiterführender, konstruktiver Gedanke. So werden Sie noch lange in der Opposition bleiben; das verspreche ich Ihnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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