Andrea Asch: „Kinder sind keine Objekte, die wir erziehen, sondern sie sind Träger von Rechten.“

Antrag von SPD und GRÜNEN zur Stärkung der Rechte von Kindern

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Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. So steht es in Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Es war von historischer Bedeutung, als 1992 – spät genug – mit der UN-Kinderrechtskonvention deutlich gemacht wurde, dass auch Kinder Träger von Rechten sind. Es war längst überfällig, die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte für Kinder damit zu konkretisieren. Denn das Kind muss nicht erst Mensch werden, es ist schon einer. Das hat der große Kinderfreund Janusz Korczak gesagt, der gemeinsam mit vielen Kindern, mit seinen Schutzbefohlenen von den Nazis ermordet wurde.
Heute noch sind Kinder die ersten Opfer von Krieg, von Umwelt- und Hungerkatastrophen. In vielen Ländern, in viel zu vielen, ist es heute noch keine Selbstverständlichkeit, dass Mädchen zur Schule gehen. Heute werden immer noch Kinder als Arbeiter und Arbeiterinnen eingesetzt.
Deshalb ist es wichtig, festzustellen: Kinder haben überall ein Recht auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Diese Kinderrechtskonvention, dieser Meilenstein, wird erst dann wirksam, wenn die Rechte von Kindern konkretisiert sind, wenn die Konvention mit Leben gefüllt ist und wenn sie in nationales Recht gegossen wird.
Deshalb – das möchte ich hier auch betonen – ist es längst überfällig, dass die Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz aufgenommen werden. Es gibt überhaupt keine Rechtfertigung, dass CDU/CSU das noch immer im Deutschen Bundestag verhindern.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir machen mit diesem sehr umfassenden Antrag deutlich, dass für uns die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention eine ganz hohe Bedeutung hat und dass es unser politischer Wille ist, sie in allen gesellschaftlichen Bereichen umzusetzen.
Grundrechte müssen durch Implementierung, Monitoring und Evaluation nachgehalten und sichergestellt werden. Das muss passieren – auch das beschreiben wir in unserem Antrag – in sehr enger Abstimmung mit zivilgesellschaftlichen Kontrolleuren, die uns begleiten und darauf achten, dass das, was wir beschließen, auch umgesetzt wird.
Die drei Säulen der Konvention sind Förderung, Beteiligung und Schutz. Sie bilden den Rahmen, innerhalb dessen wir denken und handeln. Das bedeutet vor allen Dingen – das ist ganz wichtig –, eine andere Haltung einzunehmen. Kinder sind keine Objekte, die wir erziehen, sondern sie sind Träger von Rechten. Diese Haltung muss in allen gesellschaftlichen Bereichen, nicht nur in der Kinder- und Jugendhilfe, sondern in allen Politikbereichen immer wieder deutlich werden.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Auch in Deutschland – das hat Frau Kollegin Hack angesprochen – werden die sozialen und wirtschaftlichen Rechte nicht ausreichend umgesetzt. Kinderarmut ist in Deutschland viel zu hoch. In keinem anderen OECD-Land ist der Bildungserfolg von Kindern so eng verknüpft mit dem Portmonee der Eltern. In keinem anderen OECD-Land haben es Kinder so schwer, aus der Armutsspirale auszubrechen.
(Zuruf von der CDU)
Genau deshalb – und das machen wir in Nordrhein-Westfalen, lieber Kollege – müssen Kinder von Beginn an gefördert werden. Wir fangen bei der Elementarbildung, beim Fundament für Bildung an. Es ist klar: Benachteiligte Kinder brauchen mehr Förderung. Das machen wir in unseren „plusKITAs“, die wir – Rot-Grün – mit dem zweiten KiBiz-Änderungsgesetz auf den Weg gebracht haben. Das ist hierfür ein wichtiges Instrument. Ebenfalls haben wir die Beteiligung der Kinder im KiBiz fest verankert. Mit dem Programm „Kein Kind zurücklassen“ wirken wir präventiv den Folgen von Armut entgegen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch klar: Das können wir hier in Nordrhein-Westfalen nicht allein. Dafür brauchen wir endlich ein nationales Präventionskonzept. In Deutschland sind wir immer noch zu sehr darauf ausgerichtet, Feuerwehr zu spielen, statt von Anfang an allen Kindern gleiche Start- und Entwicklungschancen zu ermöglichen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir wollen in diesen Zeiten natürlich besonders die Kinder mit Fluchterfahrung und die Kinder mit Migrationshintergrund in den Blick nehmen. Wir müssen und wollen ihnen die gleichen Chancen geben, damit Integration gelingen kann. Deshalb fördern wir in Nordrhein-Westfalen die Brückenprojekte, um so schnell wie möglich diesen Kindern den Einstieg in unser Bildungssystem zu ermöglichen.
Wir wollen, dass es Teil des Kinder- und Jugendberichtes wird, dass die Rechtssituation der Kinder und die Umsetzung der Kinderrechte dort aufgenommen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, wir haben einen sehr umfassenden Antrag vorgelegt. Ich würde mir wünschen, dass dieser Antrag die Grundlage für eine gemeinsame und konstruktive Debatte zwischen den Fraktionen wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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