Andrea Asch: „Es müssen sich die Unternehmenskulturen ändern, um tatsächlich eine gelingende Vereinbarkeit im Zeitmanagement für junge Familien zu ermöglichen.“

Antrag von CDU und FDP zu betrieblichen Kindertagesstätten

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Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal muss ich feststellen, dass Herr Tenhumberg sich hier in keiner Weise eindeutig positioniert hat. Er ist der Antwort auf meine sehr klar gestellte Frage auch eben ausgewichen.
Das kann ich nur so interpretieren, dass die CDU-Fraktion, die konservative Fraktion hier im Haus, offenbar keinen Unterschied zwischen privatgewerblichen Einrichtungen, die eine Gewinnerzielungsabsicht haben, und freigemeinnützigen, wie sie hier mehrheitlich in Nordrhein-Westfalen von den Wohlfahrtsverbänden organisiert werden, macht. Das finde ich aber sehr bedeutsam, und ich glaube, das wird in der familienpolitischen Debatte in diesem Land auch zukünftig noch eine Rolle spielen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von der SPD)
Ja, meine Damen und Herren, die Wirtschaft und die Unternehmen profitieren in der Tat massiv von einer gut ausgebauten Kinderbetreuung – insoweit können wir dem Antrag der Opposition folgen –; denn angesichts Fachkräftemangels und geänderter Lebensentwürfe von jungen Menschen müssen die Arbeitgeber sich natürlich anstrengen, um jungen Eltern und vor allen Dingen jungen Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.
Aber der wichtigste Anteil, den Unternehmen dazu beitragen können, ist der, flexible Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen und zu ermöglichen, dass, wenn junge Eltern in Teilzeit oder Erziehungszeit gehen, dies nicht zum Karrierekiller wird. Es ist noch viel zu oft der Fall, dass das Fortkommen in der Karriere dann zu Ende ist, wenn ein junger Vater oder eine junge Mutter sich entscheidet, einige Zeit, einige Monate oder Jahre, tatsächlich zu Hause bei den Kindern zu bleiben. In dieser Hinsicht muss grundständig ein Mentalitätswechsel stattfinden, und es müssen Personalentwicklungskonzepte in den Unternehmen ansetzen und sich Unternehmenskulturen ändern, um tatsächlich eine gelingende Vereinbarkeit im Zeitmanagement für junge Familien zu ermöglichen.
Natürlich spielen bei der Vereinbarkeit auch die Betriebskitas eine Rolle. Aber – und das muss man auch sagen – Sie liegen als CDU und FDP falsch, wenn Sie in Ihrem Antrag beschreiben, dass ein ganz großer Teil der jungen Eltern sich solche Betriebskitas und diese Betreuungsangebote am Arbeitsplatz wünscht.
Als Arbeitgeber Landtag haben wir in dieser Hinsicht Erfahrung. Frau van Dinther von der CDU-Fraktion hat damit begonnen, als sie noch Landtagspräsidentin war. Sie hat damals eine große Umfrage unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemacht. Das wurde dann unter der Landtagspräsidentin Frau Gödecke fortgesetzt. Auch hier wurden die Mitarbeiterinnen gefragt, ob wir eine Betriebskita im Landtag bräuchten.

Es hat sich herausgestellt, dass die Mehrzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollte, dass ihr Kind vor Ort betreut wird, also im häuslichen Umfeld; denn dann hätte das Kind die Möglichkeit, Freunde zu finden und in der Nachbarschaft zu spielen, und ihm würde der Übergang in die örtliche Schule erleichtert.
Gleichwohl fördern wir in Nordrhein-Westfalen Betriebskitas. Wir unterstützen natürlich auch die Unternehmen, die sich für ein solches Modell entscheiden. Wir haben 155 Kitas, die Betrieben angegliedert. 6.400 Kinder werden dort betreut. Aber – das ist der wesentliche Unterschied zu dem, was FDP und CDU hier fordern – in diesen Betriebskitas gibt es eine Kooperation zwischen den freien Trägern und dem Unternehmen. Es sind freigemeinnützig organisierte Einrichtungen, die keinerlei Gewinnerzielungsabsicht haben. Das ist wichtig. Das ist das Modell, das wir in Nordrhein-Westfalen fördern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben auch gute Beispiele. In meiner Heimatstadt bietet Ford als größter Arbeitgeber eine große Betriebskita in Kooperation mit einem freigemeinnützigen Träger an. In Düsseldorf kooperieren die Vodafone mit der AWO und die Metro mit dem Deutschen Roten Kreuz. Es gibt noch viele andere gute Beispiele.
Die CDU und die FDP haben den Unterschied nicht verstanden. Natürlich fördern wir Betriebskindergärten. Aber wir fördern – das ist wichtig – mit öffentlichen Mitteln, mit Steuergeld keine gewerblichen Einrichtungen, die auf einen Gewinn abzielen
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
und deren Gewinnerwartung im Zweifel über der Qualität und über dem Kindeswohl liegt. Das ist der Unterschied. Deswegen haben wir eine ganz klare Haltung.
Im Übrigen ist dies eine Haltung, die CDU und FDP bei der Verabschiedung ihres Kinderbildungsgesetzes auch so vertreten haben. Darin ist nämlich genau dieser Paragraf enthalten, den Sie nun ihrem Antrag monieren. Dieser ist 2008 mit schwarz-gelber Tinte geschrieben worden, und Sie haben die Hände dafür gehoben. Das war eine gute Entscheidung. Wir sehen keinen Anlass, diese Entscheidung zu revidieren.

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