Andrea Asch: „Entgegen Ihrer liberalen Grundhaltung wollen Sie hier die kommunale Selbstverwaltung aushebeln“

Antrag der FDP zur Kindertagespflege

Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich damit beginnen, zu sagen, dass wir in Bezug auf den Stellenwert der Kindertagespflege einen Konsens zwischen den Fraktionen hier haben. Ich muss aber sagen, dass der sehr aufgeregte Wortbeitrag von Herrn Tenhumberg es mir etwas schwer macht, diesen Konsens hier noch einmal festzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist richtig: Der Stellenwert der Kindertagespflege ist – gottlob – in den letzten Jahren gestiegen. Viele Eltern entscheiden sich für diese Betreuungsform, weil sie die hohe Bindung zwischen Kindern und Tagesmutter oder Tagesvater sowie die familienähnliche und flexible Betreuungsform schätzen.
Diese Aufwertung der Kindertagespflege ist möglich geworden und hat ihre Grundlage im sogenannten Tagesbetreuungsausbaugesetz, dem TAG. Das wurde von der rot-grünen Bundesregierung 2004 so verabschiedet. Am Rande sei erwähnt, dass sowohl die CDU- als auch die FDP-Fraktion diesem Gesetz nicht zugestimmt haben.
Es sei auch am Rande erwähnt, dass die Finanzierungsstruktur für die Kindertagespflege in Nordrhein-Westfalen, die die FDP in ihrem Antrag so wortgewaltig beklagt – sie wurde eben auch von der CDU-Fraktion noch einmal beklagt –, von dem damaligen Familienminister Laschet festgelegt und im Rahmen des KiBiz verabschiedet wurde. Das bitte ich doch einmal zur Kenntnis zu nehmen.
Seitdem wir – Rot-Grün – die Regierung übernommen haben, haben wir intensiv in konkreten Schritten an der Weiterqualifizierung im Bereich der Kindertagespflege gearbeitet, und wir haben insgesamt die Rahmenbedingungen dafür verbessert. Ich möchte das gerade deshalb noch einmal aufzählen, Herr Hafke, weil sich mein Zitat aus der letzten Plenardebatte, das Sie gerade angeführt haben – da habe ich gesagt, dass wir nicht nur Lippenbekenntnisse abgeben, sondern konkret handeln –, auf diese konkreten gesetzlichen Veränderungen bezieht. Das war der Punkt.
Also, was haben wir gemacht? Wir haben erstens – das ist ganz wichtig – den Kommunen 1,4 Milliarden € zur Verfügung gestellt, damit sie die Kinderbetreuung insgesamt besser finanzieren können. Pro Kindertagespflegeplatz haben wir 3.400 € zur Verfügung gestellt. Das steht in diesem Gesetz. Das sind konkrete Taten. Auch hier haben CDU und FDP nicht mitgestimmt.
Zweiter Punkt. Wir haben beim Ersten KiBiz-Änderungsgesetz die Qualifizierung der Tagespflege verbessert, haben auf 160 Stunden aufgesattelt. Wir haben erstmals dafür gesorgt, dass die Kinder mit Behinderung in der Kindertagespflege überhaupt finanziell berücksichtigt werden und haben auch hier die Sätze erhöht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Des Weiteren haben wir klargestellt, dass die Kindertagespflege einen Bildungsauftrag hat und dass sie entsprechend auf der Grundlage einer pädagogischen Konzeption arbeiten soll.
Es ist richtig: Was bleibt, ist die in der Tat sehr unterschiedliche Ausgestaltung der Bedingungen vor Ort, die von den örtlichen Jugendämtern zu verantworten ist. Aber auch hier ist Schwarz-Weiß-Malerei unangebracht, Herr Hafke. In Köln, Bonn und vielen anderen Städten werden schon 5,50 € pro Kind bezahlt. Dass das im ländlichen Raum oftmals nicht der Fall ist, gilt es zu beklagen. Aber die Antwort kann doch nicht sein, mit staatlichem Zentralismus zu reagieren. Herr Hafke, Sie haben zum wiederholten Male nicht verstanden, dass das im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung liegt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])
Entgegen Ihrer sonst liberalen Grundhaltung wollen Sie hier permanent die kommunale Selbstverwaltung aushebeln und geben uns mit Ihrem Antrag den Auftrag, kleinteilig staatlich etwas zu regeln, was nach dem Bundesgesetz Aufgabe der Kommunen ist. Das ist zum wiederholten Male hanebüchen, Herr Hafke.
(Beifall von den GRÜNEN)
Jetzt noch ein Wort zum Zuzahlungsverbot! Erstens ist im SGB VIII vorgegeben, dass das nicht geleistet werden darf. Zweitens. Sie wollen doch nicht im Ernst, dass Tagespflegepersonen davon abhängig sind, ob es gutbetuchte Eltern gibt, die ihre Kinder dann zu ihnen schicken. Das ist doch absurd.
(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])
Darüber hinaus ist es ein Gebot der Gerechtigkeit. Wir wollen nicht, dass die Tagespflegeplätze nur den Eltern zur Verfügung stehen, die sich diese Zuzahlung leisten können. Wir wollen, dass sie allen Eltern zur Verfügung stehen, auch denen, die finanziell nicht so gut dastehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Marcel Hafke [FDP]: Die können davon doch nicht leben, Frau Asch!)
Für uns als grüne Fraktion gilt nicht der staatliche Zentralismus. Vielmehr stehen wir hinter dem, was wir im Antrag vom Februar plenar eingebracht haben: eine Vereinbarung nach dem Vorbild der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ihre Redezeit, Frau Kollegin.
Andrea Asch (GRÜNE): Dort wurde nämlich eine Vereinbarung zwischen Land, kommunalen Spitzenverbänden und Wohlfahrtsverbänden getroffen, sich auf diese 5,50 € zu verständigen. Das ist der richtige Weg, aber kein staatlicher Dirigismus.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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