Andrea Asch: „Die Bundesregierung hat die Epidemie unterschätzt“

Antrag der CDU zur Unterstützung im Kampf gegen Ebola

Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig: Die Ausbreitung des Ebola-Virus ist eine der schwersten Gesundheitskrisen seit langer Zeit, aber gottlob – Kollegin Hendricks hat es eben gesagt – werden die Schreckensnachrichten nach einem Jahr weniger. Die internationale Gemeinschaft und die Länder Westafrikas erlangen zunehmend Kontrolle über die Epidemie. Die Straßensperren werden aufgehoben, die Kinder gehen wieder in die Schule, und die Zahl der Neuinfizierten hat Gott sei Dank abgenommen. Es ist allerdings noch zu früh, um von einer grundsätzlichen Entwarnung zu sprechen.
Außerdem – das wissen wir – sind die Folgen der Epidemie für die betroffenen Länder sehr schwerwiegend. Die Menschen sind traumatisiert. Sie haben ihre Angehörigen verloren, sie leben immer noch unter ständiger Angst, sich zu infizieren. Ganz dramatisch sind natürlich die Auswirkungen auf die Wirtschaft dieser Länder, dieser Low Developed Countries, die wirtschaftlich sowieso schlecht aufgestellt sind. Ihnen drohen jetzt zunehmend Hungerkatastrophen, und die Bereitschaft von internationalen Investoren, sich dort zu engagieren, hat natürlich dramatisch abgenommen.
Die Epidemie hat bis jetzt 8.000 Todesopfer gefordert. Mehr als 21.000 Menschen sind infiziert, aber die Dunkelziffer – das wissen wir, und das hat die CDU in ihrem Antrag auch geschrieben – ist weitaus höher.
Wir wissen aber auch, dass das Ausmaß dieser Katastrophe hätte verhindert werden können. Wir müssen feststellen, dass die WHO an dieser Stelle ziemlich versagt hat. Sie ist erst aktiv geworden, als die Epidemie außer Kontrolle geraten ist. Von vielen Entwicklungshilfeorganisationen wurde der Staatengemeinschaft vorgeworfen, erst dann tätig geworden zu sein, als die Ebola-Bedrohung unmittelbar vor der Haustür der Industrienationen stand. Erst zu diesem Zeitpunkt sind die Aktivitäten angelaufen.
Ärzte ohne Grenzen wirft auch das der Bundesregierung vor; die Bundesregierung hätte insgesamt viel zu spät reagiert. Ein Krisenstab und ein Ebola-Koordinator wurden zu spät eingesetzt, es wurden zu wenig Mittel und viel zu wenig Personal zur Verfügung gestellt. Von dem Afrika-Beauftragten, Herrn Nooke, war lange Zeit überhaupt nichts zu hören.
Die Staatsministerin Frau Prof. Böhmer hat in ihrer Rede im letzten Herbst zugegeben – ich zitiere –: Die Bundesregierung hat die Epidemie unterschätzt. – Dabei hat – da gebe ich der Kollegin Hendricks ausdrücklich recht – Ärzte ohne Grenzen schon vor sehr langer Zeit, nämlich bereits im Sommer 2014, vor der Epidemie gewarnt und eindringlich um Hilfe gebeten.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal meinen ausdrücklichen Dank aussprechen an die Organisation Ärzte ohne Grenzen und an alle, die dort als Freiwillige unter Einsatz ihres Lebens Hilfe geleistet haben. Das war vorbildlich, und es war eine Hilfestellung, die in diesen Ländern sehr dringend nötig war und nötig ist.
Interessant ist die Haltung der Opposition in diesem Landtag. Frau von Boeselager, normalerweise vertreten Sie – manchmal gemeinsam mit der FDP – in unterschiedlicher Lautstärke die Auffassung, eigentlich sei das, was hier von der Landesregierung an Entwicklungspolitik und Eine-Welt-Politik gemacht wird, Aufgabe der Bundesregierung und das sei gar nicht Aufgabe der Landesebene.
In dieser Frage des Einsatzes gegen Ebola scheinen Sie derart von Ihrem Entwicklungsminister Gerd Müller, von Gesundheitsminister Hermann Gröhe und von Ihrer Verteidigungsministerin von der Leyen enttäuscht zu sein, dass Sie nun die Landesregierung in die Pflicht nehmen wollen. Aber so geht das nicht. Die Bundesländer können nicht die Versäumnisse der untätigen Bundesregierung auffangen. Das ist in der Tat nicht unsere Aufgabe.
Auch die Landesregierung und die Landesebene können nicht die Versäumnisse der Pharmaindustrie ausgleichen, die offenbar überhaupt kein Interesse daran hat, einen Ebola-Impfstoff zu entwickeln, der für sie nicht lukrativ ist und mit dem sie nicht ausreichend Geld verdienen kann.
Die Behauptung, die Landesregierung würde gar nichts tun, Frau von Boeselager, zeigt, dass Sie offenbar die Antwort auf die Kleine Anfrage nicht richtig gelesen haben. Sie sind offenbar bei der Antwort zu Frage 2 stehengeblieben.
Wenn Sie die Beantwortung der Frage 3 gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass in Ghana Gesundheitsprojekte mit Landesmitteln gefördert wurden. Sie wüssten, dass es hier Kliniken gibt wie das Universitätsklinikum Düsseldorf, in dem extra eine Sonderisolierstation eingerichtet wurde. Dort ist auch noch einiges mehr zu finden.
Es wäre zielführend, wenn die CDU-Fraktion ihre Kritik gegenüber der Bundesregierung sehr laut und eindeutig adressieren würde, weil sie genau dort hingehört.
Wir werden gleichwohl Ihren Antrag im Ausschuss diskutieren und uns auch darüber austauschen, ob im Rahmen der jetzt anstehenden neuen Kooperationsvereinbarung, die mit Ghana und Mpumalanga zu treffen ist, eine verstärkte Zusammenarbeit auch im Gesundheitssektor möglich und wünschenswert ist. Darüber werden wir anhand dieses Antrages natürlich sehr gerne diskutieren. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)