Ali Bas: „Zentraler Lernort in diesem besonderen Semester ist der zukünftige Berufsort Schule“

Antrag der Piraten zur Lehrerausbildung

###NEWS_VIDEO_1###
Ali Bas (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie einige von Ihnen sicherlich wissen, bin ich selber ausgebildeter Lehrer für die Fächer Englisch und Sozialwissenschaften für die Sekundarstufen I und II.
(Zuruf von der CDU: Oh je!)
2004 habe ich die erste Phase der Ausbildung an der Universität Münster abgeschlossen. Damals gab es noch die klassische Aufteilung in Grund- und Hauptstudium. Darin waren ein Tages- und ein Blockpraktikum in einer Schule eingefügt. Ersteres dauerte im Grundstudium genau eine Woche, während das zweite Praktikum im Hauptstudium immerhin vier Wochen in Anspruch nahm. Zu verfassen war jeweils ein Praktikumsbericht, in dem das eine oder andere Unterrichtsprojekt analysiert wurde.
Damit war dann der Praxisteil im Studium für mich als angehendem Lehrer beendet. Das war zu wenig, wie ich später im Referendariat feststellen musste.
In den letzten Jahren wurde die Lehrerausbildung weiter den gesellschaftlichen Bedingungen angepasst. Vorhin wurde die Digitalisierung genannt. Aber auch sprachliche Heterogenität in der Schülerschaft oder Inklusion gehören dazu. Dabei wurde auch der Praxisteil für die Lehramtsstudierenden seit 2009 deutlich erhöht.
Neben dem neu strukturierten Orientierungspraktikum und dem Berufsfeldpraktikum in der Bachelorphase spielte das Praxissemester, das im zweiten oder dritten Semester des Masterstudiums absolviert wird, eine bedeutende Rolle.
Zentraler Lernort in diesem besonderen Semester ist der zukünftige Berufsort Schule, an dem die meiste Zeit in der fünfmonatigen Praktikumsphase verbracht wird. Hier sollen die Studierenden pädagogische und fachliche Fragestellungen in Form von Projekten und begleiteten Unterrichtsvorhaben reflektieren und vor allem sich ausprobieren.
In einer jüngsten Evaluation des Praxissemesters bei den beteiligten Institutionen der Lehrerbildung und den Studierenden selbst ergab sich eine hohe Zufriedenheit mit der Durchführung und vor allen Dingen auch mit dem Erfahrungsgewinn.
Der Antrag der Piratenfraktion zum Praxissemester erweckt den Eindruck, als ob diese Praktikumsphasen einzeln voneinander getrennt stünden und die Hochschulen, Schulen und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung nicht aufeinander abgestimmt arbeiten würden.
Gespräche mit den Zentren für Lehrerbildung zeigten mir, dass diese Zusammenarbeit weitgehend gut läuft – was nicht ausschließt, dass sich die Vermittlung von wohnortnahen Praktikumsplätzen in Einzelfällen schwierig gestalten kann. Hier sind die Hochschulen und die Bezirksregierungen immer dabei, den Betroffenen zu helfen.
Die Forderung nach einer Entlohnung des Praxissemesters kann ich nicht nachvollziehen, zumal im Praxissemester weder bedarfsdeckender Unterricht wie im Referendariat stattfindet noch die Studierenden hier schon komplette Aufgaben von ausgebildeten Lehrkräften übernehmen.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist der Vorwurf, mit der Verkürzung des Referendariats habe das Land einfach Sparmaßnahmen durchgeführt. Wer die Diskussion um die Reform der Lehrerausbildung hier im Landtag verfolgt hat, weiß, dass das Gegenteil der Fall ist.
Dieser Vorwurf übersieht, dass durch die Erweiterung der Praxisphasen im Lehramtsstudium an den Hochschulen Zentren für Lehrerausbildung mit dem entsprechenden Personal entstanden sind, die bis 2021 weiter ausgebaut werden. Ebenso verhält es sich bei den zusätzlichen Aufgaben und Ausbildungsstellen für die Förderpädagogik. Auch werden die Schulen für die Betreuung dieser Studierenden pro Halbjahr mit Stundenanteilen entlastet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der Piratenfraktion stellt ein verzerrtes Bild der Lehrerausbildung in unserem Land dar. Die grüne Fraktion kann ihm so nicht zustimmen. Ich freue mich trotzdem auf eine angemessene und anregende Diskussion im Ausschuss zu diesem wichtigen Thema. Der Überweisung in den Ausschuss stimmen wir natürlich zu. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)