Ali Bas: „Ich kann Ihnen versichern, dass auch die Muslime das Schicksal der Millionen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak nicht kaltlässt“

Antrag der CDU zur Flüchtlingshilfe

Ali Bas (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst bei den Kommunen, christlichen Kirchen, muslimischen Gemeinden, jüdischen und anderen Religionsgemeinschaften, Wohlfahrtsverbänden, Hilfsorganisationen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und privaten Initiativen für ihr bewundernswertes Engagement in der Flüchtlingsarbeit bedanken.
(Allgemeiner Beifall)
Nun werden Sie sich fragen, warum ich gerade so ausführlich meinen Dank ausgesprochen habe. Das hat zuallererst mit der hohen Bedeutung der Thematik für unsere Gesellschaft zu tun, aber auch mit dem Antrag der CDU, der sich in der Darstellung des Sachverhalts bei fast allen gerade genannten Gruppierungen bedankt, nur den Muslimen diesen Dank irgendwie vorenthält. Sonst hätten Sie diese natürlich in Ihrer langen Aneinanderreihung der Akteure noch einmal genannt.
Ich kann Ihnen an dieser Stelle versichern, dass auch die Muslime in unserem Land das Schicksal der Millionen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak im In- und Ausland nicht kaltlässt. Hier einige Beispiele aus NRW:
Zwei arabische Moscheegemeinden aus Münster beraten seit einiger Zeit syrische Flüchtlinge. Sie sind ihnen mit Dolmetschertätigkeiten und Seelsorge behilflich. Den Kindern wird Unterricht in der arabischen Muttersprache und in Deutsch angeboten. Zudem gehen regelmäßig Hilfstransporte in die Krisenregion.
Die türkisch-islamische Gemeinde aus Greven bietet nicht nur Erstberatung in Behördenangelegenheiten an; die Frauengruppe der Moschee kocht auch regelmäßig für Flüchtlinge.
Türkische und marokkanische Moscheegemeinden aus Iserlohn sammeln regelmäßig medizinische Hilfsgüter und Babynahrung, um sie auf die lange Reise in die Flüchtlingslager nahe der Krisengebiete zu schicken.
Dies und noch einiges mehr findet ehrenamtlich tagtäglich in NRW statt, ohne dass wir das immer mitbekommen.
In meinen Gesprächen mit dem Kreis der Düsseldorfer Muslime habe ich herausgehört, dass viele dieser Aktionen bisher nicht ganz so koordiniert sind, wie das hätte sein sollen, und dass sie durchaus mehr Organisation und Hilfe gebrauchen könnten. Genau an diesem Punkt muss man die Hilfsbereitschaft unterstützen –
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
zum einen durch die Stärkung der ehrenamtlichen Arbeit und zum anderen durch den Einbezug in die vielen Netzwerke, in die nicht alle Gemeinden immer mit einbezogen sind. Mit dem Zeigefinger auf diese Gemeinden zu zeigen, zeugt eher von schlechter Erziehung als von politischem Stil.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Dies kann man auch noch an einigen anderen Stellen in dem Antrag ablesen. Dort stehen Sätze wie:
„Den Mitbürgern muslimischen Glaubens und ihren Organisationen kommt in dieser Situation auch Verantwortung zu. Denn viele Flüchtlinge in Deutschland sind Muslime.“
Das Ganze wird noch vehementer im Teil II, in dem es heißt:
„Diese Beiträge einzufordern, ist eine wichtige landespolitische Aufgabe.“
Ihrer Auffassung nach geschieht anscheinend nicht genügend in Sachen Flüchtlingshilfe bei den muslimischen Gemeinden; deshalb müsse der Staat das von den Musliminnen und Muslimen einfordern. Dass sich muslimische Gemeinden im Gegensatz zu den Kirchen und Wohlfahrtsverbänden fast ausschließlich aus Spenden ihrer Mitglieder finanzieren und dort viel ehrenamtlich gearbeitet wird, ist der CDU wohl entgangen – ebenso, dass das ehrenamtliche Engagement immer von der Freiwilligkeit der Menschen ausgeht und schon gar nicht mit Nachdruck vom Staat eingefordert werden kann.
Dass das Dialogforum Islam, welches das Land zusammen mit den muslimischen Organisationen unter anderem zu sozialen Themen eingerichtet hat, hier Abhilfe schaffen kann, haben Sie in dem Antrag richtigerweise benannt. Soweit ich weiß, ist das Dialogforum Islam mittlerweile auch an den Gesprächen zu dieser Thematik beteiligt.
Das Highlight Ihres Antrags kommt aber erst, indem Sie in diesem Kontext radikale islamistische Vereine aufzählen, die terroristische Strukturen unterstützen, statt Flüchtlingen zu helfen. Ja, davon muss man sich distanzieren. Sie zeichnen in Ihrem Antrag aber zusammen mit den vielen anderen Punkten ein Bild von Musliminnen und Muslimen, welches nicht positiv ist.
Eigentlich hätten Sie mit diesem Antrag echte Brücken bauen können, zumal Sie sich als CDU seit einiger Zeit verstärkt den Muslimen als Partei des Glaubens anbieten. Das dürften Sie heute hiermit grandios vergeigt haben.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Ich möchte mit einem Zitat des Vorbeters der türkisch-islamischen Gemeinde in Greven enden:
Für uns ist nicht wichtig, was sie für einen Glauben haben. Für uns ist wichtig, dass unser Glaube uns verpflichtet, zu helfen.
Das wissen wir wertzuschätzen. Daran knüpfen wir an.
(Beifall von Regina Kopp-Herr [SPD])
Den Antrag der CDU in dieser Form lehnen wir als grüne Fraktion ab. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)