Ali Bas: „Die vielen gelungenen Beispiele für funktionierende Räume der Stille zeigen, dass es ohne Dialog nicht geht“

Antrag der CDU zu "Räume der Stille"

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Ali Bas (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt sie im Landtag, es gibt sie in der Arena auf Schalke, und es gibt sie auch an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen in unserem Land. Man geht dorthin, um zur Ruhe zu kommen, zu meditieren, um zu beten. Die Rede ist von den sogenannten Räumen der Stille.
Gerade an den Hochschulen wurden diese Räume in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr eingerichtet – nicht, weil Hochschulen dazu verpflichtet sind, sondern als freiwilliges Angebot an eine zunehmend diverser werdende Studierendenschaft und für den offenen Umgang mit Glauben und Ruhebedürfnissen im Alltag von Hochschulen.
Vor einigen Wochen haben Medien über Probleme mit den Räumen der Stille an der TU Dortmund und an der Universität Duisburg-Essen berichtet, darunter auch die im CDU-Antrag aufgeführte Sendung „Westpol“, das ZDF-Magazin „Forum am Freitag“, „FOCUS online“, „SPIEGEL“ und die „WAZ“.
Wenn man sich die Berichterstattung anschaut, wird man höchst unterschiedliche Schilderungen über die Vorfälle in den beiden Unistädten feststellen – von sachlich bis reißerisch. Hinzu kommt noch eine Welle antimuslimischer Schimpftiraden im Internet zu diesem Thema.
Fest steht, dass weder in Dortmund noch in Essen irgendwelche salafistischen Gruppen versucht haben, die dortigen Räume der Stille für sich zu beanspruchen, so wie der vom „Westpol“-Bericht inspirierte CDU-Antrag suggeriert. Vielmehr haben sich in Dortmund einzelne muslimische Besucher des dortigen Raumes der Stille nicht an die vereinbarte Nutzungsordnung gehalten, was unter anderem die nicht erlaubte Veränderung des Raumes beinhaltete und die gar nicht tolerierbare Abweisung von Nutzerinnen des Raumes. Als Folge davon wurde der Raum nun geschlossen – zum Leidwesen der muslimischen, christlichen und anderen Studierenden, die sich bisher an die Regeln dort gehalten haben.
In Essen stellte sich die Lage aber wiederum anders da. Dort hatten sich sowohl Vertreter der Studierendenschaft, aber auch der Hochschulleitung von Berichten distanziert, die vor einer Schließung des Raumes aufgrund von angeblichen Problemen mit radikal-religiösen Nutzern sprachen. Der bereits seit vielen Jahren in Nutzung befindliche Gebetsraum ist laut Auskunft der Uni aufgrund von Sanierungsarbeiten im Gebäude geschlossen worden. Stattdessen soll ein freundlicher gestalteter Raum der Stille für alle Studierenden entstehen –
(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])
eine interessante Darstellung der Situation, die auf der Website der Uni Essen übrigens abrufbar ist.
Ähnliches geschieht derzeit übrigens auch an der Uni Köln, wie gerade berichtet, und bald auch am Standort für Islamische Theologie in Münster.
Aus eigener Erfahrung mit Räumen der Stille kann ich sagen, dass ein solcher Raum am besten funktioniert, wenn dieser im Dialog zwischen Hochschule und Studierendenschaft, zu der auch konfessionelle Hochschulgemeinden wie KSHG, ESG oder IHV gehören, entwickelt und verantwortet wird. Die vielen gelungenen Beispiele für funktionierende Räume der Stille zeigen, dass es ohne Dialog nicht geht.
Wie bereits eingangs erwähnt, sind Hochschulen nicht verpflichtet, solche Räume bereitzustellen. Wenn sie diese Räume anbieten, muss man den Hochschulen aber auch zutrauen, bei Problemen mit der Nutzung auch dementsprechend besonnen zu reagieren. Dazu bedarf es aber nicht einer Anordnung aus Düsseldorf oder gar der ständigen Konsultation des Verfassungsschutzes, wie es der CDU-Antrag vorschlägt.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Steht doch gar nicht drin!)
Ich glaube, dass ein solches Misstrauen der eigentlichen Intention des Raumes der Stille, Studierenden einen würdevollen Rückzugsort zum Abschalten, Beten oder Meditieren zu bieten, zuwiderläuft.
Der Überweisung in den Ausschuss stimmen wir natürlich zu; dem Antrag an sich werden wir im Ausschuss nicht zustimmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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