Ali Bas: „Die allermeisten Muslime sind ebenso wie ich darüber verärgert, dass eine kleine Gruppe Extremisten mit solchen Aktionen dem Ansehen des Islam in Deutschland derart geschadet hat.“

Aktuelle Stunde zu Salafismus in NRW

Ali Bas (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war vor nicht einmal zwei Wochen mit Kolleginnen und Kollegen aller Landtagsfraktionen bei der feierlichen Gründung des Landesverbandes NRW des Zentralrats der Muslime in Wuppertal. Zusammen haben wir alle, ob Christen, Muslime oder Juden, das friedliche Miteinander der Religionen in der Stadt Wuppertal gewürdigt.
Dass keine vier Tage später eine Gruppe religiös verblendeter Extremisten in Warnwesten aus dem Baumarkt als sogenannte „Sharia-Police“ auf der Sittenstreife durch Wuppertal zog, hat mich sehr geärgert. Mich hat die Dreistigkeit jener jungen Männer geärgert, die sich mit ihrem Auftritt als selbst ernannte Sittensheriffs in einer Art und Weise über das geltende Recht und die Ordnung gestellt haben, die man im religiösen Kontext durchaus auch als unislamisch bezeichnen kann.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE] und Hans-Willi Körfges [SPD])
Für den allergrößten Teil der hier lebenden Musliminnen und Muslime ist es selbstverständlich, sich an Gesetze zu halten. Sie sind ebenso wie ich darüber verärgert, dass eine kleine Gruppe Extremisten mit solchen Aktionen dem Ansehen des Islam in Deutschland derart geschadet hat.
Die Diskussionen und Berichte der letzten Tage haben leider auch den Effekt gehabt, dass die Rechnung der sogenannten Neosalafisten nach größtmöglicher Aufmerksamkeit aufgegangen ist. Der klägliche Versuch von Neonazis, mit einer ähnlichen Aktion auch ein Stück von diesem Kuchen abzubekommen, sei hier nur am Rande erwähnt.
Diese unerwünschte Aufmerksamkeit künftig zu vermeiden wird für uns alle eine große Herausforderung werden. Hier ist neben der nötigen Wachsamkeit auch Sachlichkeit bei der Thematik geboten.
Diese Sachlichkeit habe ich in den Redebeiträgen von FDP und CDU zu dieser Aktuellen Stunde vermisst; denn sie werfen Rot-Grün einfach Versagen vor.
(Lutz Lienenkämper [CDU]: Das stimmt doch!)
Das ist ja auch am einfachsten.
Ich finde, dass Innenminister Ralf Jäger richtig gehandelt hat, indem er die Sicherstellung besagter Polizeiwesten veranlasst hat und die Polizei in einem Erlass angewiesen hat, mit allen Mitteln gegen diese selbst ernannte Sittenpolizei vorzugehen.
Während Vertreter der Union lauthals nach noch schärferen Gesetzen rufen, bin ich der Meinung, dass wir bereits bestehende Gesetze wirksam ausschöpfen müssen.
Ich bin auch der Meinung, dass wir das Problem mit gewaltbereiten Salafisten und deren Ideologie, die sich klar gegen die freiheitlich-demokratische Gesellschaft richtet, nicht alleine mit strafrechtlichen Mitteln angehen können. Vielmehr müssen wir auch die zivilgesellschaftlichen Akteure sowohl auf muslimischer Seite als auch auf der gesamtgesellschaftlichen Seite stärken.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Das geht natürlich nur, indem man sich auf Augenhöhe begegnet. Rot-Grün hat daher den Dialog mit den Muslimen in NRW seit Übernahme der Regierung im Jahre 2010 forciert. Gemeinsam arbeiten wir an verschiedenen Stellen daran, dass der Islam als ein selbstverständlicher Teil Nordrhein-Westfalens wahrgenommen wird und Muslime sich hier angenommen fühlen.
So haben wir fraktionsübergreifend die Einführung des islamischen Religionsunterrichts in deutscher Sprache beschlossen.
Ebenso fraktionsübergreifend sind wir im Gespräch mit muslimischen Vertretern über die Anerkennung als Religionsgemeinschaft.
Vorgestern haben wir zusammen das neue Körperschaftsstatusgesetz beschlossen, das auch Auswirkungen für muslimische Religionsgemeinschaften hat.
Dazu kommen das neue Bestattungsgesetz sowie die Beratung mit muslimischen Vertretern zu Fragen der Pflege und Seelsorge im „Dialog Forum Islam“.
Last, but not least ist NRW mit dem vielfach gelobten Präventionsprogramm „Wegweiser“, das einen sozialpädagogischen Ansatz verfolgt, bundesweit Vorreiter im Kampf gegen die Radikalisierung von jungen Muslimen.
Viele Musliminnen und Muslime wünschen sich mehr Dialog mit der Gesellschaft; denn nur der Dialog hilft uns, den anderen besser zu verstehen und Vorurteile abzubauen – gerade vor dem Hintergrund der neben dem aufkeimenden Antisemitismus anwachsenden Islamophobie.
Ich kann Sie nur einladen, sich auf diesen Dialog einzulassen; denn nur eine starke Zivilgesellschaft kann sich gegen Radikalisierung jeder Art wehren.
Gelegenheiten zum Dialog gibt es einige, sei es am 3. Oktober beim Tag der offenen Moschee oder am 19. September, wenn die großen muslimischen Verbände in sieben Städten in der Bundesrepublik mit Mahnwachen und Friedenskundgebungen zum Aktionstag gegen Hass und Unrecht aufrufen, der sich unter anderem gegen die Brandanschläge auf Moscheen und Synagogen richtet, aber auch gegen den schrecklichen Krieg in Syrien und Irak. Zu Ihrer Information: In Nordrhein-Westfalen wird das Ganze in Bielefeld stattfinden. Eine weitere Gelegenheit ist das große Fest „Wuppertaler bewegen die Stadt“ am kommenden Sonntag, wo auch Vertreter der vielen örtlichen Religionsgemeinschaften zugegen sind.
In diesem Sinne wünsche ich mir und Ihnen für die Zukunft eine konstruktive Diskussion und vor allem kluge Strategien zu diesem äußerst wichtigen Thema. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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