Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr geehrter Herr …
(Präsident André Kuper übernimmt den Vorsitz.)
Sehr geehrte Herren Präsidenten!
(Heiterkeit von den GRÜNEN und Anke Fuchs-Dreisbach [CDU])
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Eine rechtspopulistische Instrumentalisierung landwirtschaftlicher Betriebe und Falschinformationen lassen wir hier nicht zu. Ein Freiwilliges Ökologisches Jahr ist anders als dargestellt bereits heute auch bei konventionellen Landwirtschaftsbetrieben möglich.
Freiwilligendienste haben einen Qualitätsstandard der Bildung, der Begleitung durch die Einsatzstellen und die Träger der Qualifizierung. Den möchten wir erhalten und stärken.
(Beifall von den GRÜNEN und Rodion Bakum [SPD])
Präsident André Kuper: Frau Kollegin, aus den Reihen der AfD gibt es den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Lassen Sie die zu?
Dagmar Hanses (GRÜNE): Nein, Herr Präsident. – Das FÖJ hat zum Ziel, das Verantwortungsbewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Natur und Umwelt zu stärken sowie das Umweltbewusstsein zu entwickeln und ein kompetentes Handeln für Natur und Umwelt zu fördern.
In Nordrhein-Westfalen bieten biologische Stationen, Einrichtungen der Umweltbildung, botanische Gärten, einige zoologische Gärten und eben auch landwirtschaftliche Höfe und andere Institutionen die Möglichkeit eines FÖJ an. Die Tätigkeiten im FÖJ sind vielfältig und unterscheiden sich von Einsatzstelle zu Einsatzstelle.
Die Landesregierung differenziert bei der Förderung bewusst nicht nach Einsatzbereichen, um die Bevorzugung einzelner Bereiche auszuschließen. Öffentlichkeitswirksam beworben werden persönliche Vorteile für die Freiwilligen, nicht die Einsatzfelder. Das FÖJ ist die Zeit der Persönlichkeitsentwicklung, der Berufswahlorientierung und des Engagements für unsere Gesellschaft. Junge Menschen sollen sich in dieser Zeit ausprobieren und nicht als günstige Erntehelfer in der Landwirtschaft arbeiten.
Der Antrag unterläuft die Prinzipien unserer Jugendfreiwilligendienste, schwächt den Schutz junger Menschen und bedient sich eines gefährlichen politischen Framings. Die im Antrag genannten Betriebe sind entsetzt, dass sie hier ohne Rücksprache genannt werden. Beispielsweise distanziert sich der Vauß-Hof von der menschenverachtenden Ideologie der AfD.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Herzlichen Dank für die klare Haltung nach Salzkotten!
Das, was die Kollegin angesprochen hat, ist alles richtig. Die Anleihen an den Nationalsozialismus und die Formulierungen sind eindeutig. Wir erleben eine Zunahme rechtsextremen Gedankenguts. Die AfD möchte, nachdem sie schon versucht hat, Jugendverbände, NGOs und andere Institutionen einzuschüchtern, jetzt auch die Landwirtschaft einschüchtern. Das lassen wir nicht zu.
(Beifall von den GRÜNEN, Julia Kahle-Hausmann [SPD] und René Schneider [SPD])
Wir sehen, dass gerade junge Menschen Ziel von rechten Kampagnen werden, sei es bei TikTok oder in Jugendgruppen vor Ort. Völkische Siedler siedeln sich gezielt in ländlichen Räumen an – nicht nur in Ostdeutschland –
(Lachen von Zacharias Schalley [AfD])
und engagieren sich in Elternbeiräten, um sich dort zu verankern.
(Zacharias Schalley [AfD]: Oh Gott! Die Leute organisieren sich! Wie können sie nur?)
Ein staatlich geförderter Landdienst nach Vorstellung der AfD würde ohne die Strukturen des FÖJ eine weitere Möglichkeit rechter Vereinnahmung bieten.
(Sven Werner Tritschler [AfD]: Sie leiden ja unter Verfolgungswahn!)
Die AfD arbeitet mit pauschalen Unterstellungen und politischer Schlagseite. Sie behaupten unbelegt,
(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])
dass es koordinierte Kampagnen gegen die Landwirtschaft gebe, gesteuert durch staatlich finanzierte NGOs.
(Zacharias Schalley [AfD]: Klar!)
Damit werden zivilgesellschaftliche Träger, die zentrale Partner in den Jugendfreiwilligendiensten sind, pauschal delegitimiert.
Statt Freiwilligendienste als Bildungs- und Persönlichkeitsentwicklung zu verstehen, werden sie in dem Antrag zu einem Instrument der Gegenpropaganda und Imagepflege für den Bauernstand umgedeutet. Es ist besonders problematisch, dass Jugendliche gezielt angesprochen werden sollen, um bestimmte Sichtweisen zu vermitteln. Das ist nicht erträglich.
(Zacharias Schalley [AfD]: Das ist doch genau das, was Sie machen!)
Der AfD-Vorschlag instrumentalisiert Freiwilligendienste für politische Zwecke, ist wieder ein Angriff auf NGOs und will die Strukturen der Persönlichkeitsbildung junger Menschen umwandeln. Statt des Aufbaus eines Landdienstes, der allein schon vom Namen her an dunkle Zeiten erinnert,
(Zacharias Schalley [AfD]: In der Schweiz! Ganz dunkel!)
sollten wir die bewährten Strukturen stärken, Zugangshürden abbauen und demokratische Schutzmechanismen ausbauen, um die Dienste inklusiv und für junge Menschen attraktiv zu gestalten. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und René Schneider [SPD])
