İlayda Bostancıeri: „…damit die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in der Frühphase endlich der Vergangenheit angehört“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu Schwangerschaftsabbrüchen

Portrait Ilayda Bostancieri_klein

İlayda Bostancıeri (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Vorweg: Wie wir Grünen zum Schwangerschaftsabbruch und zu der grundsätzlichen körperlichen Selbstbestimmung aller Menschen stehen, ist, meine ich, bekannt.

Mit dem vorliegenden Antrag beschäftigen wir uns nun seit Juni 2024. Wir hatten eine sehr große und sehr spannende Anhörung dazu. Wie Kollegin Butschkau gerade richtig gesagt hat, liegen die Zwischenergebnisse vor; auf den Abschlussbericht warten wir noch.

Was aber vorliegt, das sind die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Ipsos, die vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung in Auftrag gegeben wurde. Damit liegt uns die Erkenntnis vor, dass 83 % der Befragten für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sind und damit auch für eine Reform des § 218 Strafgesetzbuch.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wo Politik doch so oft versucht, den Meinungen der Bürger*innen gerecht zu werden, scheint das bei diesem Thema keine Rolle zu spielen. Ich würde nicht mitgehen und sagen, dass diese Forderung die Gesellschaft spaltet. Wir sehen ganz deutlich an den Umfrageergebnissen, dass das nicht der Fall ist. Aber diese Frage scheint die Politik doch sehr zu spalten.

Dabei könnte die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen unserer Gesellschaft nicht nur ein zeitgemäßes Update verleihen, sie könnte auch erhebliche Vorteile für die Ausbildung von Ärzt*innen mit sich bringen. Beispielsweise könnten Schwangerschaftsabbrüche so in die reguläre Aus- und Weiterbildung für Gynäkolog*innen aufgenommen werden.

Auch könnte so Forschung zu dem Thema erleichtert werden, wovon im Übrigen auch Schwangere, bei denen aus medizinischen Gründen eine vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft notwendig ist, profitieren würden.

Außerdem könnte die Entkriminalisierung zu einer Enttabuisierung und damit auch zu einer Entstigmatisierung beitragen. All diese Schritte würden ganz vereinfacht gesagt zu einer besseren Versorgungssituation führen. Da bin ich mir sehr sicher.

Nicht nur die Bürger*innen sind für eine Entkriminalisierung, sondern auch die von der letzten Bundesregierung eingesetzte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, aus der wir Sachverständige in der Anhörung zu diesem Antrag hören durften.

Nachdem die FDP als Teil der Ampel sehr schnell sehr deutlich gesagt hat, dass sie diese Forderung nicht unterstützen wird, gab es besagten Gruppenantrag von vielen Abgeordneten der Grünen, der SPD und der Linken im Bundestag, wobei ich sagen muss, dass uns die SPD in der letzten Sitzungswoche des letzten Bundestages ein bisschen im Stich gelassen hat,

(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE])

als sie mit Union und FDP verhindert hat, dass der Antrag im Plenum des alten Bundestags abgestimmt werden konnte.

Allerdings möchte ich nicht unerwähnt lassen und freue mich sehr, dass die SPD-Frauen das Zustandekommen der schwarz-roten Koalition davon abhängig machen wollen, ob der Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert wird. Es bleibt spannend. Ich drücke ihnen die Daumen, hoffe, dass sie Gehör in Partei- und Fraktionsspitze finden, und wünsche ihnen gutes Gelingen.

Ich möchte aber jetzt auf den Antrag zurückkommen. Die SPD möchte hier, ähnlich wie beim Gewalthilfegesetz, den zweiten und dritten Schritt vor dem ersten gehen. Das MAGS hat uns in der letzten Ausschusssitzung mitgeteilt, dass sie die Ergebnisse der ELSA-Studie für NRW auswerten und runterbrechen werden. Ich bin mir sicher, dass sich daraus ein Handlungsbedarf ableiten wird. Wir bleiben weiter an dem Thema.

Unser Ziel ist es, basierend auf dieser Analyse die Versorgungssituation für Betroffene zu verbessern. Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam weiter daran arbeiten werden. Ich hoffe, dass Sie Ihre Kanäle nach Berlin nutzen – das konnte ich dem Nicken gerade entnehmen –, damit die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in der Frühphase endlich der Vergangenheit angehört.

Den vorliegenden Antrag lehnen wir heute ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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