Lena Zingsheim-Zobel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Mama von drei Kindern stelle auch ich mir selbstverständlich die Frage, wie eine Schule aussehen muss, auf die meine Kinder irgendwann mal gehen. Wie alle Eltern frage auch ich mich natürlich, ob die Schule meinen Kindern die Kompetenzen an die Hand geben wird, die sie brauchen; ob sie sie befähigt, im digitalen Zeitalter kompetent und achtsam mit Medien und Konsum umzugehen; ob sie es schafft, meine Kinder darin zu befähigen, zu reflektierten und selbstbewussten Erwachsenen heranzuwachsen.
Wenn ich mir als Mama den Einzelplan anschaue, frage ich mich auch, ob das Geld bei der Masse der aktuellen Herausforderungen reicht. Wenn ich mir den Einzelplan als Abgeordnete einer regierungstragenden Fraktion anschaue, kann ich Ihnen sagen, dass wir angesichts der angespannten Haushaltslage gemeinsam herausgeholt haben, was wir konnten. Über alle Ministerien hinweg wurde dafür gespart. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht, liebe SPD, liebe FDP: Das nennt man Priorisierung.
(Beifall von Gönül Eğlence [GRÜNE])
Einsparungen im Bildungsbereich wären Einsparungen mit direkten Folgen für unsere Zukunft. Wir erkennen Bildung als das an, was sie ist: als Standbein für unsere Gesellschaft und als Schlüssel für eine zukunftsfähige Welt. Nur wenn wir unseren Kindern heute eine gute Bildung ermöglichen, können sie nachhaltig die Zukunft von morgen gestalten.
Wir als regierungstragende Fraktionen legen deshalb einen klaren Fokus auf den Bildungsbereich. Uns bleibt wenig Spielraum für Investitionen. Das ist bedauerlich, weil es uns an Ideen sicherlich nicht mangelt. Tagtäglich bin ich mit Lehrkräften, Schüler*innen, Eltern, Organisationen, Verbänden im Austausch, die sich zu Recht mit ihren Bedarfen an uns wenden und Wünsche, Vorschläge, Kritik äußern.
Auch mein Background als Sonderpädagogin erleichtert es mir, aktuell bestehende Herausforderungen im Schulbereich zu erkennen.
Eines kann ich Ihnen allen sagen: Die Herausforderungen, vor die Schulen tagtäglich gestellt werden, nehmen enorm zu. Aufklärungsarbeit bei steigender Demokratiefeindlichkeit und zunehmende antisemitische Konflikte sind dabei nur zwei Beispiele.
In Anbetracht des schrecklichen Terrorangriffs der Hamas auf Israel müssen wir uns fachübergreifend mehr denn je wiederaufgeflammten Herausforderungen stellen. Wir verurteilen den Angriff der Hamas auf Israel zutiefst und sind erschüttert über den Schmerz und das Leid. Den Anstieg religionsbezogener Straftaten auch in Deutschland empfinden wir als besorgniserregend. Daher ist es aktuell umso bedeutsamer, hervorzuheben, dass Antisemitismus und jegliches menschenverachtende Verhalten keinen Platz in unserer Gesellschaft und keinen Platz in unseren Schulen haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Besonders Schulen spielen im konsequenten Kampf gegen Antisemitismus und beim Schutz unserer demokratischen Werte eine essenzielle Rolle. Unsere Schulen müssen ein Ort des Austausches und der Begegnung vielfältiger Lernender sein, in dem Schüler*innen Demokratie leben und lernen.
Liebe Schulen, wir sehen eure Belastung. Um euch in dieser Situation nicht alleine zu lassen, erhöhen wir die Mittel für die „Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit – Beratung bei Rassismus und Antisemitismus“ im Haushalt 2024 um 220.000 Euro. Damit unterstützen wir Schulen effektiv beim Erkennen, Einordnen und Bekämpfen antisemitischer Vorfälle sowie bei der dazugehörigen Präventionsarbeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Einsparungen in Bildung würden zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Situation von Schulen führen und sich direkt auf das Leben von Schüler*innen und Lehrkräften auswirken. Dennoch haben wir es als unseren Auftrag erkannt, Schulen die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Deswegen sind wir besonders stolz darauf, dass wir die Kommunen im Jahr 2024 weiterhin bei der Umsetzung der Inklusion unterstützen und die Inklusionspauschale sichern konnten.
Dass alle Menschen in unserer Gesellschaft teilhaben können, ist ein Menschenrecht. Die UN-Behindertenrechtskonvention von 2008 hat die schulische Inklusion in Art. 24 verbindlich gemacht, und 2009 ist sie in Deutschland in Kraft getreten. Inklusion in der Bildung umzusetzen, ist eine Aufgabe aller Schulformen, der Kommunen und auch unseres Landes.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dieser Verantwortung sind wir uns bewusst, und wir nehmen sie ernst. Für uns, liebe SPD, ist Inklusion keine finanzielle Belastung, sondern eine Bereicherung.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Außerdem haben wir uns mit voller Kraft dem Thema „Ganztag“ gewidmet. Wir freuen uns, dass 38.000 neue Ganztagsplätze im Haushalt 2024 durch das Land gesichert werden können. Damit rücken wir dem Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit OGS-Plätzen näher. Das ist ein wertvoller Grundstein für mehr Chancengerechtigkeit, mit dem wir allen Schüler*innen, unabhängig von der Situation in ihrem Elternhaus, ein qualitativ hochwertiges Bildungs- und Betreuungsangebot ermöglichen.
Dennoch ist die Lage der sozialen Infrastruktur im Ganztagsbereich aktuell sehr problematisch. Träger stehen beispielsweise durch Tarifsteigerungen vor zunehmenden Kosten, die weder sie selbst noch wir als Land aufgrund der schwierigen Haushaltslage bewältigen können. Die Folgen sind drohende Insolvenzen und die geringe Bereitschaft von Trägern, sich auf Ausschreibungen zu bewerben.
Während wir den Ganztag ausbauen wollen, kämpft die Praxis gerade um ihren Erhalt. Wir sehen diese Schwierigkeit und suchen natürlich weiterhin gemeinsam mit Trägern und kommunalen Spitzenverbänden nach Lösungen.
Angesichts der Dramatik der Situation müssen wir allerdings größer denken. Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Form muss in Anbetracht der Lage wieder in den Fokus gerückt werden. Wenn wir landes- und bundesweit dazu gezwungen werden, im Bildungsbereich einzusparen, dann wird das dramatische Folgen für unsere Zukunft haben.
(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)
Ich komme zum Ende. Ich möchte die Weiterführung eines wichtigen Projektes an mittlerweile 340 teilnehmenden Schulen besonders hervorheben. Der Ansatz „students@school“ hat bislang bereits 36.000 Schüler*innen erreicht – 36.000 Schüler*innen, die ohne „students@school“ von den Nachwirkungen der Coronapandemie noch intensiver betroffen wären und die auch bedingt durch die Effekte mangelnder Chancengerechtigkeit dringend Unterstützung benötigen.
Dass das Programm nicht nur von Schüler*innen und Schulen, sondern auch von den Studierenden, die als zusätzliche Bezugspersonen für die Kinder da sind, so gut angenommen wird, ist ein eindeutiges Signal. Ein Programm, das solche Erfolge verzeichnet und von allen Beteiligten gelobt wird, darf nicht auslaufen. Deshalb ist die erreichte Weiterfinanzierung von „students@school“ nicht nur notwendig, sondern auch ein echter Erfolg.
NRW leistet mit der Überbrückungsfinanzierung einen wirksamen Beitrag zum weiteren Aufbau chancengerechter Bildung für Schüler*innen in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
„students@school“ und auch andere Mentoringprogramme an Schulen wirken nachweislich. Deshalb sollte uns allen die Unterstützung eines solchen Ansatzes ein besonderes Anliegen sein. Das heißt also: weiterhin zusammen lernen, zusammen stark.
Trotz schwieriger Haushaltslage liegen die Prioritäten für uns ganz klar im Bereich von Kindern und Jugend, von Bildung, von der Zukunft unserer Kinder in unserem Land. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)