Dr. Robin Korte: „Stadtwerke sind systemrelevant“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Unterstützung von Kommunen

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Moor, ebenso wie Sie möchte ich mit einem Lob beginnen, und das ist auch tatsächlich an Sie gerichtet. Sie sprechen heute mit Ihrem Antrag – das kann man nicht anders sagen – ein sehr wichtiges und sehr aktuelles Thema an. Es ist daher gut und die richtige Entscheidung, dass wir über Ihren Antrag heute nicht direkt abstimmen, sondern die Debatte darüber gemeinsam und mit der Ministerin im zuständigen Fachausschuss weiterführen werden.

An dem Kernansinnen Ihres Antrags, wonach die Stadtwerke in Nordrhein-Westfalen in der, wie wir alle wissen, aktuell sehr schwierigen energiewirtschaftlichen Lage vor Liquiditätsengpässen und Insolvenzrisiken geschützt werden müssen, gibt es bei uns ebenso wenig Zweifel wie bei Ihnen. Genauso hat sich gestern auch die Ministerpräsidentenkonferenz – rote und schwarze und ein grüner Ministerpräsident – gemeinsam positioniert, und das ist gut so.

Die Stadtwerke spielen – das wurde bereits angesprochen – in unseren Kommunen eine fundamentale Rolle. Gerade in der jetzigen Krise sind Sie ein Anker unserer Energieversorgung. Dabei sind sie erstaunlich resistent und nah an den Menschen. Darüber hinaus sind sie ein Motor für die Innovationen im Energiebereich, die wir so dringend brauchen, und sie sind Gewährleister von öffentlicher Daseinsvorsorge in vielen Bereichen wie Wasserversorgung, Mobilität, Breitband, Sporteinrichtungen und noch vieles mehr. Nicht zuletzt sind sie auch eine Stütze für unsere kommunalen Haushalte, denn nicht wenige Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind auf die Gewinnabführung der Stadtwerke angewiesen.

Stadtwerke sind also – auch das wurde bereits gesagt, und dem schließe ich mich gerne an – systemrelevant, und zwar mindestens genauso systemrelevant wie Uniper, wenngleich auf eine andere Weise.

Die wirtschaftliche Lage der Stadtwerke ist eine andere als die der Importeure. Das müssen wir konkret betrachten. Die wirtschaftliche Problematik, vor der die Stadtwerke aktuell stehen, ist nicht so grundsätzlich. Viele unserer Stadtwerke kommen bisweilen tatsächlich erstaunlich gut durch diese aktuelle Krise, gerade auch, weil sie eine nachhaltige Beschaffungsstrategie im Energiebereich verfolgt oder früh stark auf erneuerbare Energien gesetzt haben.

Gleichwohl stehen die Stadtwerke – das ist angesprochen worden – derzeit vor gewaltigen Risiken, wenn Großkunden wegbrechen, sich Zahlungsausfälle häufen oder die Nachfrage insbesondere nach Gas nicht mehr gedeckt werden kann.

Dann kann sehr schnell eine gefährliche Situation eintreten. Auf diese Risiken müssen wir uns vorbereiten. Am wichtigsten dabei ist in der aktuellen Lage, die Ursachen in den Griff zu bekommen, und das bedeutet: den Energiemarkt zu stabilisieren.

Dabei ist vieles bereits erreicht worden: Die Importeure – der bekannteste ist Uniper – sind stabilisiert worden. Wir haben neue Gasbezugsquellen erschlossen. Die Gasspeicher in Deutschland sind in einem Maße gefüllt, das wir alle, glaube ich, vor einigen Monaten noch nicht für möglich gehalten hätten.

Wir kommen beim Energieträgerwechsel in der Industrie voran. Seit einigen wenigen Wochen beobachten wir erstmals, dass Gas‑ und Strompreise auch wieder sinken. Das ist ein gutes Signal, aber gleichzeitig kein Anlass für uns zur Entwarnung.

Deshalb braucht es im Moment weitere Maßnahmen zur Stabilisierung insbesondere der Energiemärkte. Ich habe mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, dass sich Bundeskanzler Scholz und Bundeswirtschaftsminister Habeck dazu bekannt haben, dass es eine Gaspreisbremse geben wird. Das ist ein weiterer sehr wichtiger Beitrag der Bundesregierung an dieser Stelle.

Bei dem aber, was wir von der Landesregierung fordern – darum geht es ja in Ihrem Antrag –, sollten wir präzise sein. Ich möchte an Sie adressieren, dass ich denke, dass einige der Punkte, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, doch eher unter die Kategorie „heiße Luft“ fallen oder zumindest mit heißer Nadel gestrickt sind, wie zum Beispiel der von Ihnen eben angesprochene Energiegipfel mit kommunalen Spitzenverbänden, kommunalpolitischen Vereinigungen und dem VKU. Das ist ein Energiegipfel, bei dem zwar viele dabei sind, aber weder die Großlieferanten noch die Großkunden. Ich frage mich: Welche neuen Erkenntnisse soll er uns eigentlich noch bringen?

Ist die von Ihnen geforderte Koordinierung der Energieeinsparung in den Kommunen durch das Land eine Maßnahme, die wirklich zielführend ist?

(Christian Dahm [SPD]: Ja!)

Oder wissen die Kommunen selbst nicht vielleicht deutlich besser und ist es nicht vielleicht auch deren Aufgabe, Energieeinsparungen vor Ort zu realisieren?

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Herr Kollege, es besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage vom Kollegen Dahm aus der SPD-Fraktion. Lassen Sie die zu?

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Die lasse ich gerne zu.

Christian Dahm (SPD): Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie stellen infrage, dass die Landesregierung Einsparungen vorgeben sollte. Ist Ihnen bekannt, dass auf der Homepage des Schulministeriums Empfehlungen gegeben werden, bzw. es sind gar keine Empfehlungen, sondern Hinweise, wie die Kommunen nach der Arbeitsstättenverordnung Energie einsparen sollen?

(Zuruf von Florian Braun [CDU])

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Ja, das ist mir bekannt, aber im Prinzip könnte ich die Gegenfrage stellen, warum Sie es beantragen, wenn es bei den Schulen bereits passiert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Darüber hinaus machen viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen jetzt genau das. Ich glaube aber, das ist nichts, was wir unter dem großen Punkt „Stabilisierung der Stadtwerke“ extra ansprechen müssen.

Meines Erachtens – damit komme ich wieder zurück zu meiner Rede – sollten wir uns in der weiteren Diskussion, die wir noch im Ausschuss führen werden, auf den wirklich relevanten Punkt Ihres Antrags konzentrieren, nämlich auf Punkt Nummer 5, in dem Sie einen Schutzschirm für die Stadtwerke bei Zahlungsausfällen fordern. Auf den Punkt sollten wir uns konzentrieren und dafür eine Lösung finden.

Bei der konkreten Ausgestaltung bleibt Ihr Antrag leider noch vergleichsweise unkonkret, aber wir werden darüber ja noch gemeinsam diskutieren. Ich bitte Sie an dieser Stelle wie der Kollege Eggers, das nicht nur mit uns, sondern auch mit Ihren Kolleginnen der Bundestagsfraktion und der Bundesregierung zu diskutieren.

Das machen wir Grüne natürlich genauso, denn die Finanzierung eines solchen Rettungsschirms – da müssen wir ehrlich sein – wird am Ende nicht ohne Beteiligung des Bundes zu leisten sein. Eine solche Beteiligung wäre auch angemessen und sachgerecht, denn Stadtwerke gibt es nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern bundesweit. Sie sind genauso wie andere Unternehmen der Energiebranche bundesweit systemrelevant. Daher müssen Bund und Land sie auch gemeinsam schützen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mehr zum Thema

Kommunales