Velte: Arbeitnehmerfreizügigkeit ist Chance und Herausforderung

„Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist ein wichtiger Baustein europäischer Politik. Rumänien und Bulgarien sind seit sieben Jahren Mitglied der Europäischen Union, aber ihre Bürgerinnen und Bürger hatten bisher nicht die gleichen Rechte wie andere. Erst ab 2014 können sie wie heimische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig werden, sie können Dienstleistungen anbieten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Deutschland entsenden. Wir bekennen uns zu dieser europäischen Idee der Personen- und Arbeitnehmerfreizügigkeit. Zuwanderinnen und Zuwanderer sichern unseren Wirtschaftsstandort, die meisten bringen Qualifikationen mit, die in Deutschland und insbesondere auch in Nordrhein-Westfalen gebraucht werden. 

Für die oft geäußerte Angst vor der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänien und Bulgarien gibt es bisher keine ausreichende Begründung. Zum Vergleich: Es gab ähnliche Befürchtungen vor einer übermäßigen Zuwanderung, als für Polen die Beschränkungen wegfielen. Diese Ängste haben sich im Nachhinein als unbegründet erwiesen. In der öffentlichen Debatte über den Zuzug werden insbesondere Roma diskriminiert. Mit dem vielfachen Vorwurf, sie würden die Sozialsysteme unterwandern, werden alte rassistische Vorbehalte geschürt. Das verurteilen wir in aller Klarheit – auch vor dem Hintergrund deutscher Geschichte. Wir brauchen eine Versachlichung der Debatte. EU-Bürgerinnen und -Bürger haben ein Recht, hier zu sein. Die Zugewanderten aus prekären Verhältnissen machen nur einen geringen Teil der gesamten Wanderungsbewegungen aus. Unser Ziel muss es sein, diesen in Not geratenen Menschen zu helfen, Diskriminierung nicht zuzulassen, bei der Integration zu helfen und die Kommunen bei dieser Herausforderung zu unterstützen. Dafür brauchen wir auch die Unterstützung vom Bund. 

Unabhängig davon sind die Mitgliedstaaten in der Europäischen Union in der Pflicht, Maßnahmen vor Ort umzusetzen, die die Lebensumstände insbesondere der Roma verbessern. Ein von der Europäischen Kommission im Juni vorgelegter Bericht kam zu dem Ergebnis, dass die nationalen Strategien zur Integration der Roma nicht ausreichend sind. Alle 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich seitdem verpflichtet, eine Reihe von Empfehlungen umzusetzen, die von der EU-Kommission vorgeschlagen wurden. Rumänien und Bulgarien müssen ihren Worten Taten folgen lassen und die wirtschaftliche und soziale Integration der Roma beschleunigen.“