Schäffer: Rechtsextremismus bleibt größte Gefahr für unsere Demokratie

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Zum heute vorgestellten NRW-Verfassungsschutzbericht und Corona-Lagebild erklärt Verena Schäffer, Vorsitzende und innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion NRW:

„Der aktuelle Verfassungsschutzbericht zeigt, dass die größte Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft weiterhin vom Rechtsextremismus ausgeht. Die Anschläge der letzten beiden Jahre in Kassel, Halle und Hanau haben gezeigt, dass es eine ernstzunehmende rechtsterroristische Gefahr in Deutschland gibt.

Aus den Antworten auf meine Kleinen Anfragen wissen wir, dass es im Jahr 2020 einen deutlichen Anstieg der rassistischen, islamfeindlichen, antiziganistischen und flüchtlingsfeindlichen Straftaten gegeben hat, obwohl die Gesamtzahl der politisch rechts motivierten Straftaten leicht gesunken ist. Antisemitismus erfolgt aus allen Phänomenbereichen und aus der Mitte der Gesellschaft. Um das Dunkelfeld aufzuhellen, brauchen wir eine Dunkelfeldstudie Antisemitismus sowie die Meldestelle, die von der Landesregierung bereits seit anderthalb Jahren angekündigt wird. Dass sie nach derzeitiger Planung der Landesregierung erst zu Beginn des Jahres 2022 wirklich mit der Arbeit beginnen soll, ist mir nicht erklärlich – zumal die geplante Stelle die Betroffenen von Antisemitismus an Beratungsstellen vermitteln und damit auch eine wichtige Funktion des Opferschutzes wahrnehmen soll.

Es ist wichtig, dass der Verfassungsschutz zusätzlich zu den bekannten rechtsextremen Strukturen nun auch Entwicklungen im neuen Phänomenbereich ‚Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates‘ beobachtet. Diese Szene der sogenannten Corona-Leugner hat eine große Schnittmenge zum Rechtsextremismus. Hier trifft sich das gesamte rechtsextreme Spektrum, von ‚Die Rechte‘ bis zur ‚Identitären Bewegung‘, mit verschiedenen verschwörungsideologisch geprägten Akteuren bis hin zur Mitte der Gesellschaft. Wir müssen uns darauf einstellen, dass Verschwörungsideologien sich während der Pandemie verfestigt haben und eine dauerhafte gesellschaftliche Auseinandersetzung erfordern. Die Landesregierung muss in diesem Themenfeld weitaus mehr machen. Wir fordern unter anderem eine Beratungsstruktur, die Angehörige im Umgang mit Verwandten und Bekannten berät, die an Verschwörungsideologien glauben. Wir müssen versuchen unter anderem über solche persönlichen Kontakte diejenigen zu erreichen, die immer mehr ins Verschwörungsideologische abdriften, deren Weltbild aber noch nicht verfestigt ist.

Eine weitere ernstzunehmende Gefahr geht von Spionageaktivitäten ausländischer Staaten aus. Insbesondere der russische Nachrichtendienst versucht offenbar, die Wahlen in Deutschland zu beeinflussen. Laut Verfassungsschutzbericht waren 14 aktive und ehemalige Abgeordnete des Landtags NRW sowie einige kommunale Mandatsträger von einem Hackerangriff auf ihre privaten Mailkonten betroffen. Auch auf die Szene der ‚Corona-Leugner‘ versucht der russische Nachrichtendienst einzuwirken.

Der türkische Nachrichtendienst MIT hat insbesondere die türkeistämmigen Communities und Akteure im Fokus. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes muss er sich nicht einmal besonders bemühen, um an Informationen über Personen heranzukommen. Einige an den türkischen Staat angebundene Organisationen, wie die UID, die DITIB oder die ultranationalistischen ‚Grauen Wölfe‘ geben Informationen über ihre Netzwerke weiter. Wir dürfen nicht zulassen, dass einzelne Abgeordnete und bestimmte Parteien angegriffen werden. Diskreditierungsversuche sind ein Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat insgesamt. Die Betroffenen brauchen unseren Schutz und unser Solidarität.“