Gudrun Zentis: „Frühkindliche Bildung ist ein Thema mit hoher Priorität für uns.“

Antrag der Piraten-Fraktion zur Aufhebung Kooperationsverbot

Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Bildungsrepublik Deutschland realisieren – Kooperationsverbot aufheben“ – so haben Sie, die Piraten, Ihren Antrag genannt.
Als ich neulich mit dem Zug nach Hause fuhr, bekam ich eine Unterhaltung zweier Herren mit. Der eine schrieb Mails, der andere genoss die Fahrt, denn sein Hobby war Bahnfahren, wie er lautstark mitteilte. Dies konnte er auch ohne ständigen Aufruf der Verbindungen via Internet.
Seine Frage, was der Herr denn gegenüber alles so schreibe, wurde folgendermaßen beantwortet: Ich arbeite, ich schreibe Mails, und ich versende sie. – Erstaunt kam die Frage: Wer ist denn jetzt da, wer liest es, und wer arbeitet dann? – Dem Herrn gegenüber fiel die Erklärung sichtlich schwer, und bei dem anderen Herrn war nur Verwunderung festzustellen. Also: Total global vernetzte Wissensgesellschaft dauert noch. Wir sollten erfolgreich im Hier und Jetzt realistisch beginnen.
Sie beziehen sich in Ihrem Antrag, der das ganze Sortiment von Klein bis Groß und quer und rechts und links enthält, beginnend mit der frühkindlichen Bildung bis hin zu einem Hochschulangebot. Für uns Grüne ist es richtig und wichtig, dass man die Bildung umfassend von Klein bis ganz Groß für ein lebenslanges Lernen einbezieht. Frühkindliche Bildung ist ein Thema mit hoher Priorität für uns.
Deshalb hat Rot-Grün seit 2010 erhebliche zusätzliche finanzielle Fördermittel für den qualitativen und quantitativen Ausbau der Betreuungsplätze in der Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt. Mehrfach hat NRW wie auch andere Bundesländer gefordert, dass sich der Bund stärker an dem nötigen Ausbau, insbesondere der U3-Betreuung beteiligt. Mittlerweile ist schwach erkennbar, dass sich der Bund an Verabredungen des Krippengipfels 2007 und an die daraus resultierenden Verwaltungsvereinbarungen erinnert. Finanzielle Möglichkeiten hierzu hat der Bund.
300 Millionen € sind 2013 im Bundeshaushalt enthalten, im Jahre 2014 sogar 1,4 Milliarden € – allerdings für das Betreuungsgeld, für Familien, die Bildungseinrichtungen nicht nutzen und ihre Kinder zu Hause lassen. Das sind finanzielle Möglichkeiten, vertan mit einer Herdprämie, die sinnvoll und effektiv im Bildungswesen auch für frühkindliche Erziehung genutzt werden könnte.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie erwähnen in Ihrem Antrag auch die Ganztagsbetreuung. Wir sehen die offene wie auch die gebundene Ganztagsbeschulung gleichermaßen als Angebot für Bildung und die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen an, selbstverständlich mit einer guten Mittagsverpflegung – allerdings ist die Schulministerin nicht für den Speiseplan zuständig –, mit differenzierten Lerngruppen, mit der Integration von Hausaufgaben in Lernzeiten.
Sie wollen Lerngruppen verkleinern – ein hehres Ziel. Doch auch Ihnen dürfte klar sein, dass Klassengrößen von maximal 15 Kindern nicht realistisch sind. Selbst wenn es finanzierbar wäre, so sind die Lehrkräfte nicht vorhanden, um dies in der Verweildauer dieses Landtages zu beschließen.
Ihr Dauerbrenner in den Anträgen, die IT-Initiative, darf natürlich nicht fehlen. Selbstverständlich gehört die IT als Querschnittsaufgabe in das Lehrangebot. Das Ministerium unterstützt dies auch nachweislich mit der Medienberatung NRW. Schulen werden durch die Entwicklung zeitgemäßer Medienkonzepte unterstützt, und Hilfe wird auch den Schulträgern bei der kommunalen Medienentwicklungsplanung angeboten.
Mit „learn:line NRW“ steht ein Online-Angebot von 25.000 Lernmaterialien sowie kostenfreie Zugangsmöglichkeiten zu Online-Medien zur Verfügung – mit den dazugehörigen Lizenzen.
Ebenfalls verlangen Sie die vollständige Lernmittelfreiheit. Dies ist wie auch die IT-Ausstattung in Schulen Aufgabe des Schulträgers. Ich nehme nicht an, dass Sie unseren armen Kommunen noch mehr zumuten wollen. Somit müsste das Land die Kosten übernehmen. Einen Finanzierungsvorschlag haben Sie nicht unterbreitet, um Ihre Forderung als wirklich ernsthaft gemeint ansehen zu können. Aber vielleicht kann Ihnen derjenige, der sich mit Fragen zum Haushalt bei Ihnen meldet, hierzu noch die Antwort geben.
Auch die Hochschulpolitik ist in Ihrem Antrag inbegriffen. Es bleibt sicherlich noch viel zu tun; das ist unstreitig. Unstreitig ist ebenfalls, dass die finanziellen Möglichkeiten im Bund wie auch im Land begrenzt sind.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Kommen Sie bitte zum Ende, Frau Abgeordnete.
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Ja, ich komme zum Ende. – Dann müssen Sie sich auch ehrlich machen. Wenn Sie glaubhaft Politik machen wollen, dann zeigen Sie auf, was Sie besser können zum Wohl der Allgemeinheit, wo die Mittel sind, mit denen Ihre teilweise auch wünschenswerten Forderungen finanziert werden können.
Ich frage mich: Wie konnte Ihnen bei Ihrer Nutzung des Netzes entgehen – Frau Stotz hat es auch gesagt; oder vielleicht ist es Ihnen nicht entgangen –, …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Sie müssen jetzt bitte zum Ende kommen, Frau Abgeordnete.
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Zwei Sätze!
… dass NRW mit anderen Bundesländern bereits am 21.09.2012 einen erneuten Versuch im Bundesrat gestartet hat, das Kooperationsverbot aufzuheben? Wir sehen Ihren Antrag als die Willensbekundung an, die gute rot-grüne Bildungspolitik und Schulpolitik fortzusetzen, und sehen es als unterstützendes Zeichen der bereits erfolgten …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Abgeordnete, bitte!
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): … Bundesratsinitiative an.
(Andrea Asch [GRÜNE]: Das ist ihre erste Rede!)
Ihr Antrag ist somit richtig …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Das waren jetzt zwei Sätze. Frau Abgeordnete!
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): … und wichtig …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Abgeordnete!
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): … im eigentlichen Sinne.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Abgeordneter, darf ich kurz?
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Ja.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Jetzt darf ich kurz ums Wort bitten. Ich habe Sie zweimal gebeten – Ihre Redezeit ist gewaltig überzogen –, langsam zum Ende zu kommen. Seien Sie doch so nett, das zu tun.
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Das war der letzte Satz.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Dann bin ich froh. Danke.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Hans Christian Markert [GRÜNE]: Das war ihre Jungfernrede!)
Für die FDP-Fraktion erteile ich nun Frau Kollegin Gebauer das Wort. Bitte sehr.
(Zuruf von den PIRATEN: Das war ihre erste Rede! – Andrea Asch [GRÜNE]: Gehen Sie auch mit Ihrer eigenen Fraktion so um?)
Ich höre gerade, das war Ihre erste Rede. Entschuldigung, aber das ist uns hier nicht mitgeteilt worden.
Frau Kollegin, das war Ihre erste Rede im Plenum des Landtags. Dann darf ich Ihnen im Namen des gesamten Hauses sehr herzlich dazu gratulieren.
(Allgemeiner Beifall)