Bolte-Richter: Mobilfunkpakt ist ambitionsloser Minimalkompromiss

Pressemitteilung

Zur heute von Minister Pinkwart vorgestellten Zwischenbilanz zum Mobilfunkpakt erklärt Matthi Bolte-Richter, Sprecher für Digitalisierung der GRÜNEN Landtagsfraktion NRW: „Der Mobilfunkpakt von Minister Pinkwart und den Telekommunikationsunternehmen ist nichts weiter als ein ambitionsloser Minimalkompromiss. Noch immer gibt es 14.000 Funklöcher über bewohntem Gebiet, noch immer ist das Netz entlang der Autobahnen und Fernverkehrsstrecken der Bahn löchrig und noch immer ist die flächendeckende Versorgung mit LTE nicht erreicht. Die Mobilfunkbetreiber setzen lediglich die Verpflichtungen aus der Frequenzauktion 2015 um. Die Pflicht wird also durch die Netzbetreiber erledigt, für die Kür beim Ausbau hat auch Pinkwarts Mobilfunkpakt nicht gereicht.

Statt sich selbst zu loben, muss Pinkwart endlich wirksame Maßnahmen für die Zeit ergreifen, in der der Ausbau nicht mehr allein von den Unternehmen ohne sein Zutun gestemmt wird. Dafür brauchen wir keine PR-Zahlen, sondern einen koordinierten und kooperativen Ausbau durch die Netzbetreiber. Der Aufbau einer energieeffizienten und zukunftssicheren Glasfaserinfrastruktur muss mit dem Ausbau des Mobilfunks konsequent zusammen gedacht werden. Ich erwarte von Minister Pinkwart, dass er die Netzbetreiber weiter in die Pflicht nimmt, um die Qualität im LTE-Netz betreiberübergreifend zu verbessern.

Auch beim 5G-Ausbau darf man sich nicht von den vermeintlichen Wunderzahlen täuschen lassen. Die aktuell verfügbaren Geschwindigkeiten liegen noch weit hinter den Möglichkeiten des neuen Mobilfunkstandards zurück, wie wir sie für vernetztes Fahren oder die Smart Factory brauchen. Was derzeit von den Netzbetreibern ausgerollt wird, bringt nur eine graduelle Verbesserung zu 4G, insbesondere bei den Latenzzeiten.

Wir brauchen keinen ‚Mobilfunkpakt, der den Status Quo schönredet. Wir wollen einen Zukunftspakt, der einen klaren Rahmen für die digitale Infrastruktur der Zukunft schafft.“

Zum Hintergrund
Die Bundes­netz­agentur hat in der Zutei­lung der im Jahr 2015 verstei­gerten Frequenzen Auflagen gemacht, dass die Mobil­funk­netz­betreiber ab dem 1. Januar 2020 mindes­tens 98 Prozent der Haus­halte bundes­weit und 97 Prozent der Haus­halte je Bundes­land mit einer Mindest­daten­rate von 50 MBit/s pro Anten­nensektor zu versorgen haben. Über­dies sind die Haupt­verkehrs­wege voll­ständig (=100 Prozent) zu versorgen. Um den Bundesdurchschnitt von 98 Prozent der Haushalte zu erreichen, müssen dichtbesiedelte Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen höhere Versorgungsquote erreichen, um die niedrigere Quote in dünn besiedelten Ländern auszugleichen. Die im Mobilfunkpakt NRW festgeschriebenen 99 Prozent entsprechen daher lediglich den Versorgungsverpflichtungen aus der Frequenzversteigerung 2015. Gleiches gilt für die Hauptverkehrswege in NRW. Hier werden die Auflagen von den Mobilfunknetzbetreibern nicht erfüllt.
https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Allgemeines/Presse/Pressemitteilungen/2020/20200414_Versorgungsauflage.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Unter Latenzzeit versteht man die Zeit, die ein Datenpaket von einem Client (z.B. Smartphone-Nutzer) zum Zielserver (z.B. einer Website) und wieder zurück benötigt. Die Latenzzeit bei LTE liegt zwischen 15-80 Millisekunden. Bei 5G liegt die Latenzzeit zumindest theoretisch bei 1 Millisekunde und ist somit deutlich geringer als beim aktuellen Mobilfunkstandard. Diese geringe Latenzzeit ist insbesondere bei Echtzeitanwendungen wie dem autonomen Fahren oder bei Smart Factories zwingend notwendig. Bei den aktuellen 5G-Tarifen liegt die Latenzzeit allerdings deutlich darüber. Sie liegt zwischen 10-30 Millisekunden und ist damit selbst im Bestfall nicht wesentlich besser als bei LTE-Verbindungen. Dies liegt an der technologischen Umsetzung des aktuellen 5G-Rollouts. Dieser ist eher als Zwischenschritt zum echten 5G zu verstehen, weil er als sogenannter „non standalone“ auf die bestehende 4G-Infrastruktur aufgesetzt wird und sich im sogenannten „dynamic spectrum sharing“ Frequenzen teilt. Erst eine standalone Infrastruktur ermöglicht echtes 5G. Hierzu gibt es keine Planungen seitens der Landesregierung.
https://www.5g-anbieter.info/speed/5g-ping.html