Positionspapier zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk

Wir befinden uns in einer Zeit, in der demokratiefeindliche Akteure jede mögliche Chance nutzen, um Desinformationen und Fake News in der Gesellschaft zu verbreiten und das Vertrauen in die nach journalistischen Grundsätzen arbeitenden Medien zu diskreditieren. Zugleich sieht sich eine wichtige Säule der verlässlich recherchierten Berichterstattung – der Westdeutsche Rundfunk – mit harscher und an vielen Stellen ungerechtfertigter Kritik auch von demokratischen Parteien konfrontiert.

Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Nordrhein-Westfalens steht hinter dem Öffentlich Rechtlichen Rundfunk und insbesondere den Mitarbeitenden des WDR und dem WDR als unverzichtbarer Institution der öffentlichen Meinungsbildung, der Information und der politischen Bildung. Natürlich darf und muss über Fehler und Schwächen in der Programmgestaltung und in journalistischen Beiträgen gesprochen werden. Wir wenden uns aber gegen Kampagnen, in denen die Berechtigung des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks generell in Frage gestellt wird.

Unsere Position umfasst die folgenden Punkte:

  1. Der Öffentlich Rechtliche Rundfunk, und damit auch der WDR, ist ein elementarer Träger des demokratischen Diskurses in der Bundesrepublik Deutschland. Gründliche Recherchen, eine um Objektivität bemühte Berichterstattung und als solche gekennzeichnete Meinungsbeiträge über tagesaktuelle politische und gesellschaftliche Themen bilden eine fundierte Informationsgrundlage für die Bürger*innen und leisten einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung. Auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu Deutschland liegen Länder, in denen unabhängige Medien im großen Stil zensiert und gänzlich abgeschafft werden. Eine unabhängige journalistische Instanz wie der WDR ist ein Garant für unsere Demokratie.
  2. Um dem unabhängigen Informationsauftrag adäquat nachkommen zu können, muss sich auch der WDR stetig selbst modernisieren. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Reformbereitschaft des Westdeutschen Rundfunks. Ein moderner öffentlicher Rundfunk muss die Diversität der Gesellschaft widerspiegeln und medienübergreifend inklusiv berichten, um die Breite der Bevölkerung zuverlässig erreichen zu können. Nachwuchsförderung, etwa durch verstärkte Einbindung junger Absolvent*innen der entsprechenden Ausbildungen und Studiengängen, sollte ebenfalls ein fester Bestandteil der Produktionsplanungen werden. Neben Formaten und Inhalten wollen wir, dass im WDR-Rundfunkrat die gesellschaftliche Vielfalt unseres Landes besser abgebildet wird, ohne diesen zu vergrößern. Dabei müssen wir auch über die Zuständigkeiten des WDR Rundfunkrates sprechen.
  3. Bei jeglichem Reformbedarf sprechen wir uns entschieden gegen programmliche Verkleinerungen der Rundfunkanstalten aus. Ein breites Programmangebot bedeutet immer auch, einen breiten Teil der Bevölkerung erreichen zu können. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss eine Institution bleiben, die wirklich die Gesamtheit der Bevölkerung erreichen kann. Die Anstalten müssen dafür vor allem im Online-Bereich gestärkt werden. Es reicht längst nicht mehr, den Offline-Content eins zu eins in die sozialen Medien zu übertragen. Vielmehr braucht es eine gezielte Anpassung der Inhalte an die jeweiligen Kanäle. Die Bemühungen des WDR in diesem Bereich begrüßen wir ausdrücklich, sehen aber noch Potential bei den zielgruppengerechten Angeboten besonders für Kinder und Jugendliche.
  4. Wir unterstützen das Konzept der Staatsferne vollumfänglich. Staatsferne ist eine essentielle Voraussetzung für eine um Objektivität bemühte Berichterstattung und eine unabhängige Meinungsbildung in den Redaktionen. Politische Akteure dürfen keinen Einfluss auf Programmgestaltung und personelle Entscheidungen haben, um dieses wertvolle Gut nicht zu untergraben.
  5. Der ÖRR braucht die breite Akzeptanz der Bevölkerung. Unser Anspruch ist es daher, den ÖRR insgesamt inklusiv zu gestalten. Das beginnt bei Diversität durch alle Instanzen der Anstalten bis hoch in die Intendanz, bei stärkerer Barrierefreiheit der Informationsangebote für die gesamte Bevölkerung. Dies sollte sich auch in der 5. Novellierung des Medienstaatsvertrags wiederfinden.
  6. Es muss unser Ziel sein, die Rundfunkbeiträge für die Bürger*innen stabil zu halten. Möglichkeiten für Einsparungen sehen wir prioritär auf der Verwaltungsseite. Beispielsweise ließen sich bei den Organisationseinheiten kleinerer Sendeanstalten Synergieeffekte erzeugen, ohne gleichzeitig Einbußen in Programmvielfalt und -qualität mit sich zu bringen. Doppel- und Mehrfachberichterstattung von Live-Ereignissen sollte vermieden werden.
    Kritisch sehen wir ebenfalls den Bieterwettbewerb bei der Vergabe von Sportübertragungsrechten. Bei den Reformbemühungen sollten nicht zuletzt auch die Gehälter der Intendanzen in den Fokus rücken und angepasst werden.
  7. Der WDR als Teil der ÖRR soll und kann nicht mit privaten Sendern konkurrieren. Aufgabe des ÖRR ist es unter anderem die Lücken zu schließen, die durch kommerzielle Angebote nicht abgedeckt werden. Dabei sollte der WDR relevant im ganzen Bundesland sein. Dazu zählt ausdrücklich die regionale Berichterstattung, die Erreichung möglichst vieler sozialer, ethnischer, und Altersgruppen und natürlich das breite kulturelle Angebot des WDR.
  8. Ein zukunftsorientierter ÖRR muss auch Nachhaltigkeitsaspekte verstärkt in den Fokus rücken und gleichsam wie Aspekte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gewichten. Ein Vorbild kann hier der NDR-Staatsvertrag sein, in dem das Gebot der Nachhaltigkeit bereits erstmals explizit hinterlegt ist.

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