Nordrhein-Westfalen ist reich an Vielfalt – landschaftlich, kulturell und menschlich.

Rund 18 Millionen Menschen leben in unseren 396 Städten und Gemeinden. Hier wird sozialer Zusammenhalt gelebt und das Miteinander gestaltet. Vor Ort werden die großen Zukunftsfragen unserer Zeit konkret und Veränderung spürbar.

Damit alle Städte, Gemeinden und die 31 Kreise in Nordrhein-Westfalen ihre Zukunft eigenverantwortlich im Sinne der dort lebenden Menschen und im Sinne zukünftiger Generationen gleichermaßen lebenswert gestalten können, ist es unser Ziel, alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen wieder personell und finanziell handlungsfähig zu machen. Die Handlungsfähigkeit der Kommunen zeigt sich im Alltag der vor Ort lebenden Menschen.

Der Alltag der Menschen findet in den Quartieren, Vierteln und Dörfern statt. Sie sind entscheidend für die Lebensqualität und -verhältnisse ihrer Bewohner*innen. Sie müssen als Lebensraum für alle dort lebenden Menschen und alle Generationen gestaltet werden, sie stiften Identität und Gemeinschaft. Wald, Landwirtschaft und Kulturlandschaft sind prägende Elemente und Wirtschaftsfaktoren des ländlichen Raums und auch für städtische Bevölkerung Erholungsraum und Biodiversitätshotspots und tragen somit entscheidend zur Lebensqualität vor Ort bei. Zur Lebensqualität vor Ort gehören auch Kulturangebote. Da insbesondere die Kommunen Kultureinrichtungen betreiben, ist es für Kunst und Kultur in NRW essentiell, dass die Kommunen finanziell auskömmlich ausgestattet sind, um diese Angebote aufrecht erhalten und den notwendigen ökologischen Umbau unterstützen zu können.

Kommunen prägen die Lebenswirklichkeit unserer Kinder und Jugendlichen. Kitas und Ganztagsschulen spielen bei Bildung, Erziehung und Betreuung eine zentrale Rolle. In Jugendeinrichtungen, auf Spiel- und Bolzplätzen, im Sport oder bei den unterschiedlichen Vereinen kommen Kinder und Jugendliche mit Gleichaltrigen zusammen, spielen, schließen Freundschaften und erfahren Selbstwirksamkeit.

Kommunen prägen aber nicht nur Lebenswirklichkeit und Gemeinschaft, sie sind auch Orte, an denen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung konkret werden. Denn Klimaziele alleine sind noch kein Klimaschutz, erst vor Ort werden sie in Maßnahmen umgesetzt. Daher verstehen wir Klimaschutz und Klimafolgenanpassung als kommunale Daseinsvorsorge.

Wir sind dankbar für die Aufnahme von Geflüchteten durch unsere Kommunen und die Ehrenamtlichen in unserer Zivilgesellschaft. Wir sehen die großen Herausforderungen, vor denen die Kommunen bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten stehen. Wir wollen sie deshalb weiterhin bei dieser Aufgabe tatkräftig unterstützen, dieser humanitären Verantwortung gerecht zu werden.

Nordrhein-Westfalen ist ein Einwanderungsland. Wir sehen insbesondere den Staat in der Verantwortung, für Chancengerechtigkeit zu sorgen und ein Leben aller Menschen ohne Diskriminierung zu gewährleisten. Vielfalt ist unsere Stärke. Zuwanderung ist eine Chance, dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu begegnen. Auch deshalb ist es richtig, geduldeten Menschen, die bereits lange hier leben und längst Teil unserer Gesellschaft sind, eine dauerhafte Bleibeperspektive zu geben.

Die Kommunen sind auf engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen angewiesen. Dazu gehört auch eine angemessene Ausstattung und die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen. Ein digitalisierter Staat unterstützt3

Verwaltungen, indem er sie effizienter, effektiver, bürger*innennäher und wirtschaftsfreundlicher macht. Dabei entlastet Digitalisierung Mitarbeitende bei der Erledigung von Routineaufgaben und schafft in Zeiten von demographischem Wandel und Fachkräftemangel Freiräume für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen.

All diese Aufgaben – und noch viele weitere – leisten unsere Kommunen schon heute. Die kommunale Selbstverwaltung und das Subsidiaritätsprinzip, wonach lokale Angelegenheiten möglichst vor Ort entschieden werden sollten, sind für uns dabei ein hohes Gut.

Damit aber die Kommunen – egal ob städtisch oder ländlich geprägt – Orte sind, an denen die Menschen gut und gerne leben und an denen Demokratie und Selbstverwaltung gelebt werden können, müssen sie handlungsfähig sein. Da die Kommunen vor zahlreichen Herausforderungen stehen und dabei immer wieder auch Zielkonflikte in Einklang bringen müssen, wollen wir als GRÜNE Landtagsfraktion die Perspektive der Kommunen bei den sie betreffenden Themen immer einbeziehen. Unser Positionspapier kann dabei nur eine Auswahl aktueller Herausforderungen adressieren.

Vergangenheit bewältigen – Finanzielle Handlungsfähigkeit schaffen und erhalten

Viele Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen leben in Städten und Gemeinden, in denen die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse aufgrund langjähriger, meist einschneidender und schmerzhafter „Sparhaushalte“ längst infrage steht. So wurden nicht nur soziale und kulturelle Angebote gestrichen und Steuern sowie Abgaben erhöht: Gerade die von Altschulden betroffenen Städte und Gemeinden schieben einen Löwenanteil des milliardenschweren kommunalen Investitionsstaus in Infrastruktur und Daseinsvorsorge vor sich her. Hinzu kommen weitere dringend notwendige Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz, Klimaanpassung, Arten- und Umweltschutz, Bildung, Integration, Digitalisierung oder die Bewältigung des Fachkräftemangels.

Ein Schlüssel zur Überwindung der Abwärtsspirale aus strukturellen Haushaltsdefiziten, fehlender Handlungsfähigkeit und sinkender Lebensqualität, ist die Überwindung der hohen Verschuldung unserer Kommunen. Laut aktueller Zahlen von September 2022 summierten sich die Liquiditätskredite und liquiditätssichernden Anleihen der betroffenen Kommunen auf 19,65 Milliarden Euro. 300 unserer 396 Städte und Gemeinden sowie 21 der 31 Landkreise tragen diese Lasten längst vergangener Zeiten mit sich. Diese Zahlen verdeutlichen den steigenden Handlungsdruck in der ganzen Breite unseres Bundeslandes. Denn auf alle betroffenen Kommunen rollen rasant steigende Zinsbelastungen zu, die sich aus den über drei Jahrzehnte aufgehäuften Liquiditätskrediten ergeben. Damit rächt sich, dass die vergangene Niedrigzinsphase und die gleichzeitig sprudelnden Steuereinnahmen in der vergangenen Legislaturperiode nicht genutzt wurden, um den mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen begonnen Weg konsequent zu Ende zu gehen.

Um für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen wieder gleiche Chancen und Lebensverhältnisse zu gewährleisten, muss die Ampel in Berlin ihren Koalitionsvertrag umsetzen und in einer gemeinsamen, einmaligen Kraftanstrengung4

mit den betroffenen Ländern die Altschuldenfrage der Kommunen lösen. Wir erwarten, dass der Bundesfinanzminister mit den Ländern faire Verhandlungen führt, um die Kommunen substantiell zu entlasten. Wir erwarten auch von den anderen Bundesländern, dass sie einer solchen Altschuldenregelung im Bundesrat nicht im Wege stehen. Sollte der Bund seiner Verantwortung nicht nachkommen, werden wir selbst eine Lösung erarbeiten und einen Altschuldenfonds einrichten.

Wir setzen uns für kommunale Steuergerechtigkeit ein. Der Steuerumgehung durch die Schaffung von Briefkastenfirmen in Gewerbesteueroasen muss u.a. durch gezielte und intensive Kontrollen der Finanzverwaltung entgegen getreten werden.

Gegenwart gestalten – Lebenswerte Quartiere, Viertel und Dörfer für mehr Lebensqualität

Die Lebensqualität der Menschen zeichnet sich durch lebendige Quartiere, Viertel und Dörfer aus. Wir wollen deshalb eine inklusive, generationen- und geschlechtergerechte und kultursensible Quartiersentwicklung fördern, die einen wichtigen Teil der Daseinsvorsorge anbietet und Einsamkeit verhindert. Dazu gehören angemessener und bezahlbarer Wohnraum und ein Wohnumfeld für alle Generationen, eine gute Erreichbarkeit von Bildungsstätten, gute Pflege- und Unterstützungsangebote, bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung, Einkaufsmöglichkeiten für den alltäglichen Bedarf und Kulturangebote vor Ort.

Eine barrierefreie Kommune beschreibt wie zukunftsfähig Menschen vor Ort leben können und bietet Chancen für alle. Dabei geht es um mehr als abgesenkte Bordsteinkanten. Rollstuhlgerechte Spiel- und Sportlandschaften, Gestaltung von Wegebeziehungen und blindengerechte Informationsvermittlung machen soziale Quartiere aus. Mentale und soziale Barrierefreiheit zeigen sich etwa darin, wie die Nutzung öffentlicher Räume und das Gefühl von Sicherheit berücksichtigt wird. Neben dem Abbau baulicher und räumlicher Barrieren, setzen wir auf die Teilhabe aller Menschen an wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und Freizeitaktivitäten. Dazu gehört auch, dass sich alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter oder Hautfarbe in ihren Stadtteilen sicher und wohl fühlen.

In manchen Stadtvierteln und Quartieren, insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen, konzentriert und verfestigt sich Armut, oft einhergehend mit mangelhafter Infrastruktur, geringerer Lebens- und Wohnqualität. Wir wollen die Menschen in unserem Land sozial absichern und beim Weg aus der Armut unterstützen. Soziale Arbeit im Stadtteil und eine gute Vernetzung der sozialen Angebote durch Quartierbüros sind von hoher Bedeutung. Chancengerechtigkeit im Quartier entsteht auch durch bessere Mobilität und die bessere Ausstattung unserer Schulen. Mit Projekten der Stadterneuerung, dem Engagement bei sogenannten Problemimmobilien und bei der Förderung von öffentlichem Wohnraum leistet das Land Nordrhein-Westfalen die dringend notwendige Unterstützung für die Kommunen. Wichtig dabei ist Beteiligung statt Verdrängung. Partizipation in der Entwicklung des eigenen Umfeldes schafft Selbstwirksamkeit und Zusammenhalt im Stadtteil.

Die Bevölkerungsstruktur wird sich in Nordrhein-Westfalen sehr unterschiedlich entwickeln. Klar ist jedoch, dass in einer zunehmend alternden Gesellschaft, der5

ländliche Raum sich anderen Herausforderungen gegenübersieht, als urbane Räume. Um den Erfordernissen einer älter werdenden Gesellschaft gerecht zu werden, bedarf es auch in ländlichen Regionen leistungsfähiger Systeme der Versorgung des täglichen Bedarfs, aber auch medizinischer, pflegerischer und ergänzende Angebote, die durch neue Berufsbilder aufgefangen werden können. Das international anerkannte Berufsbild der „Community Health Nurses“ soll diesen besonderen Bedarf aufgreifen und bei der Versorgung gerade der älteren Menschen unterstützen. Zudem wollen wir Anlaufstellen mit ehren- und hauptamtlichen Kräften in Seniorenbeiräten, Seniorenbüros, Quartierbüros, Pflegestützpunkte fördern. Im Rahmen der Wohnraumförderung unterstützt das Land NRW auch Projekte wie „Jung kauft Alt“. Damit werden Immobilien im ländlichen Raum besonders attraktiv für junge Familien.

Kommunen bei der Aufnahme von Schutzsuchenden weiterhin unterstützen

Die Unterbringung und Integration von Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen stellt die Kommunen vor enorme Herausforderungen. Allein aus der Ukraine sind seit Beginn des Krieges schon mehr als 220.000 Geflüchtete nach Nordrhein-Westfalen gekommen. Wir stehen fest an der Seite der Kommunen, die aktuell bei der Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten erneut Herausragendes leisten. Klar ist, dass Migration und Teilhabe Querschnittsthemen sind, die alle Bereiche unseres Zusammenlebens, wie etwa gesundheitliche Versorgung, Bildung und Erziehung, durchziehen. Damit unsere Kommunen weiterhin handlungsfähig bleiben und den Menschen gute Teilhabechancen ermöglichen können, gilt es, gemeinsam mit allen politischen Ebenen und der Zivilgesellschaft solidarisch zusammenzuarbeiten. Das Land Nordrhein-Westfalen arbeitet mit den Kommunen daran, das Aufnahme- und Unterbringungssystem für Geflüchtete so zu gestalten, dass es nachhaltig und entlang menschenwürdiger Standards ausgerichtet ist, den Bedürfnissen der Schutzsuchenden gerecht wird und die Kommunen bestmöglich unterstützt.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Verteilung von Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen solidarisch und bedarfsgerecht erfolgt. Dazu wird das Land Nordrhein-Westfalen den Austausch notwendiger Informationen zwischen Landes- und Kommunalebene weiter verbessern sowie die Integrations- und Teilhabestrukturen in den Kommunen weiter stärken und verzahnen.

Die Integration findet in den Kommunen statt. Dies gelingt durch die Arbeit insbesondere in den Kommunalen Integrationszentren, Integrationsagenturen und einer großen Bandbreite an zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen. Damit ihre Arbeit noch besser miteinander abgestimmt werden kann, wollen wir das Kommunale Integrationsmanagement weiterentwickeln, Antragsverfahren vereinfachen und digitalisieren

Die verlässliche und nachhaltige Finanzierung für die Unterbringung, Integration und Teilhabe von Geflüchteten ist eine Herkulesaufgabe, die Bund, Land, Kommunen und Zivilgesellschaft nur gemeinsam stemmen können. Unser erklärtes Ziel dabei ist, dass die Kommunen zukünftig in der Lage sein müssen, Geflüchtetenunterkünfte vorzuhalten, sie bei Bedarf zügig hochzufahren und Betreuung sicherzustellen. Bei der Unterbringungen und Integration sehen wir den Bund in der Verantwortung, seine finanzielle Beteiligung zu verstetigen und zu erhöhen. Um die Kommunen in der gegenwärtigen Situation finanziell zu entlasten, stellt das Land NRW weitere 3906

Millionen Euro aus dem Sondervermögen “Krisenbewältigung” für die Kommunen zur Verfügung.

Der Zugang zu allgemeinen und berufsspezifischen Sprachkursen soll erweitert und flexibel gestalten werden. Darüber hinaus ist die Frage zu klären, in wieweit Online-Sprachkurse das bisherige Angebot ergänzen können, um auch in die ländlichen Regionen bedarfsgerecht Angebote bereitzustellen. Dass weitere zehn Millionen Euro für niedrigschwellige Angebote für Sprachgelegenheiten und zur Integration aus dem Sondervermögen für die Bewältigung der Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bereitstehen, war uns ein wichtiges Anliegen.

Wir wollen mittelfristig nachhaltige und auf Integration ausgerichtete Unterbringungseinrichtungen auf Landesebene schaffen, die Menschen früh auf ein Leben in Nordrhein-Westfalen vorbereitet. Die Landesunterbringungseinrichtungen dienen Geflüchteten als erste Ankunftsstation, bevor sie Kommunen zugewiesen werden. In diesen ersten Monaten sollen sie möglichst umfangreich auf ein selbständiges Leben in Nordrhein-Westfalen vorbereitet werden.

Beste Bedingungen für Kinder und Jugendliche vor Ort unterstützen

Viele Familien in Nordrhein-Westfalen sind auf wohnortnahe Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder angewiesen. Gerade für Eltern tragen sie dazu bei, Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Für die Kinder muss dabei weiterhin der Grundsatz „kurze Beine – kurze Wege“ gelten. Denn Kindertageseinrichtungen (Kitas) und Ganztagsschulen sind für sie nicht nur Orte, wo der Dreiklang von Bildung, Erziehung und Betreuung stattfindet. Mädchen und Jungen machen hier Erfahrungen fürs Leben, lernen Freund*innen kennen, entwickeln sich weiter.

Damit Kinder qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen flächendeckend erhalten, müssen die Kommunen in den Kita-Ausbau investieren und diesen voranbringen können. Daher ist es wichtig, dass das Land für die Finanzierung des Kita-Platz-Ausbaus derzeit ca. 40 Prozent der Investitionskosten zur Verfügung stellt. Neben dem Kita-Platz-Ausbau muss auch die Situation der Kindertagesbetreuung verbessert werden. Der Fachkräftemangel wirkt sich jetzt schon sehr stark auf den Alltag in den Einrichtungen aus und ist eine besondere Herausforderung für Kinder, Familien, Einrichtungen und Beschäftigte. Um die Fachkräfte in den Kitas zu entlasten und ausreichend Fachkräfte in den Einrichtungen zu beschäftigen, begegnet die Landesregierung dem Fachkräftemangel mit einer Fachkräfteoffensive. Mit dem „Sofortprogramm Kita“ hat die Landesregierung bereits erste, kurzfristige Maßnahmen eingeführt. Durch die Verlängerung des Kita-Helfer-Programms werden Fachkräfte in den Kitas entlastet. Auch durch die Übernahme des Sprach-Kita-Programms in die Landesförderung hält das Land Fachkräfte im System und sichert eine breit anerkannte Maßnahme der frühkindlichen Bildung. Wir werden uns dafür einsetzen, dass beide Programme fortgesetzt werden können.

Gegenwärtig stehen in Nordrhein-Westfalen rund 390.000 Plätze im Offenen Ganztag (OGS) zur Verfügung. Damit kann derzeit rund der Hälfte der Kinder im Grundschulalter ein Ganztagsplatz angeboten werden. Ab 2026 gilt stufenweise der Rechtsanspruch für Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern. In den nächsten Jahren müssen die Kapazitäten entsprechend verdoppelt werden. Dieser Ausbau an7

Ganztagsplätzen stellt die Kommunen vor weitere Herausforderungen. Es müssen Platzangebote geschaffen, Räumlichkeiten gefunden und Fachkräfte eingestellt werden. Neben der multifunktionalen Nutzung von Schulräumen und An- sowie Neubau von zusätzlichen Räumen wird die Mitnutzung von weiteren alternativen Räumlichkeiten den Platzbedarf decken. Wir sehen die Notwendigkeit, durch ein Förderprogramm zum Schulbau und ein Landesausführungsgesetz Standards flächendeckend in die Ganztagsbetreuung bringen.

Die Schaffung ausreichender Plätze für die Realisierung des Rechtsanspruchs auf Ganztag für Grundschulkinder muss verknüpft werden mit der qualitativen Ausgestaltung des Ganztags im Allgemeinen. Dazu gehört auch die Weiterentwicklung des Offenen Ganztags, um eine Rhythmisierung zu ermöglichen, genauso wie die Ermöglichung, dass Schulen in den verbindlichen Ganztag wechseln können. Das Modell der Familiengrundschulzentren ergänzt den Ganztag um Beratungs- und Unterstützungsleistungen der Jugendhilfe und anderer Dienste, zum Beispiel aus dem Gesundheitsbereich. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausbau muss sich am Sozialindex orientieren, d.h. Schulen an Orten mit vielfältigen Herausforderungen müssen prioritär in die Umsetzung kommen.

Auch geflüchtete Kinder haben einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Das Regelangebot der frühkindlichen Bildung kann von ihnen nicht so schnell genutzt werden, weswegen sogenannte Brückenprojekte niedrigschwellige Betreuungsangebote anbieten. Das Land fördert diese Brückenprojekte in den Kommunen weiterhin, um den Übergang für die Kinder in die frühkindliche Bildung zu erleichtern. Dazu werden im Rahmen des Sondervermögens weitere fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Noch immer werden junge Menschen gesamtgesellschaftlich zu wenig berücksichtigt. Dabei wollen Jugendliche ihr Lebensumfeld mitgestalten und mitwirken. Mit dem Aktionsplan „Jugendbeteiligung“ wird das Land Wege für mehr Beteiligung vor Ort aufzeigen und die Jugendbeteiligung in den Kommunen stärken. Dabei beteiligt die Landesregierung Jugendliche direkt und spricht mit ihnen statt über sie.

Junge Menschen brauchen Räume. Gerade in der Zeit der Pandemie waren Kinder und Jugendliche vom großen Einschränkungen ihrer Lern-, Lebens- und Entwicklungsräume betroffen. Das Land unterstützt die Kommunen dabei, soziale Infrastruktur und Jugendräume sicherzustellen und beteiligt sich an der Finanzierung von Jugendzentren, offenen Treffs und Abenteuer- bzw. Bauspielplätzen.

Kinder und Jugendliche sind die Zukunft und ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft. Sie haben ein Recht auf eine gleichberechtigte Teilhabe und ihre Bedürfnisse müssen gerade vor Ort immer mitgedacht werden.

Zukunft gewinnen – Klimaschutz als Chance für unsere Kommunen

Klimaziele werden in den Städten, Gemeinden und Kreisen konkret. Die Folgen des Klimawandels müssen von Dürreperioden bis hin zu Hochwasserereignissen bei der Planung mitgedacht werden. Das gilt insbesondere für eine wassersensible Stadtplanung, die den Folgen der Klimakrise gerecht wird. Zudem braucht es zum Beispiel kommunale Hitzeaktionspläne, um auch den gesundheitlichen Folgen der Klimakrise zu begegnen. Durch Klimaschutz und Klimafolgenanpassung kommen hohe Investitionsbedarfe auf die Kommunen in Nordrhein-Westfalen zu. Unser Ziel8

ist es, die Kommunen nicht mit diesen Investitionsaufgaben alleine zu lassen. Daher haben wir uns in der Koalition auf ein Investitionsprogramm für alle Kommunen verständigt. Damit wird das Land weitere finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um die dringend notwendigen kommunalen Investitionen dauerhaft abzusichern. Verbindendes Element dieser Kraftanstrengung müssen dabei Investitionen in Klimaschutz und Klimaanpassung in allen Bereichen der kommunalen Infrastruktur und Daseinsvorsorge sein – vom Kita- und Schulbau über die Energieversorgung und den Verkehr bis hin zu modernen und nachhaltigen Sport- und Kulturstätten und den Gewässer-, Hitze-, Tier- und Landschaftsschutz.

Der Umbau zu einer Energieversorgung auf Basis der Erneuerbaren Energien wird nicht nur in Bund und Ländern, sondern zu einem erheblichen Teil in den Kommunen vorangetrieben. Denn diese haben maßgeblichen Einfluss auf die Wärme- und Energieversorgung vor Ort. Für die Transformation der örtlichen Energieversorgung brauchen die Kommunen ausreichend Personal, Know-How und finanzielle Ressourcen. Veränderung kann manchmal überfordernd wirken. Daher ist es uns wichtig, die Transformation mit den Kommunen und den Menschen vor Ort gemeinsam zu gestalten.

Damit der Ausbau der Windenergie in den Kommunen noch schneller voranschreiten kann und mehr Flächen für Windenergie geöffnet werden, hat sich die Landesregierung bereits mit vielen Initiativen zur Beschleunigung von Genehmigungsprozessen, der Einrichtung einer Task Force Ausbaubeschleunigung, Planungshilfen und einem Erlass zum geltenden Landesentwicklungsplan auf den Weg gemacht. Im weiteren Prozess werden klare Flächenziele für die Regionen ausgegeben und aufwendige Flächennutzungsplanverfahren für die Windenergie in Zukunft nicht mehr notwendig sein.

Die Beteiligung von Bürger*innen und Kommunen am Ausbau der Erneuerbaren Energien zu unterstützen, ist uns ein Anliegen, um die Akzeptanz zu erhöhen und die Vorteile der regionalen Wertschöpfung zu nutzen. Dafür werden der Bürgerenergiefonds der NRW.BANK und ein unbürokratisches Bürgerenergiegesetz wichtige Impulse liefern.

Bestehende und neue Programme des Landes, die kommunale Investitionen fördern, müssen auf ihre Klimawirkung hin überprüft werden. Für uns ist es wichtig, dass Landesmittel zukünftig nur noch in Projekte fließen, die mit den Klimaschutzzielen vereinbar sind, die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern voranbringen und den Energieverbrauch insgesamt reduzieren. Durch gezielte Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienzprojekte können den Kommunen helfen, ihre Energiekosten zu senken und mittelfristig Einnahmen zu generieren. Daher haben wir im Koalitionsvertrag mit der CDU die Einführung eines Klima-Checks vereinbart.

Ein wesentlicher Baustein für mehr Umwelt- und Klimaschutz ist die Mobilitätswende – und die muss gerade auch vor Ort umgesetzt werden. Viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen machen sich bereits auf den Weg. Die Kommunen brauchen mehr Eigenständigkeit beim nachhaltigen Umbau des Straßenraums, Parkraumkonzepten und der Anordnung von Verkehrsregelungen wie Tempo 30. Gleichzeitig müssen sie finanziell und mit Know How beim Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur, Mobilstationen, Sharing-Systemen und der Umstellung auf Elektromobilität unterstützt werden. Die Förderprogramme müssen dafür deutlich vereinfacht werden. Mit dem Deutschlandticket findet bei Bus und Bahn eine Tarifrevolution statt. Sie muss auch begleitet werden von einem Angebotsausbau. Die Finanzierung eines besseren und wachsenden Angebots bei Bus und Bahn vor Ort9

wollen wir GRÜNE sicherstellen und den Kommunen die Möglichkeit zur Drittnutzerfinanzierung geben.

Auch beim Umbau der örtlichen Wärmeversorgung spielen die Kommunen eine zentrale Rolle. Der Wärmebedarf variiert von Ort zu Ort, der Weg zur klimafreundlichen Wärmeversorgung ist nicht überall derselbe – mal sind Wärmepumpen, mal Solarthermie und mal der Ausbau der Fernwärme die beste Lösung. Eine strategische Wärmeplanung hilft den Kommunen, passgenaue Lösungen zu erarbeiten und jetzt wichtige Weichenstellungen für die klimaneutrale Wärmeversorgung der Zukunft zu treffen. Doch gute Planung kostet Geld, darum wollen wir die Kommunen in den nächsten Jahren dabei finanziell unterstützen. Eine solche Förderung hilft insbesondere kleineren und mittleren Kommunen, die solche Planungen nur schwerlich allein finanzieren können.

 

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