Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts in Schulen – Wie sichert die Landesregierung die digitale Chancengleichheit bei Schülerinnen und Schülern?

Kleine Anfrage von Mehrdad Mostofizadeh und Sigrid Beer

Mehrdad Mostofizadeh

Am 19.05.2021 gaben Ministerpräsident Laschet und Schulministerin Gebauer bekannt, dass ab 31. Mai wieder voller Präsenzunterricht stattfinden solle, wenn die 7-Tage-Inzidenz in der jeweiligen Kommune stabil unter 100 liegt (https://www1.wdr.de/nachrichten/praesenzunterricht-in-nrw-noch-vor-den-sommerferien-100.html). Mit dieser Ankündigung endet laut Essener Jobcenter für Schülerinnen und Schüler auch der generelle Anspruch auf die Kostenübernahme von digitalen Endgeräten im Rahmen der Grundsicherung.

Bisher galt die Weisung der Bundesagentur für Arbeit vom 01.02.2021, rückwirkend zum 01.01.2021, dass nach §21 Abs. 6 SGB II ein Mehrbedarf in Höhe von bis zu 350 Euro für digitale Endgeräte (bspw. für Tablets oder Drucker) für die Teilnahme am pandemiebedingten Distanz-Schulunterricht erbracht werden könnte ( https://www.arbeitsagentur.de/datei/weisung-202102001_ba146855.pdf). „Soweit den betreffenden Schülerinnen und Schülern von ihrer jeweiligen Schule digitale Endgeräte nicht zur Verfügung gestellt werden, besteht ein einmaliger unabweisbarer besonderer Bedarf, der über den Regelbedarf hinausgeht.“(ebd.)

Eine weitere Gruppe, denen eine Benachteiligung bei der Beschaffung von digitalen Endgeräten droht, sind geflüchtete Schülerinnen und Schüler, die Grundleistungen nach dem AsylbLG beziehen. Für diese entfaltet die genannte Weisung der BA bisher keine Wirkung.

Aufgrund von Mutationen wie der Delta-Variante und der Tatsache, dass ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler noch nicht geimpft werden kann, ist weiterhin mit der Notwendigkeit von digitalem Unterricht zu rechnen. Daran knüpft sich die Frage an, ob die Entscheidung des Jobcenters Essen nicht verfrüht ist, keine Leistungen mehr für digitale Endgeräte zu gewähren. Solange die Schulen nicht selbst über genügend digitale Endgeräte verfügen, die sie an die Schülerinnen und Schüler ausgeben können, sollte dieser Anspruch im Hinblick auf gleiche Bildungsvoraussetzungen für bedürftige Schülerinnen und Schüler bestehen bleiben.

Auch unabhängig von der Corona-Pandemie, die die Schulen möglicherweise ein weiteres Mal in den Distanzunterricht zwingen könnte, ist es im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung sowie vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung mit der Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I zum Schuljahr 2021/2022 das Fach Informatik für die Klassen 5 und 6 der allgemeinen Schulen für verpflichtend erklärt hat, unabdingbar, mit Kindern in den Schulen einen aufgeklärten Umgang mit Handys und Tablets mit Internetzugang zu üben, um deren Funktionen und Möglichkeiten einsetzen zu können und

über datenschutzrelevante Fragen aufzuklären. Somit müssen digitale Endgeräte in Zukunft genauso zu dem Standardrepertoire von Schülerinnen und Schülern zählen, wie Schulbücher, Taschenrechner oder Hefte.

Über den DigitalPakt Schule bekommt die Stadt Essen für die Digitalisierung in Schulen 32,7 Millionen Euro. Diese Gelder müssen aber erst bis 2024 investiert sein. Mit dem Geld sollen neben der Einrichtung von WLAN in Schulen auch weitere Tablets für den Schulunterricht angeschafft werden (https://www.radioessen.de/artikel/digitalpakt-schule-in-essen-land-nrw-ueberreicht-foerdergelder-987427.html). Hierüber ist eine zeitnahe Versorgung aller Schülerinnen und Schüler noch nicht sichergestellt. Daher bedarf es zusätzlicher Unterstützung, gerade für Familien ohne oder mit nur sehr geringem Einkommen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Inwieweit verfügen alle Schülerinnen und Schüler in NRW über eigene oder geliehene digitale Endgeräte, die sich für den Gebrauch im Distanzunterricht eignen?
  2. Wie positioniert sich die Landesregierung zu der Entscheidung des Jobcenters Essen, keinen Anspruch mehr für digitale Endgeräte geltend zu machen?
  3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Handlungsweise der Jobcenter in den Kommunen in NRW in Bezug auf die Kostenübernahme von digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler im Leistungsbezug?
  4. Inwieweit fördern Bund und Land die Anschaffung von digitalen Endgeräten für geflüchtete Kinder und Jugendliche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz?
  5. Mit welchen konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung eine gleichberechtigte digitale Teilhabe von Schülerinnen und Schülern?