Wie wird die flächendeckende, digitale Kontaktpersonennachverfolgung sichergestellt?

Kleine Anfrage von Mehrdad Mostofizadeh und Matthi Bolte-Richter

Mehrdad Mostofizadeh

Laut Pressemitteilung des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 1. Juli 2021 fordert die Landesregierung per Erlass die Kommunen auf, den elektronischen Datenaustausch zwischen den Gesundheitsämtern bis zum 30. September 2021 zu ermöglichen. Es müssten die Sommermonate genutzt werden, um die digitale Kontaktpersonennachverfolgung flächendeckend sicherzustellen. Der Datenaustausch könne „unter anderem“ durch die Software SORMAS eXchange ermöglicht werden. Die Pandemie hätte gezeigt, wie wichtig eine schnelle und verlässliche Kontaktpersonennachverfolgung sei. Aber beim digitalen Datenaustausch werde noch Nachholbedarf gesehen.1 Bisher arbeiteten laut Pressberichten, die sich auf Aussagen von Minister Pinkwart berufen, nur zehn der 53 Kreisgesundheitsämter mit SORMAS eXchange. Kaum mehr als die Hälfte habe überhaupt die technischen Voraussetzungen zur Nutzung dieser neuen Software geschaffen.2

Minister Pinkwart hatte bereits im Februar 2021 mit einem solchen Erlass gedroht3. Dem Ausschuss für Digitalisierung und Innovation gegenüber erklärte er aber laut anwesenden Abgeordneten am 6. Mai4, er habe das nur mal angedeutet. Das wäre nur im Zweifel notwendig. Die Grundhaltung seines Ministeriums und des Gesundheitsministeriums sei es, mit den Gesundheitsämtern zu reden. Da, wo andere Softwaren der Gesundheitsämter die Funktionalität von SORMAS erfüllten, könnten diese ruhig weiter laufen. Der im Digitalministerium angesiedelte Chief Information Officer des Landes habe daraufhin gesagt, dass die kommunalen Softwarelösungen die Funktionen von SORMAS nicht leisten könnten. Gegenüber der Presse erklärte der Geschäftsführer des Städtetags Nordrhein-Westfalen, dass die kommunalen Eigenlösungen zum Teil Funktionen hätten, über die SORMAS nicht verfüge5.

Mit der nun erreichten Dominanz der Delta-Variante bei den Neuinfektionen, dem erneuten Anstieg der Inzidenzzahlen und dem Anstieg des R-Werts auf über 1 deutet sich eine Trendwende im zuletzt sehr geringen Infektionsgeschehen in Deutschland und Nordrhein-Westfalen an. Damit steigt der Druck auf verlässliche Lösungen, um die vierte Corona-Welle so gut wie möglich einzudämmen, damit die noch bis voraussichtlich Ende September andauernde Hauptphase der Impfkampagne abgeschlossen werden kann.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche Software wird bisher in welchen Gesundheitsämtern zur Kontaktpersonennachverfolgung tatsächlich genutzt? (Bitte differenzieren nach Anwendung und Nicht-Anwendung von SORMAS eXchange sowie welche Software alternativ eingesetzt wird)
  2. Welche Software welcher Gesundheitsämter erfüllt alle Funktionen von SORMAS eXchange? (Anbindbar für IRIS-Gateway, Digitaler Austausch personenbezogener Datensätze zwischen Gesundheitsämtern auch über Kreisgrenzen hinweg, Direkter medienbruchfreier Empfang digitaler Labormeldungen aus DEMIS, Synchrone Anbindung des digitalen Symptomtagebuches Climedo, Digitaler medienbruchfreier Transfer in die lokale SurvNet-Instanz, Erstellen eigener Vorlagen, wie Quarantänebescheide, Automatisierte Berechnung epidemiologischer Indikatoren, Management und Dokumentation von Ausbrüchen, Einrichtungen und Ereignissen, Automatisierte Visualisierung von Karten und Übertragungsketten, Dokumentation von Reisehistorien, Nachverfolgungsfunktion auch für Fälle und direkte Zuordnung zu Ereignissen, Import- und Exportfunktion aus bzw. in andere Datensysteme der Ämter, Duplikat-Erkennung bei der Eingabe und beim Import)
  3. Über welche Funktionen verfügt die Software einzelner Gesundheitsämter zur Kontaktpersonennachverfolgung, über die SORMAS eXchange nicht verfügt?
  4. Wie viele von wie vielen notwendigen Schnittstellen zwischen SORMAS eXchange und eigener Software der Gesundheitsämter wurden bereits programmiert?
  5. Welche konkrete Unterstützung erhalten Kommunen vom Land, um die von der Landesregierung gesetzte Frist einhalten zu können?

 

1 https://www.land.nrw/de/pressemitteilung/landesregierung-fordert-kommunen-auf-elektronischen-datenaustausch-zwischen

2 Neue Westfälische, 22.06.2021, Seite 7.

3 https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/corona-sormas-gesundheitsamt-digital-100.html

4 Das Protokoll zur Sitzung liegt noch nicht vor.

5 Rheinische Post, 01.07.2021, Seite 1.