Wie ernst nimmt die Landesregierung die Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr und den Beutelsbacher Konsens?

Kleine Anfrage von Sigrid Beer

2008 wurde zwischen der damaligen schwarz-gelben Landesregierung und dem Wehrbereichskommando der Bundeswehr ein Kooperationsabkommen geschlossen, das u.a. den Besuch von Jugendoffizieren in Schulen regelte. Gegen die damalige Fassung des Kooperationsabkommens gab es von verschiedener Seite Kritik: von Eltern- und Lehrerverbänden genauso wie von der LandesschülerInnenvertretung. Auch gab es Schulkonferenzbeschlüsse, das Kooperationsabkommen nicht umsetzen zu wollen. Ein Kritikpunkt war, dass das Abkommen nicht ausreichend den Beutelsbacher Konsens beachte, der in politischen Auseinandersetzungen zu Ausgewogenheit verpflichtet.
Nach der Wahl 2010 hat Rot-Grün das Kooperationsabkommen neu verhandelt und 2012 in veränderter Form geschlossen. Dabei wurde explizit ausgeführt, dass „gemäß Beutelsbacher Konsens das Kontroversitätsgebot und das Überwältigungsverbot zwingend zu beachten“ sind. Entsprechend wurde auch festgeschrieben, dass Jugendoffiziere nicht für Tätigkeiten innerhalb der Bundeswehr werben dürfen.
Entscheidend war der Hinweis, dass zu den politischen Diskussionen neben der Bundeswehr auch andere Sichtweisen zu Wort kommen sollen. So heißt es: „Jugendoffiziere der Bundeswehr können, wie auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Institutionen sowie Organisationen der Friedensbewegung, im Rahmen von schulischen Veranstaltungen Schülerinnen und Schüler über die zur Friedenssicherung möglichen Instrumente der Politik und die Aufgabenstellung der Bundeswehr informieren.“ Den Lehrkräften kommt hier eine besondere Verantwortung zu: „Bei diesen Veranstaltungen sind die verantwortlichen Lehrkräfte zu jeder Zeit durchgehend anwesend und für den Unterricht verantwortlich. Sie stellen sicher, dass unterschiedliche Institutionen und Organisationen gleichberechtigt und gleichgewichtig einbezogen und berücksichtigt werden.“ Um eine Vertretung der meist ehrenamtlich arbeitenden Organisationen zu erleichtern, hat das Land im Anschluss an das Kooperationsabkommen 30.000 Euro im Landeshaushalt zur Verfügung gestellt für Fahrtkosten und Aufwandsentschädigungen.
So bietet u.a. das Pädagogische Institut in Villigst der EKvW regelmäßig „Kurse zur Ausbildung für Friedensreferent*innen an Schulen“ an, die von Schulen eingeladen werden können.
Nun stellt sich die Frage, wie die sich aus dem Beutelsbacher Konsens geforderte Ausgewogenheit in der Praxis der Schulen wiederspiegelt. Zwar wird dem Schulausschuss des Landtages regelmäßig ein "Jahresbericht zur Umsetzung der Kooperationsvereinbarung" vorgelegt. Allerdings umfasst er nur den Bericht der Bundeswehr und keine Einschätzung seitens der Landesregierung. Aus den letzten Berichten wird aber schon ersichtlich, dass es wohl immer noch keine gängige Praxis ist, dass neben der Bundeswehr auch Organisationen der Friedensbewegung eingeladen werden. In zahlreichen Schulen scheinen die Regeln nicht bekannt zu sein oder aus unterschiedlichen Gründen nicht konsequent Beachtung zu finden.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung das Kontroversitätsgebot gemäß Beutelsbacher Konsens für schulische Veranstaltungen zur Friedenssicherung?
  2. In wie vielen Fällen wurden bei schulischen Veranstaltungen zur Friedenssicherung neben der Bundeswehr auch Vertreterinnen bzw. Vertreter von Organisationen der Friedensbewegung eingeladen?
  3. In wie vielen Fällen war bei schulischen Veranstaltungen zur Friedenssicherung nur die Bundeswehr vertreten?
  4. Inwieweit    werden    die    Schulleitungen    seitens    der    Landesregierung    über    das Kooperationsabkommen und die Bedeutung des Beutelsbacher Konsens informiert?
  5. Wie wird in der Lehrerausbildung das Thema behandelt?