Was will uns die Schulministerin Gebauer mit ihrer Neujahrsbotschaft für NRW (nicht) sagen?

Kleine Anfrage von Sigrid Beer

Schulministerin Yvonne Gebauer hat zum Jahreswechsel eine rund dreieinhalbminütige Videobotschaft auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht. Sie enthielt den verdienten Dank an alle Beteiligten, einen Rückblick auf 2019 und einen Ausblick auf 2020 sowie gute Wünsche für den Jahreswechsel. Auffällig war, was die Botschaft nicht enthielt. So wurde beim Rückblick auf das vergangene Jahr zwar die Umstellung auf G9 bei Gymnasien genannt, aber weder das Jubiläum der Grundschule (100 Jahre) noch der Gesamtschule (50 Jahre) erwähnt, die beide im letzten Jahr gefeiert wurden.
Insbesondere bei den Grundschulen ist die Enttäuschung groß. Denn schon 2017 wurde im Koalitionsvertrag ein Masterplan Grundschulen versprochen. 2018 gab es vollmundige Ankündigungen, dass ein solcher bis spätestens Ende 2018 vorgelegt werde. Bei der zentralen 100-Jahr-Feier der Grundschule in Dortmund am 12. November 2019 musste Schulministerin Gebauer einräumen, dass sie immer noch nicht das Landeskabinett für ihre Pläne für einen Masterplan Grundschule gewinnen konnte. Sie versicherte aber, dass das nun kurzfristig bis zum Ende des Jahres, diesmal 2019 (!), gelingen würde. In der Videobotschaft gab es nun kein Wort zur Erklärung, warum der Masterplan immer noch aussteht. Eine Perspektive für 2020 wurde sogar vermieden. Mit Verweis auf den Masterplan wurden die Grundschulen jedoch sowohl bei der Neuausrichtung der Inklusion wie bei den Talentschulen als Projekt gegen Bildungsbenachteiligung außen vor gelassen. Ohne den Masterplan bleiben die Grundschulen weiterhin ohne klare Perspektive. Der kurz vor Weihnachten verabschiedete Haushalt 2020 gibt ebenfalls keine Aussicht auf wirklich verbesserte Rahmenbedingungen.
Mit dem dürren Satz, man habe die Inklusion neu ausgerichtet, wird versucht, die Fehlsteuerung schmal zu verbrämen.
Denn ,mit der schwarz-gelben Neuausrichtung der Inklusion in der Sekundarstufe I werden nicht mehr alle Schulformen gleichermaßen in die Aufgabe eingebunden, sondern vor allem die integrierten Schulformen mit der Aufgabe belegt.
Das Versprechen einer ausreichenden Ressourcenausstattung und einer Begrenzung der Klassengrößen (25-3-1,5) hat sich aber als nicht belastbar erwiesen. Eine Klassengröße von 25 Schülerinnen und Schülern im zieldifferenten Lernen ist nicht verbindlich. Mancherorts sind es sogar mehr als 3 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf pro Zug. Häufig kann selbst der versprochene Zuschlag von 0,5 Stellen nicht besetzt werden, geschweige denn mit Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen. Die Klagen der Schulen, die sich auf das Versprechen verlassen haben, waren in 2019 überall in NRW deutlich zu vernehmen. Ministerin Gebauer aber verwies in ihrer Neujahrsbotschaft lediglich darauf, dass die Neuausrichtung umgesetzt worden sei. Hier fehlt offenbar die Realitätswahrnehmung sowie eine klare Aussage, wann die versprochenen Rahmenbedingungen und Ressourcenausstattung denn bei den Schulen Wirklichkeit werden.

Der einzige Punkt, den Ministerin Gebauer für 2020 ankündigte, ist die „Fertigstellung der Agenda für berufliche Bildung“. Aber auch hier blieb sie unkonkret und unambitioniert. Dafür, dass die Agenda nach den Worten von Ministerin Gebauer vor der Fertigstellung steht, fehlten klare Ansagen, was die Agenda bringen wird, welche Antworten zu erwarten sind. Denn die Aufgaben sind ausreichend im vergangenen Jahr von verschiedener Seite thematisiert worden: So hat die berufliche Bildung spezifische Probleme, Lehrkräfte zu gewinnen, auf die auch das von Ministerin Gebauer angesprochene 3. Maßnahmenpaket zur Lehrergewinnung keine Antworten gibt. Technische Lehrkräfte, Fach- und Werkstattlehrkräfte müssen gezielt gewonnen und qualifiziert werden. Ihre Tätigkeit muss attraktiver gestaltet sein und ihnen müssen Laufbahnperspektiven eröffnet werden. Eine Stärkung der beruflichen Bildung ist ohne eine verbesserte personelle Ausstattung nicht effektiv zu erreichen, zumal das Berufskolleg die Schulform ist, bei der die strukturelle Unterversorgung (Kienbaumlücke) am größten ist.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.           Welche verbindliche Zusage an Unterstützung und Ressourcen hat die Landesregierung für die Grundschulen, die seit über zwei Jahren auf die versprochenen Verbesserungen warten?
2.           Wann ist mit der umfänglichen Umsetzung der Formel 25-3-1,5 für die Schulen, die das Gemeinsame Lernen durchführen, zu rechnen?
3.           Wann ist mit der Fertigstellung der Agenda berufliche Bildung zu rechnen?
4.           Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zur Gewinnung, Laufbahnattraktivierung und Qualifizierung von Technischen, Fach- und Werkstattlehrkräften?
5.           Wie lauten die Ergebnisse der Abfrage der Bezirksregierungen zum Einsatz von Werkstattlehrkräften?