Warum will die Landesregierung die Vorgaben des Public Corporate Governance Kodex des Landes Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit der Bestellung von Friedrich Merz in den Aufsichtsrat des Flughafen Köln/Bonn (FKB) und der Wahl in dessen Vor-sitz ausmerz

Kleine Anfrage von Horst Becker und Arndt Klocke

Der von der schwarz-gelben Landesregierung NRW für den Aufsichtsratsvorsitz des Flughafen Köln/Bonn (FKB) vorgesehene Friedrich Merz ist auch Aufsichtsratsvorsitzender bei Blackrock Deutschland und der HSBC Deutschland.
Auf der Homepage der Finanzverwaltung NRW ist auch ein Bericht über den „Public Corporate Governance Kodex des Landes Nordrhein-Westfalen“ zu finden. Hingewiesen wird darauf, dass es sich um ein „Regelwerk zur guten und verantwortungsvollen Führung von Unternehmen mit Landesbeteiligungen“ handelt. Ausgeführt wird weiterhin: „Bereits 2013 hat die nordrhein-westfälische Landesregierung einen Public Corporate Governance Kodex beschlossen. Er richtet sich insbesondere an Unternehmen, an denen das Land Nordrhein-Westfalen unmittelbar oder mittelbar mit mindestens 25 Prozent beteiligt ist.
Gute Unternehmensführung und -überwachung, Steigerung der Transparenz und der Kontrolle sind für öffentliche Unternehmen genauso wichtig wie für private. Finanziert sich das Unternehmen zu wesentlichen Teilen aus öffentlichen Mitteln oder trägt die öffentliche Hand das Unternehmensrisiko, kommt dem Informationsanspruch darüber hinaus ein besonderer Stellenwert zu.
Der beschlossene Public Corporate Governance Kodex des Landes (der Kodex) wird als Maß- stab guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung und Kontrolle verstanden. Er wurde auf der Grundlage des Deutschen Corporate Governance Kodex erarbeitet und stimmt in Absprache mit dem Bund zum Inhalt und den Formulierungen mit dem Public Corporate Governance Kodex des Bundes weitgehend überein.
Der Kodex soll insbesondere dazu dienen:

  • Standards für das Zusammenwirken aller Beteiligten auf Seiten des Landes und der Beteiligungsgesellschaften festzulegen und zu definieren,
  • eine effiziente Zusammenarbeit zwischen dem Überwachungsorgan und der Geschäftsleitung zu fördern und zu unterstützen,
  • den Informationsfluss zwischen Beteiligungsunternehmen und -verwaltung zu verbessern, um die Aufgabenerfüllung im Sinne eines Beteiligungscontrollings zu erleichtern,
  • das öffentliche Interesse und die Ausrichtung der Unternehmen am Gemeinwohl durch eine Steigerung der Transparenz und Kontrolle abzusichern,
  • durch mehr Öffentlichkeit und Nachprüfbarkeit das Vertrauen in Entscheidungen aus Verwaltung und Politik des Landes als Anteilseigner bzw. Beteiligter zu erhöhen.

Ziel ist es, die Unternehmensführung und -überwachung transparenter und nachvollziehbarer zu machen und die Rolle des Landes als Anteilseigner klarer zu fassen. Zugleich soll das Bewusstsein für eine gute Corporate Governance erhöht werden.“
Die Landesregierung teilte der Presse ausweislich einer Berichterstattung der Kölnischen Rundschau vom 24.11.2017 auf Seite sechs mit, dass Ausnahmen von den Vorgaben des
„Public Corporate Governance Kodex des Landes Nordrhein-Westfalen“ möglich seien und begründet dies mit einer besonderen wirtschaftlichen Sachkenntnis, die geeignet sei, die Belange des Flughafens im Sinne aller Gesellschafter zu vertreten.
Dies ist aus Sicht der Unterzeichner schon wegen des Aufsichtsratsvorsitzes bei Blackrock Deutschland in Frage zu stellen. Dem Vernehmen nach hält Blackrock fünf Prozent Anteile am Fraport. Des Weiteren werden Anteile aller Dax-Unternehmen und aller namhaften Dow-Jones Unternehmen gehalten – mithin liegt nahe, dass auch Anteile an Lufthansa und UPS gehalten werden. Nicht auszuschließen ist, dass auch solche Anteile wie die am Fraport über reine Indizes gesteuerten Fonds, sogenannte ETF-s, hinausgehen und somit ein klarer Interessenskonflikt vorliegt. Dies umso mehr, als bei früheren Debatten über Veräußerungen der Bundesanteile am FKB Lufthansa und UPS genauso wie Fraport als mögliche Interessenten im Gespräch waren.
Gerade solche potentiellen Erwerber hätten aber zuvorderst Interesse an Nachtflugmöglichkeiten und würden sich im Zweifelsfall durch eine Nachbesserungsklausel zusichern lassen, dass bei jeglicher Einschränkung dieser Möglichkeit, also auch mehr Lärmschutz durch Beschränkungen oder weitere Lärmschutzmaßnahmen, Teile des Kaufpreises zurückzuzahlen sind. Dies hätte Rückwirkungen auf die Möglichkeit, weitere Lärmschutzmaßnahmen durchzusetzen, und entzöge so den Parlamenten von Bund und Land sowie dem Kölner Stadtrat faktisch solche Möglichkeiten.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie begründet die Landesregierung angesichts der Anteile von Blackrock und den Veräußerungsplänen von Gesellschaftern des FKB ihre offensichtlich vorhandene Auffassung, bei der Bestellung von Friedrich Merz zum Aufsichtsratsvorsitzenden des AR des FKB wäre eine Ausnahme sinnvoll?
  2. Wer hat wann unter Heranziehung welcher Abwägungen die Entscheidung über eine in diesem Fall als sinnvoll anzusehende Ausnahme von dem „Public Corporate Governance Kodex des Landes Nordrhein-Westfalen“ getroffen? (Bitte genaue Angabe des Abwägungsprozesses mit den wann beteiligten Personen und Institutionen.)
  3. Mit welchen Vertreterinnen und Vertretern des Bundes bzw. der Bundesregierung wurden wann welche Gespräche über die Berufung von Friedrich Merz zum Aufsichtsratsvorsitzenden des AR des FKB geführt? (Bitte genaue Angaben der Daten und Teilnehmerinnen und Teilnehmer solcher Gespräche.)
  4. Welche Gespräche von Mitgliedern der Landesregierung oder der Staatskanzlei wurden mit Friedrich Merz über Privatisierungsabsichten – eines oder mehrerer Gesellschafter des FKB – vor der Entscheidung der Landesregierung über seine Berufung zum Aufsichtsratsmitglied und der Absicht zur Wahl als Aufsichtsratsvorsitzender des AR des FKB geführt?
  5. Welche weiteren Ausnahmen vom „Public Corporate Governance Kodex des Landes Nordrhein-Westfalen“ hat die Landesregierung geplant oder gestattet?