Warum verschweigt die Landesregierung offensichtlich wider besseren Wissens die Einnahmeverluste, die mit der geplanten Einführung eines Freibetrags bei der Grunderwerbsteuer verbunden wären?

Kleine Anfrage von Monika Düker

Mehrdad Mostofizadeh

Der Koalitionsvertrag der Schwarz-Gelben Landesregierung sieht vor, eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Freibetrages bei der Grunderwerbsteuer in Höhe von 250.000 Euro pro Person für selbstgenutztes Wohneigentum zu starten. Dabei sollen Kinder berücksichtigt werden.
Anfang September hat die Landesregierung den Antrag „Einführung eines Freibetrags für selbst genutztes Wohneigentum im Grunderwerbsteuerrecht“ in den Bundesrat eingebracht, der am 22. September bei der Sitzung des Bundesrates beraten wird. Darin wird der Bund aufgefordert, einen Gesetzentwurf einzubringen, der eine Freibetragsregelung bei der Grunderwerbsteuer für den Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum und von unbebauten Grundstücken durch natürliche Personen vorsieht. Der Freibetrag soll dabei auf einen Höchstwert pro erwerbender Person begrenzt und Kinder entsprechend berücksichtigen werden. Von einer Höhe des Freibetrages von 250.000 Euro, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ist in der Bundesratsinitiative nicht mehr die Rede. Darüber hinaus fordert die Landesregierung eine
„angemessene Beteiligung“ des Bundes an den durch die Begünstigung entstehenden Einnahmeausfällen für die Länder.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage (Drs. 17/468) konnte der Finanzminister auf die Frage, in welcher Höhe für den Landeshaushalt Mindereinnahmen durch die Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer anfallen würden, keine Antwort geben und verwies lapidar auf die Abhängigkeit der Höhe der Mindereinnahmen von der konkreten Ausgestaltung der Freibeträge bzw. von einer etwaigen Beteiligung des Bundes.
In einer öffentlich zugängigen Studie von Februar dieses Jahres für die FDP Fraktionsvorsitzendenkonferenz hingegen werden durch das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln die Einnahmeausfälle für verschiedene Gestaltungsmodelle der Grunderwerbsteuer sehr konkret berechnet. Verglichen werden die Steuermindereinnahmen für Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2015
Wäre die Grunderwerbsteuer wieder auf 3,5 Prozent gesenkt worden,
Wäre ein allgemeiner Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro eingeführt worden und
Hätte es einen Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro für den Ersterwerb von Immobilien gegeben.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass bei einem realisierten Steueraufkommen von 2, 534 Mrd. Euro bei einer Senkung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent 1,169 Mrd. Euro Mindereinnahmen (46 Prozent) angefallen wären. Für den Reformvorschlag der Einführung eines allgemeinen Freibetrages in Höhe von 100.000 bei einem Steuersatz von 6,5 Prozent wären 1,286 Mrd. Euro Mindereinnahmen (51 Prozent) und im Fall eines geltenden Freibetrages von
500.000 Euro für den Neuerwerb von Wohneigentum bei einem Steuersatz von 6,5 Prozent wären 1,048 Mrd. Euro Mindereinnahmen (41 Prozent) angefallen. Folglich wären für das Jahr 2015 unabhängig von der Wahl des Modells für eine Senkung der Grunderwerbsteuer rund 40 bis 50 Prozent der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer für den Landeshaushalt weggebrochen.
Für das Jahr 2017 wird mit Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer in Höhe von 2,8 Mrd. Euro gerechnet. Ein Einnahmeausfall in der vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln beschriebenen Größenordnung hätte folglich drastische Konsequenzen für die Einnahmesituation des Landes Nordrhein-Westfalens.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wurden die Berechnungen des Institutes der Deutschen Wirtschaft Köln der Landesregierung durch den Fraktionsvorsitzenden der FDP Fraktion, Christian Lindner als Auftraggeber der Studie „Reform der Grunderwerbsteuer“ vom 3. Februar 2017, der Landesregierung zur Verfügung gestellt?
  2. Inwiefern bedeutet die Nichtnennung der angestrebten Höhe des Freibetrages in der Bundesratsinitative „Einführung eines Freibetrags für selbst genutztes Wohneigentum in Grunderwerbsteuerrecht“ vom September diesen Jahres die Abkehr der Landesregierung vom im Koalitionsvertag erklärten Ziel, Freibeträge in Höhe von 250.000 Euro pro Person einzuführen, zugunsten anderer möglicher Modelle zur Senkung der Grunderwerbsteuer?
  3. Wie berechnet die Landesregierung auf Grundlage der Studie die zu erwartenden Einnahmeausfälle bei Realisierung des Koalitionsmodells mit einem Freibetrag in Höhe von 250.000 Euro?
  4. Wie werden die dadurch entstehenden Mindereinnahmen für die Kommunen und für das Land kompensiert?
  5. Was ist für die Landesregierung eine „angemessene Beteiligung“, zu der sie die Bundesregierung in ihrem Bundesratsantrag (Drs. 622/17) auffordert?

Monika  Düker          Mehrdad Mostofizadeh