Wann hat die Landesregierung das „Kooperationsprinzip“ gegenüber der Firma Tönnies beendet?

Kleine Anfrage von Mehrdad Mostofizadeh, Johannes Remmel und Norwich Rüße

Portrait Norwich Rüße
Mehrdad Mostofizadeh

Laut eines Schreibens des Bürgermeisters der Stadt Rheda-Wiedenbrück hat es zwischen der Landesregierung und dem Kreis Gütersloh Verabredungen darüber gegeben, die Fleischproduktion der Firma Tönnies als systemrelevant einzustufen und infolgedessen nicht auf die Durchsetzung aller Corona-Schutzmaßnahmen in der Firma zu dringen. In dem Schreiben heißt es wörtlich: „Der Kreis Gütersloh und das Land NRW haben in Abstimmung festgestellt, dass Tönnies einen Versorgungsauftrag als Unternehmen mit kritischer Infrastruktur hat, was dazu führt, dass nicht an allen Stellen der Mindestabstand gewährleistet werden kann, um die notwendige Produktion fortzusetzen. Der Schutz der Mitarbeitenden wird, so Tönnies, aber auch unter diesen Voraussetzungen bestmöglich gewährleistet.“
(https://gruene-rheda- wiedenbrueck.de/userspace/NW/ov_rheda_wiedenbrueck/Presseartikel/20200504_Antwort_Frakt._B9 0_Die_Gruenen_Toennies_Schutzmassnahmen.pdf).
In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass die Antworten durch die Firma Tönnies vorgeklärt worden sind.

Gesundheitsminister Laumann führte in der Fragestunde (http://landtag/home/aktuelles-presse/parlaments-tv/video.html?kid=55ae203d-6379-453b-8a4b- c752dd58a605&t=24023) am 24.06.2020 im Landtag in Bezug auf die Firma Tönnies aus: „Ich habe bewusst nicht das Gespräch mit Tönnies gesucht. Ich habe mit Herrn Tönnies nach den Fleischproblemen in Coesfeld zweimal telefoniert; er hat mich angerufen. Einmal war er bei mir im Büro. Das war aber nach dieser großen Kontrollaktion im Jahre 2019. Ich habe das auch deswegen nicht gemacht – er hat darüber hinaus auch nicht versucht, mich anzurufen, um das auch zu sagen –, weil mir ganz wichtig ist, dass ich in diesem Zusammenhang nicht in einen engeren Zusammenhang mit den Unternehmensinhabern gebracht werde.“

Ministerpräsident Laschet hingegen betonte in der Pressekonferenz am 30.06.2020: „Die Zeit, dass man da kooperiert, da es möglicherweise in der Vergangenheit mal der Fall gewesen sein mag, ist vorbei. Hier wird jetzt streng nach Recht und Gesetz verfahren.“ (https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/laschet-entkanzlert-100.html)

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1.         Welche Sachverhalte lagen der Aussage des Ministerpräsidenten in der Pressekonferenz vom 30.06.2020 „Die Zeit, dass man da kooperiert, […] ist vorbei.“ zugrunde?

2.         In welchen konkreten Verabredungen ist das „Kooperationsprinzip“ in Bezug auf die Firma Tönnies zur Anwendung gekommen?

3.         In welchen konkreten Verabredungen ist das „Kooperationsprinzip“ mit weiteren Unternehmen und Institutionen zur Anwendung gekommen?

4.         Bezüglich welcher Sachverhalte wird die Landesregierung zukünftig Recht und Gesetz anwenden statt nach dem „Kooperationsprinzip“ zu verfahren?

5.         Hat die Anwendung des „Kooperationsprinzips“ gegenüber der Firma Tönnies dazu geführt, dass die Firma Tönnies nun berechtigte Hoffnung hat, nach Recht und Gesetz Anspruch auf Lohnkostenerstattung nach der Festlegung der Quarantänemaßnahmen zu bekommen?