I. Ausgangslage
Das Corona-Virus hat unser aller Leben in den vergangenen beiden Jahren bestimmt – familiär, gesellschaftlich, beruflich, wirtschaftlich und privat. Viele Menschen hatten Angst um ihre Angehörigen, vor allem um ältere und erkrankte Menschen. Und auch für diejenigen, die keine Verluste zu beklagen hatten, führte die Pandemie zu einschneidenden Kontaktbeschränkungen bis in den engsten familiären Bereich hinein. Kitas und Schulen mussten geschlossen werden, Angehörige durften ihre engsten Familienmitglieder in Kranken- und Pflegeeinrichtungen nicht besuchen, große wirtschaftliche Schäden wurden durch den Staat abgefedert, Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Doch die Menschen in unserem Land haben zusammengehalten und diese Herausforderungen gemeinsam bewältigt. Große Teile der Bevölkerung haben gelernt, mit dem Virus zu leben. Jeder hat einen Weg finden können oder auch müssen, sich und sein Umfeld zu schützen.
Auch die staatlichen Ebenen haben ihr Instrumentarium zur Pandemiebekämpfung weiter optimieren und verbessern können. Dem für Gesundheit zuständigen Ministerium ist es gemeinsam mit dem überaus engagierten Einsatz des medizinischen und pflegerischen Personals – oft weit über die eigene Leistungsgrenze hinaus – gelungen, das Gesundheitssystem in Nordrhein-Westfalen jederzeit zu stabilisieren.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben durch ihr umsichtiges Verhalten und ihre Bereitschaft, sich impfen zu lassen, einen wesentlichen Beitrag zur effektiven Pandemie-Bekämpfung geleistet. Beim Impfen hat sich Nordrhein-Westfalen im Ländervergleich immer in der Spitzengruppe befunden. Die Impfung gibt Millionen Menschen einen effektiven Schutz vor einem schweren Verlauf und rettet so Leben.
Unmittelbar nach der Regierungsbildung hat die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN bereits erste gute wie vorausschauende Maßnahmen vorgestellt, damit im Bereich Schule und Kita nach den Sommerferien ein wirkungsvoller Schutz vor einem exponentiellen Anstieg der Infektionen gewährleistet werden kann und Kinder und Jugendliche sowie die Familien nicht erneut die Leidtragenden der Pandemie werden.
Die Entwicklung der Infektionszahlen in den Sommermonaten macht ein effektives Krisenhandeln für den Herbst unumgänglich. Zurzeit sind die Infektionszahlen zwar weiterhin hoch, doch die Anzahl der schweren Verläufe erfreulicherweise niedrig. Dies ist jedoch nur eine Momentaufnahme. Das Corona-Virus wird nicht mehr verschwinden, die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, ihre Entwicklung nicht vorhersehbar. Es gilt, das Beste zu hoffen, aber auf das Schlimmste vorbereitet sein. Eine Normalisierung im gesellschaftlichen Leben muss immer mit einer konsequenten Vorsorge auf mögliche kritische Entwicklungen der Corona-Pandemie einhergehen.
Es ist wichtig, die Impfquote und die Auffrischungsimpfungen mit Blick auf den bevorstehenden Herbst und Winter weiter zu erhöhen. Denn die Impfung bleibt das effektivste Mittel der Corona-Pandemiebekämpfung.
Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre hat es für die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN Priorität, dass Bildungs-, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen – soweit möglich – nicht mehr geschlossen werden. Weiterhin im Fokus bleiben natürlich die drei Ziele: Schutz vulnerabler Gruppen, Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems und Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur.
Wir begrüßen daher sehr die Zusage der zuständigen Familienministerin, dass die Kita-Eltern bis zu den Herbstferien künftig zwei Tests pro Woche erhalten, um ihre Kinder bei Corona-Symptomen zu Hause testen zu können. Dies unterbricht Infektionsketten und gibt den Beteiligten Sicherheit. Mit der Verlängerung des sehr erfolgreichen Alltagshelfer-Programms entlastet das Land zudem die pädagogischen Fachkräfte bei vielen Infektionsschutzmaßnahmen und im Alltag.
Ebenso begrüßen wir, dass die Schulministerin als eine ihrer ersten Amtshandlungen einen Corona-Koordinierungsstab berufen und bereits zwei Wochen vor dem Schulstart ihre Maßnahmen zum Umgang mit dem Coronavirus vorgestellt hat. Die Schulen waren kein Infektionstreiber, und das soll so bleiben. Daher ist es gut, dass alle Schülerinnen und Schüler am ersten Schultag die Möglichkeit hatten, sich an der Schule mit einem Antigenselbsttest zu testen und weitere Tests für zu Hause erhalten haben. So konnte die Schule nach den Sommerferien sicher starten. Weil regelmäßiges Lüften der Klassenräume eine Ansteckung wirksam verhindern kann, unterstützt das Land zudem die Anschaffung von CO2-Messgeräten und fördert zusätzlich die Anschaffung von Luftreinigungsgeräten zur Verbesserung der Luftsituation, dort wo eine Lüftung aus baulichen Gründen nur schwer möglich ist. Den Schülerinnen und Schülern, den Lehrkräften und den anderen Beschäftigten wird zudem empfohlen, weiterhin eine Maske zu tragen.
Mehr Handlungsmöglichkeiten lässt das aktuelle Infektionsschutzgesetz des Bundes nicht zu. Weil der Bund die Rahmenbedingungen, in denen die Zukunftskoalition handeln kann, vorgibt, muss dieser jetzt konkrete Vorgaben machen. Die Länder brauchen – bei Bedarf – weitreichende Handlungsmöglichkeiten und -spielräume zu einer effektiven und quartiersbezogenen Pandemie-Bekämpfung.
Für uns ist es wichtig, dass im dritten Corona-Jahr allen Bevölkerungsgruppen gesellschaftliche Teilhabe umfassend ermöglicht wird und Einschränkungen auf das notwendige Minimum reduziert werden. Dies ist auch für die Branchen, die unter den Corona-Einschränkungen besonders gelitten haben, wichtig.
Die Menschen erwarten von den staatlichen Stellen Sicherheit und Verlässlichkeit im Hinblick auf einen wachsamen und reaktionsschnellen Umgang mit veränderten künftigen Pandemiesituationen. Die Zukunftskoalition aus CDU und GRÜNEN wird mit ihren Entscheidungen dazu beitragen, dass dies gelingt. Daher hat die Landesregierung bereits nach ihrem Amtsantritt einen Fahrplan für eine vorausschauende und ressortübergreifende Pandemie-Bekämpfung vorgestellt und jüngst ein Eckpunktepapier beschlossen. CDU und GRÜNE gehen so für die Menschen verlässliche, verständliche und verhältnismäßige Schritte im weiteren Kampf gegen das Corona-Virus.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
– In der Pandemie haben wir gelernt, dass die Wirksamkeit der Maßnahmen größer ist, je höher ihre Akzeptanz ist. Dazu gehört auch, dass die Maßnahmen möglichst bundeseinheitlich sind und sich auf einen breiten wissenschaftlichen Konsens stützen. Den Empfehlungen des ExpertInnenrates der Bundesregierung sollte daher entsprochen werden.
– Der Staat darf nur in besonderen Situationen in die Grundrechte und die Verantwortung der oder des Einzelnen eingreifen. Für die Pandemiebekämpfung ist es daher essentiell, dass sich alle verantwortlich verhalten und der Staat allen Bürgerinnen und Bürgern leicht zugängliche Informationen zur Pandemie bereitstellt. Zudem muss die Erforder-lichkeit von Schutzmaßnahmen weiterhin in der Gesamtschau verschiedener Indikatoren und der Verhältnismäßigkeit beurteilt werden. Auslastung der Intensivkapazitäten, Hos-pitalisierungs- und Mortalitätsraten müssen hier prioritär berücksichtigt werden.
– Daher sind grundrechtsschonende Eingriffe, die gleichzeitig wissenschaftlich belegt effektiv schützen – wie das Tragen von Masken in Innenräumen oder im öffentlichen Verkehr – bevorzugt anzuwenden.
– Menschen in Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie auch in Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind in besonderer Weise durch wirksame Maßnahmen, wie Tests von Besucherinnen und Besuchern und das Tragen von Masken, zu schützen und gleichzeitig müssen Kontaktmöglichkeiten erhalten bleiben. Deshalb müssen Besuchsverbote in diesen Einrichtungen unbedingt vermieden werden.
– Mit einer zunehmenden Immunisierung der Bevölkerung sollten sich Bürgertests auf die rasche diagnostische Testung von Risikopersonen und den Schutz von vulnerablen Bevölkerungsgruppen konzentrieren. Zusätzlich muss ein Angebot für symptomatische Bürgerinnen und Bürger in Testzentren möglich sein.
– Es ist wichtig, die Impfquote und die Auffrischungsimpfungen mit Blick auf den bevorstehenden Herbst und Winter weiter zu erhöhen. Denn die Impfung bleibt das effektivste Mittel der Corona-Pandemiebekämpfung. Der Impfstoff muss möglichst niedrigschwellig und flächendeckend zu den Menschen gebracht werden.
– Die vorhandenen Daten sind weiterhin nicht ausreichend für eine effektivere Pandemie-Bekämpfung und -Erforschung. Daher müssen unter strikter Wahrung des Datenschutzes mehr Informationen gesammelt und verwertet werden dürfen. Die Erhebung und Übermittlung dieser epidemischen Daten muss konsequenter geschehen.
– Neben der akuten Corona-Erkrankung leiden immer mehr Genesene an Long-Covid-Folgen. Diese sind noch kaum erforscht. So ist auch die Ursache noch unbekannt und die Therapie symptomorientiert.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
– die notwendigen Maßnahmen ihrer Corona-Strategie rechtzeitig und verständlich zu kommunizieren, um die Akzeptanz der Bevölkerung noch weiter zu erhöhen.
– in enger Abstimmung mit den Kommunen gemeinsame Handlungskonzepte zu entwickeln.
– bei der Erstellung von Corona-Schutzverordnungen weiterhin eine hohe wissenschaftliche Expertise einfließen zu lassen und auf eine praxistaugliche Gestaltung zu achten.
– sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Länder wirksame Mittel für die Pandemie-Bekämpfung erhalten. Ziel muss es sein, gesellschaftliches Leben und Teilhabe auch im Herbst und Winter sicherzustellen und zugleich schwere und unkontrollierte Corona-Ausbrüche regional verhindern zu können.
– zusammen mit dem Bund die Erhebung und Übermittlung aussagekräftiger Daten über Erkrankungsformen und -verläufe, Todesfälle und Langzeiterkrankungen zu ermöglichen.
– zur weiteren Erforschung und Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung rund um die Langzeitfolgen von COVID-19 sowie für das chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) den Aufbau interdisziplinärer Kompetenzzentren und Ambulanzen, insbesondere für Kinder und Jugendliche zu fördern.
– an dem Ziel festzuhalten, landesweit Strukturen vorzuhalten, die innerhalb weniger Tage in der Lage sind, wöchentlich eine sehr hohe Anzahl von Impfungen durchzuführen. Diese sollen das bestehende gute Angebot in Arztpraxen, Apotheken und bei Betriebsärztinnen und -ärzten ergänzen.
– die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), der sich als eine wichtige Säule der Pandemie-Bekämpfung bewährt hat, fortzusetzen.
– die Forschungsprojekte zur Pandemie-Bekämpfung und -Behandlung fortzusetzen bzw. neue zu etablieren. Ein systematisches Abwasser-Monitoring ist dabei ein wichtiger Baustein.