A Problem
Die Ordnungsbehörden haben die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Dabei leisten sie einen bedeutenden und unentbehrlichen Beitrag zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Die Anforderungen der Vollzugstätigkeit der Ordnungsbehörden sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Diesen stetig wachsenden Herausforderungen soll mit einer Stärkung der kommunalen Ordnungsbehörden begegnet werden. Dies soll zum einen mit der Schaffung nutzbringender Befugnisse erfolgen. Damit die Verweisung in das Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) entfallen, werden die Regelungen zu den Standardmaßnahmen unmittelbar ins Ordnungsbehördengesetz (OBG) integriert.
Zudem sollen die ordnungsbehördlichen Befugnisse erweitert werden. Dies erstreckt sich zunächst auf die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Erteilung von Aufenthaltsverboten. Seit der Novellierung des PolG NRW im Jahr 2003, welche die polizeilichen Befugnisse hinsichtlich der Erteilung von Aufenthaltsverboten erweiterte, sind die Ordnungsbehörden nicht mehr zum Erlass von Aufenthaltsverboten befugt. Vor der Gesetzesnovelle konnten die Ordnungsbehörden Aufenthaltsverbote auf Grundlage der Generalklausel nach § 14 OBG erlassen. Mit Einführung des § 34 Absatz 2 PolG NRW wurden die Anforderungen an ein Aufenthaltsverbot jedoch spezialgesetzlich und abschließend geregelt und die Ordnungsbehörden ausdrücklich von dieser Befugnis ausgenommen, § 24 Absatz 1 Nummer 12 OBG i.V.m. § 34 Absatz 2 PolG NRW. Diese Regelung kann auch nicht durch einen Rückgriff auf § 14 OBG umgangen werden, sodass den Ordnungsbehörden nach gegenwärtiger Rechtslage ausschließlich die Möglichkeit zur Erteilung eines Platzverweises zur Verfügung steht. Dieses Instrument erweist sich jedoch oftmals als unzureichend, da es auf eine kurzfristige Wirkung abzielt und keine längerfristige Prävention ermöglicht. Da die Verweisungen des § 24 Absatz 1 OBG auf die polizeilichen Standardmaßnahmen ohnehin aufgelöst werden, ist es erforderlich, eine neue Rechtsgrundlage zum Erlass von Aufenthaltsverboten unmittelbar in das OBG aufzunehmen.
Darüber hinaus soll es den Kleinen und Mittleren kreisangehörigen Kommunen ermöglicht werden – neben den Kreisordnungsbehörden und den Großen kreisangehörigen Kommunen – die Geschwindigkeitsüberwachung und Überwachung von Lichtzeichenanlagen an Gefahrenstellen auf Antrag zu ermöglichen, um so die kommunale Verkehrsüberwachung nach § 48 Absatz 2 OBG ausweiten und flexibler gestalten zu können. Die Kreisordnungsbehörden sollen zudem ermächtigt werden, mobile Technik zur Überwachung von Gefahrenstellen auf Bundesautobahnen und autobahnähnlichen Straßen einzusetzen.
B Lösung
Die Verweisung des § 24 Absatz 1 OBG auf die polizeilichen Standardmaßnahmen wird aufgelöst. Die für die Ordnungsbehörden einschlägigen polizeilichen Regelungen werden unmittelbar in das OBG integriert.
Aufenthaltsverbote können in das Recht auf Freizügigkeit nach Artikel 11 Absatz 1 GG eingreifen. Die Maßnahme ist daher nur auf Grundlage einer gesetzlichen Regelung zulässig.
Die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für den Erlass von Aufenthaltsverboten, sowie die Ausweitung der kommunalen Verkehrsüberwachungsmöglichkeiten werden geschaffen, indem das OBG um entsprechende Rechtsgrundlagen erweitert wird.
Aufgrund des mit der neuen Befugnis verbundenen Grundrechtseingriffs in das Recht auf Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 GG) ist wegen des Zitiergebots nach Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 GG schließlich § 44 OBG anzupassen.
C Alternativen
Keine.
D Kosten
Durch diese Gesetzesänderung selbst entstehen keine neuen Aufgaben und Verpflichtungen. Es wird lediglich der Handlungsspielraum der Ordnungsbehörden erweitert, in dem der Erlass von Aufenthaltsverboten, die mobile Geschwindigkeitsüberwachung auf Autobahnen und anderen autobahnähnlichen Straßen durch Kreisordnungsbehörden sowie die Geschwindigkeitsüberwachungen durch Kleine und Mittlere kreisangehörige Kommunen gesetzlich zugelassen werden. Für die Ordnungsbehörden selbst ist die Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten optional. Durch die Gesetzesänderung entstehen unmittelbar keine zusätzlichen Kosten.
Begründung
A Allgemeiner Teil
- Zielsetzung
Gem. § 24 Absatz 1 OBG gelten viele Befugnisse des PolG NRW auch für die Ordnungsbehörden. Im Sinne der Rechtsklarheit, Transparenz sowie Vereinfachung der Rechtsanwendung für Bürgerinnen und Bürger wird die Verweistechnik des OBG in das PolG NRW aufgelöst. Einschlägige Normen des PolG NRW werden in entsprechender Weise in das OBG überführt. Dies schafft eine bessere Übersicht im Hinblick auf die Eingriffs- und Handlungsbefugnisse sowie eine Unterstreichung des Professionalisierungsgrades der Ordnungsbehörden.
Die Erweiterung der Standardermächtigung um die Befugnisse zum Erlass von Aufenthaltsverboten ermöglicht eine effektivere Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der Gefahrenabwehr. Aufenthaltsverbote dienen der längerfristigen Prävention.
Ferner wird eine höhere und flexiblere Kontrolldichte bei der kommunalen Verkehrsüberwachung durch Anpassung des § 48 Absatz 2 OBG ermöglicht. Diese Regelung entspricht zudem Forderungen der Kommunalen Spitzenverbänden, aber auch dem Verkehrssicherheitspro-gramm des Landes Nordrhein-Westfalen, das mit der sog. Vision Zero das übergeordnete Ziel in der Verkehrssicherheitsarbeit verfolgt, die Zahl der Verkehrsunfälle mit Getöteten und Schwerverletzten zu reduzieren. Zukünftig soll auch Kleinen und Mittleren kreisangehörigen Kommunen die Geschwindigkeitsüberwachung und Überwachung der Befolgung von Lichtzei-chenanlagen an Gefahrenstellen auf Antrag ermöglicht sowie den Kreisordnungsbehörden neben festinstallierten Geräten auch der Einsatz mobiler Überwachungstechnik auf Bundesautobahnen und autobahnähnlichen Straßen zur flexiblen Reaktion auf neue Gegebenheiten, wie zum Beispiel in Baustellenbereichen, gestattet werden. Auf Bundesautobahnen und autobahnähnlichen Straßen ist sicherzustellen, dass das eingesetzte kommunale Personal besonders geschult ist. Sämtliche zur Überwachung geeigneten Örtlichkeiten sind im Benehmen mit der Polizei festzulegen.
Die umfassende Novellierung des OBG dient insgesamt der Stärkung der kommunalen Sicherheitsverantwortung und der Ordnungsbehörden sowie der Steigerung des Sicherheitsempfindens in der Bevölkerung.
- Wesentlicher Inhalt
Die für die Ordnungsbehörden geltenden Regelungen zu den Standardmaßnahmen im PolG NRW werden unmittelbar in das OBG überführt. Zudem werden die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für den Erlass von Aufenthaltsverboten sowie für die Ausweitung der kommunalen Verkehrsüberwachungsmöglichkeiten geschaffen.
Dem Zitiergebot des Artikel 19 Absatz 1 GG Satz 2 wird durch die Anpassung des § 44 OBG Rechnung getragen.
Die Wahl des jeweils nach dem OBG zur Verfügung stehenden Mittels steht stets unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Die Maßnahmen dürfen nur so weit gehen, wie dies zur ordnungsbehördlichen Gefahrenabwehr erforderlich ist. Die Bestimmungen sind zwar als Befugnisnorm konzipiert, sie begrenzen aber die Eingriffsbefugnisse der Ordnungsbehörden auf das erforderliche Maß und haben damit zugleich eingriffsbeschränkenden Charakter, welche die Rechte der Bürgerinnen und Bürger absichert.
B Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1
Die Änderungen zur Inhaltsübersicht ergeben sich aus den neu eingefügten Vorschriften §§ 24a bis 24z. Die Angabe zu § 24 wird neu gefasst.
Zu Nummer 2 (§§ 24-24z)
Die für die Ordnungsbehörden gem. § 24 Absatz 1 anwendbaren Vorschriften des PolG NRW gelten lediglich entsprechend und soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Mit vorliegendem Gesetzentwurf werden die den Ordnungsbehörden zustehenden polizeilichen Standardbefugnisse in analoger Weise in das OBG integriert. Regelungen, die für die Ordnungsbehörden offensichtlich – mangels Zuständigkeit – nicht einschlägig sind und somit ins Leere laufen würden, wurden nicht übertragen. Damit erfolgt mit der Überführung der Standardmaßnahmen ins OBG weder eine Erweiterung noch eine Reduzierung der Befugnisse, sodass der Status quo beibehalten wird. Die §§ 24 bis 24z OBG enthalten somit die für die Ordnungsbehörden geltenden Vorschriften des PolG NRW (§§ 9 bis 46 PolG NRW). Zudem wird eine neue Befugnisnorm geschaffen, vgl. § 24o OBG.
Im Einzelnen (§§24i, 24o OBG):
- 24i Absatz 5
24i Absatz 5 enthält den Regelungsinhalt des bisherigen § 24 Absatz 2 OBG.
- 24o Absatz 2
Die Regelung zur Erteilung von Platzverweisen in § 24o OBG wird in Absatz 2 um die Ermächtigung zum Erlass von Aufenthaltsverboten ergänzt. Damit wird erstmals eine eigenständige Befugnisnorm zum Erlass von Aufenthaltsverboten durch Ordnungsbehörden normiert. Mit der vorgesehenen Befugnisnorm soll den Ordnungsbehörden ermöglicht werden, Störern den Aufenthalt in einem konkret bezeichneten Bereich über einen längeren Zeitraum zu untersagen. Die bisherige Befugnis zur Erteilung eines Platzverweises ist in zeitlicher und räumlicher Hinsicht zu eng und in der Folge nicht wirksam genug. Die Maßnahme erfordert eine Prognose-entscheidung, nach der Tatsachen die Annahme rechtfertigen müssen, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen Bereich eine erhebliche Gefahr verursachen wird. Bloße Vermutungen reichen nicht aus, um eine Prognoseentscheidung zu treffen. Erforderlich ist die Gefährdung qualifizierter Schutzgüter. Ferner darf ein Aufenthaltsverbot nicht für die Bereiche ausgesprochen werden, in dem die angetroffene Person ihre Wohnung hat oder in dem sie andere berechtigte Interessen wahrnimmt. Entsprechende Anordnungen müssen stets dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen und sind daher auf das notwendige Maß zu begrenzen. Die Anordnung eines Aufenthaltsverbotes ist analog zu der Verfahrensweise der Polizei schriftlich zu verfügen, unter genauer Bezeichnung von Zeit und räumlichem Bereich, inklusive eines Kartenausschnittes mit grafischer Darstellung des nicht zu betretenden Bereiches. Die Anordnung ist vom Amtsleiter anzuordnen.
zu Nummer 3 (§ 44)
Die einzuführende Befugnisnorm ermöglicht Maßnahmen, durch die das Recht auf Freizügigkeit gem. Artikel 11 GG (Aufenthaltsverbot nach § 24n Absatz 2) eingeschränkt werden kann. Da das vorgenannte Grundrecht bisher nicht in § 44 genannt wird, erfordert das Zitiergebot (Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 GG) eine Erweiterung des § 44 OBG um die Nennung des Artikels 11 GG.
zu Nummer 4 (§ 48)
Mit der Anpassung des § 48 Absatz 2 OBG wird die kommunale Verkehrsüberwachung ausgeweitet und flexibler gestaltet. Diese Forderungen entsprechen auch dem Verkehrssicher-heitsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen, das mit der sog. Vision Zero das übergeordnete Ziel in der Verkehrssicherheitsarbeit verfolgt, die Zahl der Verkehrsunfälle mit Getöteten und Schwerverletzten zu reduzieren. Die Anpassung wird zum Anlass genommen, die Regelung, die bereits Gegenstand mehrerer Gesetzgebungsverfahren war, neu zu strukturieren. Satz 1 a.F. wird in Satz 1 Nummer 1 überführt. Satz 2 a.F. wird in Satz 1 Nummer 2 überführt und um die Möglichkeit der Geschwindigkeitsüberwachungen und Überwachungen von Licht-zeichenanlagen an Gefahrenstellen durch Kleine und Mittlere kreisangehörige Gemeinden auf Antrag ergänzt. Der Forderung nach einer Ausweitung wird Rechnung getragen, um in der Verkehrssicherheitsarbeit eine höhere Kontrolldichte und somit ein erhöhtes Entdeckungsrisiko von Verkehrsverstößen im Sinne der Vision Zero zu erzielen. In Satz 1 Nummer 3 wird die Regelung des Satzes 4 a.F. übernommen und redaktionell angepasst. Nummer 4 fasst die zuvor an verschiedenen Stellen geregelte ausschließliche Zuständigkeit der Kreisordnungsbehörden für die kommunale Verkehrsüberwachung auf Bundesautobahnen sowie autobahnähnlichen Straßen zusammen. Dabei wird die Beschränkung auf die Überwachung mit nur festinstalliertem Gerät auf Autobahnen und autobahnähnlichen Straßen aufgehoben, um den Kreisordnungsbehörden eine flexible Reaktion auf neue Gegebenheiten, wie zum Beispiel in Baustellenbereichen, zu ermöglichen. Aufgrund der erhöhten Gefahrensituation auf Bundesautobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Straßen haben die Kreisordnungsbehörden mit der nunmehr eröffneten Nutzung von mobilen Geräten jedoch sicherzustellen, dass das dort eingesetzte Personal besonders geschult ist, um das erforderliche Gefahrenbewusstsein für den Schnellverkehr zu entwickeln und sicher in diesem anspruchsvollen Verkehrsraum agieren zu können. Aufgrund der allgemeinen Ausweitung der Kommunalüberwachung wird in Satz 2 für sämtliche zur Überwachung geeigneten Örtlichkeiten das Benehmen mit der Polizei als originär zuständige Behörde normiert. Satz 3 verweist auf die für die Antragstellung zuständige Aufsichtsbehörde im Sinne des § 7 OBG. Satz 7 a.F. entfällt, da die Landesregierung der Berichtspflicht zu den Überwachungsmaßnahmen nach Satz 4 a.F. bereits nachgekommen ist (LT-Vorlage 17/4432).
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das In-Kraft-Treten.
