Viertes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung – Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel in das nordrhein-westfälische Landesrecht

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

A Problem

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2248) wurden die Beschlüsse der Gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (Föderalismuskommission II) umgesetzt. Durch das Gesetz sind für Bund und Länder neue Regelungen zur Begrenzung der Kreditaufnahme in das Grundgesetz eingefügt worden. Der geänderte Artikel 109 Grundgesetz verpflichtet Bund und Länder, ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Ausnahmen sind nur zur symmetrischen Berücksichtigung konjunktureller Entwicklungen und in außergewöhnlichen Notsituationen zulässig.
Für den Bundeshaushalt war Artikel 115 des Grundgesetzes erstmals für das Haushaltsjahr 2011 in der durch die Föderalismuskommission novellierten Fassung anzuwenden. Artikel 143d Grundgesetz ermächtigt die Länder, von den neuen Vorgaben des Grundgesetzes in einem Übergangszeitraum bis einschließlich des Haushaltsjahres 2019 nach Maßgabe landesrechtlicher Regelungen abzuweichen. Im Gegensatz zum Bund ist den Ländern eine strukturelle Verschuldung ab dem Haushaltsjahr 2020 untersagt.
Soweit das Land Nordrhein-Westfalen bis dahin keine eigenständige Regelung zur Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel trifft, gelten die strengen Vorgaben des Grundgesetzes uneingeschränkt und somit ohne die Möglichkeit, in bestimmten besonderen Situationen einen Haushaltsausgleich mit Einnahmen aus Krediten zu erreichen.
Nach derzeitigem Stand haben bereits 11 von 16 Bundesländern landesrechtliche Regelungen zur Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel getroffen, acht davon auf Ebene der jeweiligen Landesverfassung.
Die mit einstimmigem Beschluss vom 11.07.2013 vom Landtag eingesetzte Kommission zur Modernisierung des dritten Teils der Landesverfassung NRW (Verfassungskommission), die den Auftrag hatte, unter Hinzuziehung von externen Experten die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen im dritten Teil systematisch zu überprüfen und dem Landtag Ergänzungs- und/oder Streichungsvorschläge für eine moderne, zukunftsfähige Verfassung zu unterbreiten, hatte folgerichtig auch die Fragestellung auf ihrer Agenda, ob und wie eine Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel in der Verfassung erfolgen könnte. Auf einen dahingehenden Vorschlag hat sich die Verfassungskommission letztlich jedoch nicht verständigen können, da diese Frage mit den politischen Punkten Quoren, Wahlrecht und Individualverfassungsbeschwerde verknüpft war und insoweit keine Gesamtlösung gefunden werden konnte.
Die Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel in das nordrhein-westfälische Landesrecht ist für die Berücksichtigung grundgesetzlich zugelassener Ausnahmetatbestände wie konjunkturelle Entwicklung und Notfallsituationen unabdingbar, um Gestaltungsspielräume zu erhalten und Nachteile zu vermeiden.

B Lösung

Die Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel in das nordrhein-westfälische Landesrecht soll daher nun in enger Anlehnung an die Regelungen des Grundgesetzes auf der einfachgesetzlichen Ebene der Landeshaushaltsordnung erfolgen. Zugleich sollen so die im Grundgesetz eingeräumten Handlungsspielräume genutzt werden.
Die Umsetzung orientiert sich an die Regelungen des Bundes, um von den Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Stabilitätsrat und dem Fiskalpakt auf EU-Ebene zu profitieren und Friktionen mit übergeordnetem Recht zu vermeiden. Sie findet auf der Ebene der Landeshaushaltsordnung Eingang mit den wesentlichen Regelungen. Detailregelungen bleiben einer Rechtsverordnung vorbehalten, die insbesondere die Regelungen zur Bestimmung der konjunkturellen Verschuldensmöglichkeit und zu einem Kontrollkonto enthält.
Die Umsetzung dient dabei der Sicherung der finanzpolitischen Handlungsfähigkeit, der Legitimation des Konsolidierungskurses, der Verständlichkeit und der Vermittlung des politischen Ziels sowie der Rechtssicherheit.

C Alternativen

Ohne eine landesrechtliche Umsetzung gelten die strengen Vorgaben des Grundgesetzes ab dem Jahr 2020 automatisch auch in Nordrhein-Westfalen, und zwar ohne Ausnahmetatbestände. Nachdem in der Verfassungskommission kein Einvernehmen zu einer entsprechenden Verfassungsänderung gefunden werden konnte, ist die einfachgesetzliche Umsetzung ins Landesrecht unbedingt erforderlich, um Gestaltungsspielräume zu erhalten und Nachteile zu vermeiden.

D Kosten

Die Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel ins Landesrecht ist mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden.

E Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung

Die Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel hat keine Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung. Insbesondere bleiben die Rechte der Kommunen aus Artikel 79 der Landesverfassung von der Gesetzesänderung unberührt.

F Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte

Für die Unternehmen und die privaten Haushalte entstehen weder zusätzliche Belastungen noch Entlastungen.

G Geschlechterdifferenzierte Betrachtung der Auswirkungen des Gesetzes

Die beabsichtigte Gesetzesänderung hat keine Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern.