Umweltverträgliche Zusammensetzung und Entsorgung von Reitböden in NRW sicherstellen!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Norwich Rüße

I.  Reitböden als Umwelt- und Gesundheitsproblem
Die Zusammensetzung von Reithallen- und Reitplatzböden verursacht immer wieder Diskussionen. Dabei geraten insbesondere die entstehenden Stäube, die Toxizität einiger Zuschlagstoffe und die damit zusammenhängenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit in den Fokus.
Reitböden stehen im direkten Kontakt mit dem Pferd und unterliegen dabei einer ständigen mechanischen Beanspruchung durch die Hufe. Daher werden an die Tretschichten auf Reitplätzen und in Reithallen hohe Anforderungen gestellt, insbesondere hinsichtlich ihrer Trittfestigkeit und Elastizität, um den Druck und die Belastung optimal abfedern zu können. Der Sand muss gelenkschonend sein, Stabilität geben, eine erhöhte Wasserspeicherkapazität haben und dafür Sorge tragen, dass der Boden im Winter weniger schnell gefriert.
Um dem Sandboden diese Reiteigenschaften zu verleihen, werden sogenannte Zuschlagstoffe beigemischt. Während früher zumeist auf ökologische Zusatzstoffe wie beispielsweise Holz zurückgegriffen wurde, finden zunehmend Gemische aus Sand und synthetischen oder organischen Zuschlagstoffen auf Reitplätzen Anwendung. Diese werden in der Regel kleingeschreddert und im Gemisch mit Sand als Tretschicht auf Reitplätze aufgebracht. Nicht selten handelt es sich dabei um Vliese und Teppichreste, die beispielsweise seitens der Automobilindustrie zur Verfügung gestellt werden. Aber auch Gummireste, Ledermehl oder andere Kunststoffe sind beliebte Zusätze. In einigen Fällen wurde der Boden sogar durch die Beimischung von Kabelresten kontaminiert, wodurch umweltgefährliche Stoffe wie beispielsweise PCB und Blei in Boden, Wasser und Luft abgegeben wurden.
Insbesondere ältere Reitböden sind in der Regel nach unten hin nicht abgedichtet. Durch die Beanspruchung der Tretschicht durch die Pferde entsteht Reibung und infolgedessen Staubbildungen. Diese Stäube breiten sich in der Luft aus und werden durch die sich dort aufhaltenden Menschen und Tiere absorbiert. Die gesundheitlichen Auswirkungen auf Pferde und Menschen, die auf diesen Plätzen Sport treiben oder sich dort aufhalten, sind bislang nicht ausreichend untersucht. Die Ablagerung der Partikel auf Böden, Gewässern und in der Luft stellt einen bislang relativ unerforschten zusätzlichen Eintragungspfad von Mikroschadstoffe in das Ökosystem dar.

II.  Entsorgungsprobleme lösen

Je nach Aufbau und Pflege, haben Reitböden nach bis zu 20 Jahren ausgedient und müssen dann abgetragen und entsorgt werden. Zum Zwecke der Entsorgung werden diese oftmals auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht, da der enthaltene Pferdemist ein wertvolles Düngemittel darstellt. Im Falle einer Beimischung von synthetischen Zuschlagstoffen ist dieser Entsorgungsweg aus ökologischen Gründen jedoch nicht hinnehmbar, insbesondere dann, wenn die Art und Menge sowie eine mögliche Toxizität der Zuschlagstoffe undefiniert bleibt.
Werden Abfälle als Zuschlagstoff in Reitböden eingesetzt, müssen diese abfallrechtlich als ‚Produkt‘ eingestuft werden und dafür definierten Kriterien erfüllen. Erfahrungsgemäß erreichen beigemischte Kunststoffe und auch die Reitböden nicht das Ende der Abfalleigenschaft, weshalb Entsorgungswege für dieses Produkt gefunden werden müssen, da es den Kriterien des § 5 des KrWG widerspricht.
Auch die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1421 (17/3543) belegt, dass in Nordrhein-Westfalen die Zugabe von Zuschlagstoffen weder dokumentiert noch anderweitig erfasst wird. Eine sachgemäße Entsorgung für diese Gemische ist demnach nicht gewährleistet, wodurch einige Reitböden privaten Sondermülldeponien gleichkommen.
Bei den verwendeten synthetischen Zuschlagstoffen handelt es sich somit in der Regel um Produktreste, die aus einer Herstellung für ein anderes Produkt, beziehungsweise für einen anderen Markt erfolgt ist. Diese Produkte sind zumeist nicht oder nicht ausreichend hinsichtlich ihrer umwelt- und gesundheitsbezogenen Auswirkungen geprüft, insbesondere in Bezug auf eine nachträgliche Verwendung in Reitböden. Daher sind ebenfalls die Hersteller von Reitböden in die Entsorgungsverantwortung von ausgedienten Reitböden mit einzubeziehen, insbesondere wenn es sich bei den vermengten Materialien um schädliche Inhaltsstoffe handelt und der Reitboden demnach als Sondermüll zu deklarieren wäre.
Eine ausreichende Information des Herstellers bezüglich der Zusammensetzung und der Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen der Gemische gilt es gegenüber den Abnehmern sicherzustellen. Die Tretschichten auf Reitböden sind vermutlich ein beispielhaftes Produkt, über das Stoffe in die Umwelt gelangen, die bezüglich ihrer Wirkung auf das Ökosystem nicht ausreichend überprüft wurden. Daher gilt es zu prüfen, für welche anderen Bereiche und Produkte sich gegebenfalls ähnliche Probleme aufweisen.

III.  Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

1.     Einen Kriterienkatalog für Zuschlagstoffe in Reitböden zu erstellen, der zukünftig die Beimischung von toxischen Zuschlagstoffen, wie beispielweise Kabelreste, untersagt.
2.     Eine Informationspflicht der Hersteller gegenüber den Reitbetrieben über die Zusammensetzung und Umweltauswirkungen der Tretschichten zu entwickeln und gesetzlich zu verankern.
3.     Maßnahmen zu ergreifen, um eine sachgemäße Entsorgung von ausgedienten Reitböden sicherzustellen und Entsorgungswege für betroffene Reitplatzbesitzerinnen und –Besitzer aufzuzeigen. Diesbezüglich sind auch die Hersteller in die Pflicht der Entsorgung mit einzubeziehen.
4.     Technische und wissensbasierte Forschungsprojekte zu fördern, die einerseits Möglichkeiten zur restlosen Entfernung von synthetischen Zusätzen aus ausgedienten Reitböden und andererseits die Gesundheits- und Umweltauswirkungen von Zuschlagstoffen erforschen.
5.     Eine Informationskampagne zu initiieren, um Reitplatzbesitzerinnen und –besitzer für mögliche umwelt- und gesundheitsbezogene Auswirkungen von synthetischen Zuschlagstoffen zu sensibilisieren und Vorteile des Einsatzes umweltfreundlicher Zuschlagstoffe hervorzuheben. Dazu gehört auch, Reitbetrieben taugliche und ökologisch verträglichere Alternativen aufzuzeigen.