Tierschutz beachten – besseren Brandschutz in Stallanlagen entwickeln und umsetzen!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Norwich Rüße

I.       Brandschutz – eine tierschutzrechtliche Aufgabe
Eine Rettung von Mensch und Tier im Brandfall ist bereits seit vielen Jahren erklärtes Ziel der Landesbauordnung NRW. Auch die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sowie das Immissionsschutzgesetz kennen entsprechende Vorgaben, die das Ziel definieren: die Rettung aller Tiere muss ermöglicht werden. Hierbei stehen insbesondere die Betreiberinnen und Betreiber der Stallanlagen in der Pflicht, den neuesten Stand der Technik bei Brandverhütungsmaßnahmen einzusetzen, wie etwa feuerfeste Materialien, Sprinkleranlagen, Brandmauern und feuerfeste Türen.
Stallbrände stellen immer eine erhebliche Gefahr für die dort gehaltenen Tiere dar. Können diese nicht rechtzeitig aus den Flammen gerettet werden, verbrennen sie im Feuer oder ersticken aufgrund der enormen Rauchgasentwicklung. Doch selbst bei erfolgter Rettung sind Verbrennungen und Rauchgasvergiftungen oftmals so gravierend, dass die Tiere noch Stunden nach dem Brand eingeschläfert oder notgeschlachtet werden müssen. Durch den erzeugten Stresszustand verfallen die Tiere in Panik, die ebenfalls oftmals tödlich endet.
Auch wenn die gesetzliche Grundlage eine andere ist, so bleiben die Anforderungen an den Brandschutz für Tiere in der Praxis hinter denen für Menschen deutlich zurück. Trotz der eindeutigen gesetzlichen Vorgaben ist es in jüngster Vergangenheit in NRW immer wieder zu großen Stallbränden gekommen. Allein im diesem Jahr, haben sich bereits mehrere größere Fälle zugetragen, bei denen Tiere (überwiegend Schweine) qualvoll verendet und hohe Sachschäden für die Landwirte entstanden sind.
So kam im Januar beim Brand eines landwirtschaftlichen Betriebs in Werne für 30 Schweine jede Hilfe zu spät. Zwar konnten rechtzeitig Tiere gerettet werden, doch das Stallgebäude wurde vollständig zerstört. Die Polizei schätzte den Schaden auf rund 50.000 EUR. In Recke ist kurze Zeit später im März ein Schweinestall völlig ausgebrannt. Dabei sind 800 Ferkel und 40 Sauen verendet, der Sachschaden beziffert sich insgesamt auf 500.000 EUR. Nur wenige Tage später ereignete sich ein Brand im nahegelegenen Garrel. Hier brach in gleich zwei Ställen einer Schweinezuchtanlage ein Brand aus, der etwa 300 Ferkel und 30 Säuen das Leben kostete. Etwa 2250 weitere Tiere mussten anschließend notgeschlachtet werden.
Im Juli sind bei einem Großbrand auf einem Bauernhof in Dörentrup im Kreis Lippe 550 Ferkel getötet worden, weitere 50 Sauen mussten wegen ihrer Verletzungen eingeschläfert werden. Wenige Tage später ereignete sich der bisher größte Brand dieses Jahr in der Stadt Rheine, bei dem in einem Schweinemastbetrieb 8000 Tiere qualvoll ums Leben kamen und Schäden in Millionenhöhe entstanden sind. Insbesondere dieser Fall zeigt, dass eine Rettung der Tiere bei einem Brand in Großstallanlagen in der Regel ausgeschlossen ist.
Der Überblick über diese Stallbrände verdeutlicht, dass es bei Eintritt solcher Schadereignissen meist hunderte Tiere sterben. Ein vorbeugender Brandschutz ist nicht nur im Sinne des Tierschutzes anzustreben, auch vor dem Hintergrund des Arbeitsschutzes für die dort tätigen Beschäftigten ist dies unerlässlich. Zusätzlich stellen derartige Brandeinsätze für die Rettungs- kräfte eine enorme Herausforderung und Belastung dar. Vor diesen Hintergründen sind Ver- besserungen beim vorbeugenden Brandschutz in Stallanlagen dringend geboten.
II.      Handlungsbedarf und Lösungsansätze
Die maximale Größe von Tierställen, die Zufahrtswege und der Zugang zum Löschwasser, all das ist gesetzlich oder behördlich geregelt. Einen überwiegenden Teil davon regelt die Landesbauordnung. Für Stallanlagen gibt es derzeit jedoch keine gesonderten Bauvorschriften oder Richtlinien zum Thema Brandschutz, da es sich bei Stallanlagen gemäß § 54 BauO NRW um Sonderbauten handelt, die zur Rettung der Tiere besondere Anforderungen zu erfüllen haben. Demnach sind in diesem Bereich Einzelfallprüfungen durchzuführen, bei der besondere Anforderungen gestellt oder Entlastungen gestattet werden.
Freistehende landwirtschaftliche Betriebsgebäude können gemäß BauO NRW auch ohne besondere Anforderungen an den Brandschutz errichtet werden. Erst ab einer Größe von mehr als 1.600 m² Grundfläche gelten bauliche Anlagen der Landwirtschaft als Sonderbauten, für die Brandschutzkonzepte vorzulegen sind. Erst wenn der Betriebsteil mit Wohnraum verbunden ist und eine Größe von mehr als 2.000 m³ umfasst, muss beispielsweise eine Brandwand eingerichtet werden. Hier bietet es sich an zu evaluieren, ob auch in freistehenden Stallanlagen durch den Einzug von Brandwänden die schnelle Ausbreitung eines Brands eingedämmt und das Überleben der Tiere gesichert werden kann.
In landwirtschaftlichen Betrieben kommt es durch die Lagerung von Heu und Stroh sowie die Verwendung von weiteren brennbaren Einstreumaterialien und brennbaren Baustoffen zu einer besonders raschen Brandausbreitung. Räume mit erhöhter Brandgefahr wie Heizungsund Brennstoffräume, Lager für brennbare Gase und Düngemittel oder Abfallsammelräume sind daher ausreichend mit Schutzeinrichtungen auszustatten.
Bei der Haltung von Großvieh, wie beispielsweise Rindern, liegt ein Vorteil in der Nutzung von offenen Ställen. Im Brandfall bestehen hier größere Chancen auf eine erfolgreiche Tierrettung, da der Rauch leichter abzieht und so ein Hitzestau verhindert werden kann. Bei der Haltung von Schweinen oder Kleinvieh, wie beispielsweise Hühnern oder Puten, muss hingegen auch in den kalten Wintermonaten auf eine warme und somit geschlossene Haltung geachtet werden. Diese Ställe werden daher beispielsweise mit Flüssiggas-Brennern beheizt und verfügen über leistungsstarke Lüftungsanlagen, die einen ausreichenden Luftaustausch ermöglichen. Diese befördert jedoch die Hitze- und Rauchgasentwicklung im Brandfall. Die in Ställen vorhandenen Stäube sowie die häufig übliche Dachkonstruktion aus Nagelbindern bieten dem Feuer offensichtlich ausreichend Nahrung.
Insbesondere große Tierställe müssen daher zwecks Sicherheit in Brandabschnitte unterteilt werden, eingezogene Mauern können die schnelle Ausbreitung eines Brands verhindern und so zumindest einen Teil der Tiere vor dem Feuer schützen. Auch die Einrichtung von Sprinkleranlagen insbesondere auch in der Dachkonstruktion kann zu Gefahrenabwehr möglicherweise eine Option sein.
Bei einigen der genannten Stallbrände in NRW, hat sich auch die vorhandene Wasserversorgung als problematisch herausgestellt. Oftmals ist in den ländlichen Regionen das Hydrantennetz nur mäßig, teilweise auch gar nicht vorhanden, was die Löscharbeiten der Feuerwehr im Brandfall erheblich erschwert. In Werne beispielsweise bauten Einsatzkräfte von der Stadtgrenze bis zur Einsatzstelle einen Pendelverkehr mit Löschfahrzeugen auf, da nur so die Wasserversorgung für die Löscharbeiten sichergestellt werden konnte. Es ist daher zu prüfen, ob in der Nähe von Großstallanlagen größere Lücken im Hydrantennetz vorkommen und wie diese zu schließen sind.
Auch die Kontrollen der bestehenden Brandschutzkonzepte müssen effektiver gestaltet werden. Aktuell werden die Brandschutzbestimmungen der Stallanlagen alle sechs Jahre durch die örtliche Feuerwehr kontrolliert, um Brandschutztüren, Brandmauern oder Rettungswege zu überprüfen. Um die Kontrolle der bestehenden Regelungen zu verbessern, ist der Kontrollzyklus auf mindestens zwei Jahre zu verkürzen.
III.     Der Landtag stellt fest:
·           Dem gesetzlich geforderten Schutz von Tieren im Brandfall wird derzeit nicht ausreichend Rechnung getragen.
·           Neben dem Tierschutz, dient ein vorbeugender Brandschutz in Stallanlagen auch den Interessen des Arbeitsschutzes und dem Schutz des Besitzes eines landwirtschaftlichen Betriebs.
·           Die Häufigkeit der Brandvorfälle in NRW allein im Jahr 2018 verdeutlicht die Notwendigkeit eines konkreten Handlungsbedarfs in dieser Sache.
IV.    Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
1.      Die in der BauO NRW geregelten Brandschutzbestimmung für Tierhaltungsanalagen im engen Austausch mit Akteuren des Tierschutzes, der tierhaltenden Bertriebe und der Feuerwehr zu überarbeiten.
2.      Eine Änderung des BauO NRW zu erarbeiten, sodass auch für Stallanlagen mit weniger als 1.600 m² Grundfläche Brandschutzkonzepte einzufordern sind.
3.      Die Errichtung von Offenställen vor dem Hintergrund des Brandschutzes zu fördern.
4.      Im Sinne des vorbeugenden Brandschutzes für Tierhaltungsanlagen die verpflichtende Installation von weitergehenden Brandschutzmaßnahmen, wie beispielweise Sprinkleranlagen, zu prüfen.
5.      Die Einrichtung von Brandschutzmauern in Stallanlagen zu überprüfen, die den Tierbestand in kleinere Gruppen mit maximal 500 Mastschweinen einteilen.
6.      Den Zyklus zur Kontrolle von Brandschutzbestimmungen für Großstallanlagen auf mindestens zwei Jahre verkürzen und die Kontrollkriterien im Sinne des Tierschutzes im Brandfall anzupassen.
7.      Die Löschwasserversorgung z.B. durch den Ausbau des Hydrantennetzes in den Außenbereichen sicher zu stellen.