ThyssenKrupp: Ausverkauf stoppen, Tradition bewahren, Zukunft und Beitrag zum Kli¬maschutz mit Hilfe des Wirtschaftsstabilisierungsfonds sichern

Antrag der GRÜNEN im Landtag zu dem Antrag der SPD-Fraktion „Nachhaltige Industrie in NRW mit einer Landesbeteiligung bei ThyssenKrupp Steel“

I.        Ausgangslage
Seit nunmehr 15 Jahren befindet sich der nordrhein-westfälische Traditionskonzern Thyssen-Krupp in schlechter Verfassung. Ausgehend von den historischen Fehlentscheidungen: Inves­titionen in Milliardenhöhe ein Stahlwerk in Brasilien sowie ein Walzwerk in den USA zu errich­ten, hangelt sich das Essener Unternehmen von Hiobsbotschaft zu Hiobsbotschaft.
Auch wenn der bilanzielle Schaden von rund sieben Milliarden Euro inzwischen abgeschrieben werden konnte, hat der Konzern bis heute nicht zu alter Stärke zurückgefunden. Im Gegenteil: Nachdem im Jahr 2018 eine von vielen Experten als durchaus sinnvoll erachtete Fusion mit dem Konkurrenten Tata Steel scheiterte, begann ThyssenKrupp mit dem Ausverkauf seiner profitablen Geschäftszweige. Dieser mündete 2019 in Plänen zur Veräußerung der letzten hochprofitablen Sparte, ThyssenKrupp Elevator. Der Verkauf der Aufzugsparte an ein Konsor­tium der Finanzinvestoren Advent und Cinven sowie der Essener RAG-Stiftung wurde im Som­mer 2020 besiegelt.
Neben dem Schiffsbau und dem Stahlhandel ist ThyssenKrupp nun auf sein einstmaliges Kerngeschäft, die Stahlerzeugung zurückgestutzt. Doch auch die Stahlherstellung leidet unter den gravierenden Verwerfungen auf den internationalen Märkten. Die Stahlbranche war be­reits vor der Corona-Krise durch immense Überkapazitäten und Verdrängungseffekte des Handelsstreits zwischen China und den USA stark unter Druck. Die Corona-Krise hat zusätz­lich tiefe Spuren in den Büchern der Branche hinterlassen. So ist die Stahlproduktion alleine im zweiten Quartal dieses Jahres um über ein Viertel eingebrochen.
In der Folge wird im Konzern nun laut darüber spekuliert, sich auch von der Stahlsparte Thys-senKrupp Steel zu trennen. Gegen diese Pläne laufen Beschäftigte und Gewerkschaften seit Monaten Sturm und fordern nicht zuletzt Hilfe von der Politik. Sowohl die NRW- Landesregie­rung, als auch die Bundesregierung sind aufgerufen, zum Erhalt des Unternehmens und des Stahlstandortes NRW insgesamt beizutragen.
Staatshilfe kann keine Einbahnstraße sein – Management und Aktionäre müssen Bei­trag liefern
Trotz der massiven Schieflage des Konzerns haben die Hauptanteilseigner des Konzerns, die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und die schwedische Investmentgesellschaft Cevian bis heute nicht davon Abstand genommen, dem Konzern über Dividendenausschüt­tungen jährlich riesige Kapitalsummen zu entziehen. Infolge dessen beträgt die Eigenkapital­quote des Konzerns heute gerade einmal rund 4%. Auch der Aktienkurs befindet sich auf ei­nem historischen Tiefstand.
Jede staatliche Hilfe muss vor diesem Hintergrund mit einem Verzicht auf weitere Ausschüt­tungen und im Übrigen auch mit dem Verzicht auf die Auszahlung von Manager-Boni einher­gehen.
Um das zu gewährleisten ist ein Einstieg des Staates als Mitgesellschafter denkbar. Hierfür stellt der von der Bundesregierung zur Verfügung gestellte Wirtschaftsstabilisierungsfonds das notwendige Kapital und das geeignete Instrumentarium zur Verfügung. Mithilfe des Fonds kann der Bund Anteile am Konzern erwerben, ihm frisches Kapital zuführen und so dafür sor­gen, dass der Konzern und seine Beschäftigten eine Zukunft haben.
Zukunft der „Krupp-Stiftung“ muss gesichert werden
Neben dem Bund muss allerdings auch das Land NRW Verantwortung übernehmen. Denn der mittelfristige Verzicht auf Ausschüttungen darf die Existenz der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und die Erfüllung ihres sozialen Auftrags nicht gefährden. Darum muss die Landesregierung, zeitgleich zum Einstieg des Bundes über den Wirtschaftsstabilisierungs-fonds, sicherstellen, dass die zu erwartenden Ausfälle für den Vermögensstock der Stiftung kompensiert werden können. In enger Abstimmung mit den europäischen Wettbewerbsbehör­den muss daher geprüft werden, wie dies gelingen kann. Sollte eine Kompensation der aus­fallenden Dividendenzahlungen über Direkthilfen aus beihilferechtlichen Gründen ausschei­den, bleibt die Möglichkeit einer Zustiftung seitens des Landes NRW in den Vermögensstock der Stiftung. Der Ministerpräsident, auch in seiner Rolle als Mitglied des Kuratoriums, sowie der Wirtschafts- und Europaminister des Landes NRW sind gefordert, schnellst möglich in ent­sprechende Verhandlungen einzusteigen.
ThyssenKrupp und den Stahlstandort NRW mit Hilfe des Wirtschaftsstabilisierungs-fonds zum Premiumstandort für CO2-freien Stahl entwickeln
Neben dem Verzicht auf Ausschüttungen und Boni muss eine staatliche Rettung mit dem An­spruch einhergehen, ThyssenKrupp auf einen stringenten und planbaren Pfad zur Klimaneut­ralität zu unterstützen und dies auch vertraglich in Form eines Klimavertrags abzusichern. Dazu zählt auch die Kompensation der durch die Umstellung der Stahlproduktion auf den Energieträger Wasserstoff entstehenden Kosten. Ein geeignetes Instrument hierzu sind die sogenannten „Carbon Contracts for Difference (CCFD)“, deren gesetzliche Grundlagen derzeit durch die Bundesregierung erarbeitet werden.
Nur als Premiumproduzent von CO2-freiem Stahl wird sich ThyssenKrupp im Besonderen, aber auch die deutsche Stahlindustrie insgesamt, in den kommenden Jahren am Weltmarkt behaupten können. Den anhaltenden Dumpingwettbewerb auf dem Weltmarkt für „Kohlestahl“ hingegen, können der deutsche und nordrhein-westfälische Stahlstandort nur verlieren.
II.       Beschlussfassung
Der Landtag beauftragt die Landesregierung:
1.    umgehend in Verhandlungen mit dem Konzern ThyssenKrupp, den Betriebsräten und Gewerkschaften sowie der Bundesregierung einzusteigen, mit dem Ziel, die Zukunft des Konzerns ThyssenKrupp mit Hilfe des Wirtschaftsstabilisierungsfonds langfristig zu sichern.
2.    vertraglich sicherzustellen, dass die Aktionäre des Konzerns und das Management für die Dauer des staatlichen Engagements auf die Auszahlung von Dividenden und Boni verzichten.
3.    mit dem Konzern einen stringenten und planbaren Transformationspfad für den Um­bau der Stahlproduktion auf den Energieträger Wasserstoff vertraglich zu festzulegen.
4.    sich auf Bundesebene mit Nachdruck für eine zügige Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlagen zur Einführung der sogenannten Carbon Contracts for Difference einzu­setzen.
5.    in enger Abstimmung mit der EU nach Wegen zu suchen, um die Ausfälle der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung zu kompensieren, z.B. über die Zurverfügungstellung von Direkthilfen oder eine entsprechende Zustiftung in den Vermögensstock der Stiftung.