Soziale Situation der Studierenden verbessern: Zahl der Wohnplätze, Zuschüsse an Studierendenwerke und BAföG-Leistungen erhöhen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

In diesen Wochen beginnt die Vorlesungszeit an den Hochschulen. Es kann mit einem erneuten Studierendenrekord in Nordrhein-Westfalen gerechnet werden. Das hohe Interesse an einem Studium in Nordrhein-Westfalen ist zu begrüßen. Gleichzeitig liegt die Zahl der Absolventinnen und Absolventen ebenfalls auf einem Allzeithoch, so dass dem Land Fachkräfte in nie dagewesener Zahl zur Verfügung stehen.
Aus dieser positiven Entwicklung resultiert ein politischer Gestaltungsauftrag. Das Land steht nicht nur in der Pflicht, gute Bedingungen an den Hochschulen selbst zu garantieren, sondern auch die soziale Situation der Studierenden in Nordrhein-Westfalen verstärkt in den Blick zu nehmen. Nur wer als Studentin oder Student eine sozial abgesicherte Situation vorfindet, ist in der Lage, das eigene Talent in den bestmöglichen Studienerfolg zu verwandeln.
In vielen Hochschulstädten werden die Studierenden mit immer weiter steigenden Mieten, einem angespanntem Wohnungsmarkt und hohen Lebenshaltungskosten konfrontiert. Gerade für Studienanfängerinnen und Studienanfänger ist dies eine erste große Hürde. Für ausländische Studierende stellt sich die Hürde noch größer dar: sie kennen meist die Gegebenheiten in den Städten nicht und können schwerlich vorab aus ihrem Heimatland eine Wohnung organisieren. Sie sind besonders auf die Angebote der Studierendenwerke angewiesen.
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, ein Bündnis für studentisches Wohnen zu gründen, an dem alle wichtigen Akteure beteiligt sind. Darüber hinaus ist ein Sonderprogramm unabdingbar, das eine nachhaltige Sanierung von Studierendenwohnheimen und den Neubau an Orten, an denen besonderer Mangel an Wohnheimplätzen besteht, gewährleistet. Studierendenwerke, Kommunen und Landesregierung müssen weiter gemeinsam daran arbeiten, Handlungsmöglichkeiten, die sich etwa aus der Bereitstellung von Neubauflächen oder Umwidmungsmöglichkeiten ergeben, gemeinsam auszuloten. Ein angemessener Teil des Wohnraums muss barrierefrei und rollstuhlgerecht gestaltet sein, insbesondere dann, wenn geplant ist, dass bei sinkendem Bedarf durch Studierende andere Personengruppen diesen Wohnraum nutzen sollen. Hierfür sind eine hohe Grundriss- und Bauteilflexibilität Voraussetzung. Der Bund muss zu diesem Programm einen verlässlichen Beitrag leisten und darf den Ausbau der sozialen Infrastruktur an den Hochschulen und den Studierendenwerken nicht länger hintenanstellen. Er muss zudem dafür sorgen, dass leerstehende Gebäude und ungenutzte Flächen in Bundesbesitz nicht zu Höchstpreisen an private Investoren verkauft werden, sondern zu einem günstigen Preis für studentischen Wohnraum zur Verfügung stehen.
Die zwölf Studierendenwerke in Nordrhein-Westfalen sind für die Förderung der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange der Studierenden zuständig. Mit bezahlbarem Wohnraum, Mittagessen zum kleinen Preis, schnellen BAföG-Entscheidungen, Sozialberatung, Kinderbetreuung und vielem mehr leisten sie einen wichtigen Beitrag zu Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit. Für diese unerlässliche Arbeit benötigen sie weiterhin eine ausreichende Grundfinanzierung. Die schwarz-gelbe Landesregierung der Jahre 2005-2010 hatte den allgemeinen Zuschuss der Studierendenwerke um ein Fünftel gekürzt und im Wahljahr 2010 nur ein Achtel der Kürzung wieder rückgängig gemacht. In der nachfolgenden rot-grünen Regierungszeit wurde die schwarz-gelbe Kürzung wieder rückgängig gemacht und für die folgenden Jahre weitere Mittelerhöhungen geplant. Zudem hat die Koalition von GRÜNEN und SPD die Mittel für die Studierendenwerke zur Bearbeitung von BAföG-Anträgen gegenüber 2010 verneunfacht. Damit konnten die Studierendenwerke zusätzliches Personal einstellen und BAföG-Anträge in der Folge immer schneller bearbeiten, um somit auch die Entstehung von Finanzierungslücken für Studierende abzuwenden.
Die Leistungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes sind für viele Studierende unabdingbar. Die letzte Reform der Bundesregierung war jedoch unzureichend: Immer weniger Studierende werden gefördert, das BAföG ist im Jahr 2017 weniger wert als 2010. Daher muss die Landesregierung sich beim Bund nachdrücklich dafür einsetzen, das BAföG kurzfristig zu novellieren, damit es eine deutlich höhere, weniger bürokratische, bologna- und familiengerechte Studienfinanzierung gibt. Ein Teilzeitstudium muss problemlos finanziert werden können, Studentinnen in der Schwangerschaft müssen durchgehend einen Vollzuschuss erhalten können und Studierende mit studienzeitverlängernder Familienverantwortung sowie mit weiteren Gründen müssen länger BAföG-Leistungen erhalten können. Insgesamt muss der Anteil derjenigen, die BAföG-Leistungen erhalten, wieder deutlich gesteigert werden, damit das BAföG seinem Ziel gerecht wird. Dazu müssen die Freibeträge und die Fördersätze erhöht, die tatsächlichen Wohnkosten entsprechend der regionalen Durchschnittsmieten erstattet werden. Die Zukunftsfähigkeit des BAföG muss durch eine dynamische, regelmäßige und automatische Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge gesichert werden.
Mittelfristig muss das BAföG zu einem Zwei-Säulen-Modell weiterentwickelt werden, bestehend aus einem Zuschuss für alle Studierenden und einem zusätzlichen, individuell bemessenen Bedarfszuschuss. Diese Leistungen müssen elternunabhängig sein und nicht zurückgezahlt werden müssen.
Der Landtag beschließt:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
ein Bündnis für studentisches Wohnen zu initiieren, an dem alle wichtigen Akteure beteiligt sind,
ein Sonderprogramm aufzulegen, zur Sanierung von Studierendenwohnheimen und zum Neubau von Wohnplätzen für Studierende,
Verhandlungen mit dem Bund aufzunehmen, mit dem Ziel, dass dieser einen angemessenen Teil zur Sicherung der sozialen Infrastruktur für Studierende beiträgt.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, nicht erneut bei den Studierendenwerken zu sparen, sondern im Gegenteil ihren allgemeinen Zuschuss angemessen zu erhöhen.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, gegenüber dem Bund eine kurzfristige BAföG-Novelle einzufordern, mit dem Ziel, dass es zu einer deutlich höheren, weniger bürokratischen, bologna- und familiengerechten Studienfinanzierung kommt.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, Verhandlungen mit dem Bund für eine Novelle des BAföG aufzunehmen, die das BAföG perspektivisch zu einem Zwei-Säulen-Modell weiterentwickelt, bestehend aus einem allgemeinen und einem individuell bedarfsangemessenem Zuschuss. Diese Leistungen müssen elternunabhängig sein und nicht zurückgezahlt werden müssen.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die soziale Lage von ausländischen Studierenden nicht zu ignorieren. Ihnen dürfen durch Studiengebühren und damit verbundenen bürokratischen Aufwand oder durch einen Mangel an Unterstützungsangeboten keine studien- und lebenserschwerenden Hindernisse in den Weg gelegt werden.