Schulleitungen an Bekenntnisgrundschulen – Besetzung mit zweierlei Maß?

Kleine Anfrage von Sigrid Beer

Ausdrücklich ist zu begrüßen, wenn für vakante Schulleitungsstellen gute Bewerberinnen und Bewerber gewonnen werden können. Genauso müssen alle Anstrengungen unterstützt werden, die Unterrichtsversorgung insgesamt zu sichern. Diese Fragestellungen haben auch bei der Verabschiedung des elften Schulrechtsänderungsgesetzes bei den Neuregelungen für die Bekenntnisgrundschulen in NRW eine wesentliche Rolle gespielt.
Mit den definierten Ausnahmen von der konfessionellen Bindung von Lehrkräften reagierte der Landtag auf die Schwierigkeiten der Stellenbesetzungen bei Lehrkräften und stellvertretenden Schulleitungen. Damit muss nur noch die Schulleiterin oder der Schulleiter zwingend dem jeweiligen Bekenntnis angehören.
In der seinerzeitigen Expertenanhörung wurden diese Regelungen als verfassungsrechtlich möglich angesehen, da mit der Schulleitung die konfessionelle Ausrichtung der Schule ausreichend gesichert sein kann. Eine Ausnahme auch bei Schulleitungen wurde dagegen als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen.
Es stellt sich vielmehr dann die Frage, ob nicht eher eine Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule vorzunehmen ist, wenn die schulrechtlich vorgegebene Besetzung der Schulleitung an einer Bekenntnisgrundschule über längere Zeit nicht besetzt werden konnte.
So heißt es in der Begründung zum Gesetz:
„Ein Schulbekenntnis kann nur glaubwürdig vermittelt werden, wenn ihm die Schulleiterin oder der Schulleiter selbst angehört. Bei den anderen Lehrkräften einer Schule sind Ausnahmefälle denkbar, bei denen der Gesetzgeber hierauf nicht bestehen muss: Es kann vorkommen, dass entweder eine Lehrerstelle allein mit einer bekenntnisfremden Lehrkraft besetzt werden kann oder aber Unterricht ausfallen muss. In diesem Fall entsteht ein Konflikt zwischen zwei Rechtsgütern, die das Verfassungsrecht beide gewährleistet: dem staatlichen Unterrichtsauftrag und der Bekenntnisschule. In solchen Fällen ist es notwendig, dem Unterrichtsauftrag den Vorrang einzuräumen.“
 (Begründung zum 11. Schulrechtsänderungsgesetz, 16. Wahlperiode Drucksache 16/7544).
Für die Bekenntnisgrundschulen sieht das Schulgesetz NRW damit klare Regeln für Lehrkräfte und Schulleitungen vor. §26 Absatz 6 lautet in seiner 2015 geänderten Fassung entsprechend:
„§26 (6) In Schulen aller Schularten soll bei der Lehrereinstellung auf die Konfession der Schülerinnen und Schüler Rücksicht genommen werden.
An Bekenntnisschulen müssen
1. die Schulleiterin oder der Schulleiter und
2. die übrigen Lehrerinnen und Lehrer dem betreffenden Bekenntnis angehören. Sie müssen bereit sein, im Sinne von Absatz 3 Satz 1 an diesen Schulen zu unterrichten und zu erziehen. Zur Sicherung des Unterrichts sind Ausnahmen von Satz 2 Nummer 2 zulässig.“
Nun haben sich in zwei Fällen von katholischen Grundschulen keine katholischen Bewerberinnen oder Bewerber für die Schulleitung gefunden, wohl aber evangelische. Beide Fälle liegen im Regierungsbezirk Münster. Im Fall der Josefschule Borken wurde mit Hinweis auf das Schulgesetz die Besetzung durch einen evangelischen Bewerber abgelehnt. Im Fall der Josefschule Gladbeck wurde jedoch eine evangelische Bewerberin als Schulleiterin akzeptiert. Das wirft Fragen nach der rechtlichen, verfassungsgemäßen Grundlage und der Gleichbehandlung auf.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Welche verfassungsgemäße, rechtliche Grundlage gibt es für die Besetzung der Stelle der Schulleiterin der katholischen Grundschule Josefschule in Gladbeck?
  2. Wie wird der Verstoß gegen einheitliche Rechtsauffassung und -anwendung im Fall der Grundschule in Gladbeck begründet, da im Falle der Josefschule Borken eine solche Besetzung verweigert worden war?
  3. In Gemeinschaftsschulen werden die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen (§ 26 Absatz 2 SchulG). Wurde der Schulträger dahingehend beraten, ein Verfahren zur Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule seitens des Schulträgers einzuleiten und falls nein, warum nicht?
  4. Wer hat die Bezirksregierung Münster veranlasst, die schulrechtlichen Vorgaben zu verlassen?
  5. Wie wird das Schulrecht jetzt verfassungsgemäß angepasst, um überall im Land die Besetzung von Schulleitungsstellen an Bekenntnisgrundschulen, staatliche Schulen in kommunaler Trägerschaft, unabhängig von der konfessionellen Bindung mit guten Schulleiterinnen und Schulleitern möglichst schnell besetzen zu können?