Schützt die neue Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen die Bevölkerung vor PCB-Belastungen in NRW?

Kleine Anfrage von Verena Schäffer und Norwich Rüße

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
Portrait Norwich Rüße

PCB sind chlorhaltige chemische Stoffe, die sich schädigend auf das Nerven- und Immunsystem sowie auf Leber und Schilddrüse auswirken können und wurden von der Internationalen Agentur für Krebsforschung als krebserregend eingestuft. Im Oktober 2018 wurde durch zufällige Flockenfunde nach Partikelniederschlägen und folgenden Beschwerden der Anwohner Mitte des Jahres 2019 festgestellt, dass PCB bei der Firma BIW Isolierstoffe GmbH, Ennepetal und in mehreren Betrieben in NRW sowie bundesweit emittiert werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Anlagen zur Silikonkautschuk-Verarbeitung nach dem BImSchG nicht genehmigungsbedürftig.

Das Land NRW startete im April 2020 eine Bundesratsinitiative, um diese Betriebe als genehmigungsbedürftig nach dem BImSchG einzustufen. Im Juni 2020 hat der Bundesrat einer entsprechenden Änderung der Ziffer 10.7 der 4. BImSchV zugestimmt. Demnach sollten zukünftig Betriebe und Anlagen zum Vulkanisieren von Natur- und Synthesekautschuk unter Verwendung von halogenierten Peroxiden mit einem Einsatz von 30 Kilogramm und mehr je Stunde unter die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht fallen (Bundesrat Drucksache 210/20 vom 06.05.2020).

Im Bericht des MULNV für den Umweltausschuss im Dezember 2020 heißt es, dass die von NRW im Bundesrat ergriffene Initiative zur Aufnahme PCB-emittierender Anlagen zur Silikonverarbeitung in den Katalog immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen erfolgreich gewesen sei (http://landtag/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-4382.pdf). Es folgte eine Verordnung der Bundesregierung, Drucksache 687/20 vom 06.11.2020 (https://www.umwelt-online.de/PDFBR/2020/0687_2D20.pdf). Diese wurde am 18.12.2020 im Bundesrat beschlossen (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/downloads/DE/plenarprotokolle/2020/Plenarprotokoll-998.pdf? blob=publicationFile&v=2#page=497).

In einer Pressemeldung vom 22.06.2021 erklärt das MULNV nun, dass die Strategie zur Reduktion der PCB-Belastung im Umfeld von silikonverarbeitenden Betrieben in NRW erfolgreich sei.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der oben im Text genannten Gesetzesveränderung (Änderung der Ziffer 10.7 der 4. BImSchV und Verordnung der Bundesregierung, Drucksache 687/20) mit Blick auf die Stärkung des Vorsorgeprinzip, die Vermeidung und Minimierung von Umweltschäden durch PCB sowie den Gesundheitsschutz der Bevölkerung in NRW, insbesondere in Ennepetal?
  2. Inwiefern unterstützt die Landesregierung Produzentinnen und Produzenten bei der Umstellung ihrer Produktion?
  3. Wann kann mit einer Rücknahme der Nichtverzehrempfehlungen in Ennepetal, Wuppertal und Dortmund gerechnet werden? (Antwort bitte begründen).
  4. Welche alternativen Produktionsmethoden, wie alternative Filtertechnologien oder die Verwendung anderer Werkstoffe, werden zur Reduzierung der PCB-Belastung am Standort Ennepetal derzeit geprüft und / oder bereits eingesetzt?
  5. Die Firma BIW Isolierstoffe GmbH, Ennepetal unterhält eine unmittelbar benachbarte Schwesterfirma, die LFS GmbH mit Sitz in Ennepetal. Die Firma wird lt. Absprache mit Kreis- und Land NRW seit dem 01.04.2021 als genehmigungsbedürftige Anlage geführt. Welche technischen Möglichkeiten nutzen die Firmen BIW/ LFS GmbH in Ennepetal, um garantierte Abgaswerte zu ermitteln und eine Minimierung der PCB-Emissionen eindeutig nachzuweisen?