Schlechte Wohn- und Hygieneverhältnisse nicht nur im Zusammenhang mit Schlachthöfen…

Kleine Anfrage von Horst Becker, Norwich Rüße und Mehrdad Mostofizadeh

Portrait Norwich Rüße
Mehrdad Mostofizadeh

… Was unternimmt die Landesregierung, um bei Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen durchzusetzen?
In den letzten Wochen sind erneut die katastrophalen Arbeitsbedingungen auf vielen Schlachthöfen in den Blick geraten. In diesem Zusammenhang fielen auch oft katastrophale Wohn- und Hygienebedingungen auf. Solche dürften ebenfalls bei Saisonarbeitskräften im Bereich der Erntehelfer vorzufinden sein, sind aber offensichtlich bisher nicht im Fokus der Landesregierung gewesen.
Einem Bericht der Presseagentur nach haben letzten Freitag rund 150 Erntehelfer eines Spargelbetriebes aus Bornheim (Rhein-Sieg-Kreis) die Arbeit niedergelegt, „um gegen schlechte Bezahlung, und aus ihrer Sicht unhaltbare Wohn- und Hygieneverhältnisse zu protestieren.“ Dem Bericht nach waren Mitarbeiter des Arbeitsschutzes von der Bezirksregierung Köln zur Überprüfung vor Ort. Ergebnisse der Überprüfung lagen der Presse nach noch nicht vor. Der Bericht zitiert die Ministerinnen Heinen-Esser und Klöckner mit dem Satz: „Die strengen Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen sind Voraussetzung dafür, dass ausländische Saisonarbeitskräfte auch in der Pandemie hier arbeiten dürfen. Die Betriebe müssen diese Auflagen einhalten.“
Es stellt sich die Frage, ob seit Anfang April in NRW tatsächlich die notwendigen Maßnahmen ergriffen worden sind und ob die Landesregierung zu deren Durchsetzung die erforderlichen Kontrollen veranlasst hat.
In dem gemeinsamen „Konzeptpapier Saisonarbeiter im Hinblick auf den Gesundheitsschutz [Coronavirus (SARS-CoV-2)] von BMI und BMEL vom 02.04.2020 heißt es zu den notwendigen Voraussetzungen u.a.:
„In den Unterkünften:
•              Zur Verfügungstellung ausreichender Desinfektionsmittel (mind. 1 Spender je Zimmer, Bad, Toilette, Küche) und Einmalhandtücher in Bad, Toilette und Küche.
•              Engmaschige Reinigungspläne für Gemeinschaftseinrichtungen (Bäder, Toiletten u.a.), mehrfaches tägliches Desinfizieren von Türgriffen, Wasserhähnen, Toiletten u.ä.
•              Bei Nutzung gemeinsamer Bereiche (Küche, Sanitärräume etc.) durch verschiedene Teams ist durch verschiedene Nutzungszeiten ein Kontakt zwischen den Teams zu vermeiden. Zwischen den Nutzungen sind die Räume ausreichend zu lüften und zu reinigen.
•              Waschen der Wäsche bei mind. 60°C.
•              Spülen von Geschirr bei mind. 60°C.
•              Verbot von Besuchern auf dem Betriebsgelände.
Beim Arbeiten:
•              Arbeitsbesprechungen in ausreichend großen Räumen, so dass Mindestabstand eingehalten werden kann, oder im Freien.
•              Transporte zwischen Unterkunft und Einsatzort:
•              nur in den jeweiligen Teams oder stets nur mit halber Auslastung, so dass die Mitarbeiter nicht zu nah nebeneinander sitzen oder nur mit Mundschutz/Handschuhen.
•              Arbeiten soweit möglich mit Mindestabstand 2 m, bei geringerem Abstand als 1,5 m (außerhalb der festen Teams) Verwendung von Mundschutz und Handschuhen oder Schutzscheiben/-folien (z.B. an Sortiermaschinen).“
Angesichts der aus Bornheim berichteten Vorkommnisse muss der Eindruck entstehen, dass die Umsetzung dieser Vorgaben nicht mit der erforderlichen Konsequenz durchgesetzt wurde.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1.         Was sind die genauen Ergebnisse der Ermittlungen des Arbeitsschutzes der Bezirksregierung Köln?
2.         Wo hat es bezüglich der Wohn- und Hygienesituation von Saisonarbeitskräften Kontrollen hinsichtlich der oben zitierten Umsetzung des Konzeptpapieres von BMI und BMEL in NRW seit dem 6. April 2020 gegeben? (Bitte einzeln mit Kreis/Kommune und Datum aufführen.)
3.         Welche Ergebnisse haben diese Kontrollen jeweils ergeben? (Bitte genaue Ergebnisse je Fall! Soweit aus Datenschutzgründen notwendig, zumindest eine Tabelle, die alle Einzelergebnisse ohne Zuordnung erlaubt.)
4.         Wie begründet die Landesregierung angesichts der in der Vergangenheit vorherrschenden Wohn- und Hygieneverhältnisse für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft, dass sie die durch sie vorgegebene Kontrolldichte seit dem 6. April 2020 für ausreichend hält?
5.         Welche Konsequenzen sind aus Sicht der Landesregierung bezüglich der Kontrolle der Wohn- und Hygienesituation von Saisonarbeitskräften nun umgehend zu ziehen?