Schafhaltung in NRW erhalten – Weidetierprämie umsetzen!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Norwich Rüße

Die Schafhaltung steckt seit Jahren in einer tiefen Krise. Zahlreiche Betriebe haben bereits aufgegeben oder stehen kurz davor, dies zu tun. Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist die europäische Agrarreform 2003 und die damit verbundene Entkopplung der Agrarprämien. Sämtliche bislang an die Tierhaltung gekoppelten Prämien (Mutterkuhprämie, Milchprämie, Mutterschafprämie, Bullenprämie) wurden sukzessive auf die landwirtschaftliche Nutzfläche umgelegt. Das führt dazu, dass insbesondere Schafhalterinnen und Schafhaltern somit keine Agrarprämien mehr erhalten, wenn sie nur über wenig oder gar keine eigenen Flächen verfügen. Dies ist bei zahlreichen schafhaltenden Betrieben der Fall, oftmals nutzen Schäferinnen und Schäfer nur vorübergehend die Flächen anderer Landwirte. In diesen Fällen gehen Schäferinnen und Schäfer derzeit hinsichtlich der EU-Agrarförderung leer aus und Verbände der Berufsschäfer kritisieren, dass unter anderem dadurch häufig nicht einmal ein Einkommen in Höhe des Mindestlohns bleibe. Daher verdient die Schafhaltung eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine bessere Berücksichtigung innerhalb der Agrarförderung.
Vor diesem Hintergrund haben die Schafhalterinnen und Schafhalter eine Petition zur Einführung einer Weidetierprämie für Schafe gestartet. Diese Petition wurde von zahlreichen Verbänden unterstützt und hat mittlerweile über 120.000 Petentinnen und Petenten. In 22 anderen europäischen Mitgliedstaaten werden jährlich rund 500 Millionen Euro Weidetierprämien für Schafe und Ziegen gezahlt- nur in Deutschland nicht. Aufgrund der schwierigen Lage der Schafhaltung unterstützen wir diese von den Schäferinnen und Schäfern eingebrachte Petition für die Einführung einer Weidetierprämie.
Die Einführung einer Weidetierprämie ist eine Chance, die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Schafhaltung zu sichern und deren ökologischen Mehrwert zu erhalten. Dazu gilt es gemeinsam mit allen Beteiligten die Höhe und die Bedingungen für eine Weidetierprämie festzulegen, so wie es bereits in vielen europäischen Ländern geschieht. Die deutsche Bundesregierung hat bisher auf die Einführung einer Weidetierprämie verzichtet. Diese Prämie könnte aus den Agrarfördermitteln finanziert werden, die Deutschland erhält. Notfalls wäre es auch denkbar, dass das Land Nordrhein-Westfalen aus eigenen Mitteln die Existenz der Schafhaltung in unserem Bundesland mit einer Landesweidetierprämie sichert.
Die Schafhaltung hat in Nordrhein-Westfalen eine lange Tradition. Viele Kulturlandschaften hätten ihre charakteristische Ausprägung nicht entwickelt, wenn dort nicht über Jahrhunderte die Flächen mit Schafen beweidet worden wären. Das gilt beispielsweise für die Heideflächen der Senne, aber auch in den Mittelgebirgslagen ist die Schafhaltung gerade auf den weniger ertragreichen Flächen ein wichtiger und prägender Teil unserer Landschaft und Landwirtschaft. Ebenso für die Deichpflege sind Schafe besonders geeignet, da ihr Gewicht eine optimale Bodenverdichtung ohne Trittschäden bewirkt und sie gleichzeitig das Gras in der richtigen Höhe abfressen. Gerade mit Blick auf zunehmende Starkwetterereignisse sind funktionierende Deichanlagen entlang unserer Flüsse unverzichtbar für die Sicherheit der dort lebenden Bevölkerung. Schafbeweidung trägt ihren Teil dazu bei, diese Sicherheit zu gewährleisten.
Die Schafhaltung wird in der Regel als Weidehaltung betrieben und ist damit eine ökologisch besonders wertvolle Form der Grünlandnutzung, verbunden mit einer besonders artgerechten Form der Tierhaltung. Beweidete Flächen weisen im Gegensatz zu maschinell bewirtschafteten Flächen eine hohe biologische Vielfalt von Gräsern und Kräutern auf. Damit bieten sie attraktive Lebensräume für Insekten und sind ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Biodiversität und der Insektenvielfalt. Die Schafhaltung erzeugt zudem hochwertige Produkte, wie beispielsweise Fleisch, Wolle und Milch. Schafe und besonders Lämmer auf der Weide erhalten zusätzlich die Attraktivität ländlicher Räume, was insbesondere dem Tourismus in den Naherholungsgebieten zu Gute kommt.

I.    Der Landtag stellt fest

  • Die Schafhaltung in Nordrhein-Westfalen nimmt neben dem Erhalt der Kulturlandschaft auch eine wichtige ökologische Funktion wahr und zeichnet sich durch eine besondere artgerechte Tierhaltung aus.
  • Die Schafhaltung unterstützt Schutz und Erhalt unserer Deichanlagen, sowie die Offenhaltung der Landschaft. Diese würde ansonsten in vielen Bereichen brachfallen und ihre Vielfalt einbüßen.
  • Die Einführung einer Weidetierprämie spiegelt die Bedeutung der Tiere im Natur- und Landschaftsschutz.

II.    Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. sich auf Bundesebene für die Einführung einer Weidetierprämie einzusetzen, deren Ausgestaltung im Austausch mit den beteiligten Interessengruppen zu entwickeln ist.
  2. die Förderung der ökologisch besonders wertvollen, extensiven Weidehaltung im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen zu verbessern.
  3. die züchterische Arbeit der nordrhein-westfälischen Schafhaltung sowie die Schafberatung NRW auch zukünftig angemessen zu unterstützen.
  4. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Schafhaltung im Rahmen der Agrarförderung wieder eine stärkere Berücksichtigung findet.
  5. auf Bundesebene dafür Sorge zu tragen, dass durch Beweidung genutzte, extensive Grünland- und Naturschutzflächen als landwirtschaftlich genutzte Flächen gelten und somit prämienberechtigt sind.