Regionalflughäfen in NRW endlich wirtschaftlich unabhängig machen

Antrag der GRÜNEN im Landtag

  1. Ausgangslage

Die Fluggastzahlen sind im Jahr 2020 in ganz NRW durch die Corona-Pandemie um rund drei Viertel zurückgegangen. Von den verbleibenden Passagieren flogen die meisten von den Großflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn, als Regionalflughafen verzeichnet einzig Dortmund „nur“ einen Rückgang um 55 Prozent. In Paderborn/Lippstadt flogen 87 Prozent weniger Fluggäste, in Flughafen Münster/Osnabrück 77,5 Prozent und in Weeze 78,3 Prozent.

Alle vier Regionalflughäfen in Nordrhein-Westfalen sind auf öffentliche Mittel angewiesen, um ihren Flugbetrieb aufrecht zu erhalten, dies war schon vor dem Ausbruch der Covid19-Pandemie so. Weder Paderborn/Lippstadt, noch Dortmund, noch Weeze, noch Münster/Osnabrück waren bislang in der Lage, sich selbst wirtschaftlich zu tragen oder gar Gewinn an die meist kommunalen Anteilseigner auszuschütten. Diese Situation hat sich durch Corona noch einmal deutlich verschärft, da durch die starken Rückgänge im Passagierflug kaum Einnahmen erwirtschaftet wurden.

Ursprünglich sollten alle Regionalflughäfen durch stetig steigende Passagierzahlen und die Ansiedlung von Billigfluglinien und Pauschaltouristikangeboten längst in der Gewinnzone sein. Doch die positiven Prognosen sind nicht eingetreten, viele Billigfluglinien haben sich durch den enormen Preiskampf gegenseitig in den Ruin getrieben. Vor Corona warben die Großflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn den Regionalflughäfen Passagiere ab, eine sinnvolle Zusammenarbeit hat nie stattgefunden. Nach wie vor legt die Landesregierung entgegen ihren früheren Ankündigungen kein Luftverkehrskonzept vor.

Der Flughafen Paderborn/Lippstadt hat nun ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet, um die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Die Stadt Bielefeld ist bereits als Anteilseignerin ausgestiegen und hat ihre Anteile an den Kreis Paderborn gegen eine Zahlung von 2,5 Mio. Euro weitergereicht. Der Kreis Gütersloh will laut jüngsten Presseberichten eine Zahlung von rund 3 Mio. Euro für die Übernahme der Anteile an den Kreis Paderborn leisten und steigt damit ebenfalls als Anteilseigner aus. Der Kreis Lippe hat ebenfalls einen Ausstieg beschlossen und verhandelt über die Modalitäten.

Auch der Flughafen Münster/Osnabrück trägt sich bislang wirtschaftlich nicht selbst, immer wieder haben die Anteilseigner finanzielle Unterstützung leisten müssen. Allein durch die Pandemie sollen in 2020 zusätzliche Forderungen in Höhe von rund 10 Mio. Euro entstanden sein. Die Stadt Münster hat nun ein Gutachten beschlossen, in dem die Zukunft des Flughafens notfalls auch ohne Flugbetrieb geklärt werden soll.

Der Flughafen Dortmund hatte in der Vergangenheit ein operatives Defizit, durch Corona wurde dieses nochmals deutlich vergrößert. Der Dortmunder Flughafen ist jedoch der einzige Regionalflughafen, der in den letzten Jahren steigende Fluggastzahlen aufweisen konnte. Aber auch dort mehren sich die Stimmen, die keine öffentlichen Gelder mehr an Subventionen an den Flughafen zahlen wollen. Die Stadt Dortmund hat ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben, das eine mögliche Nachnutzung des Flughafengeländes auch ohne Flugbetrieb untersuchen soll.

Der Flughafen Weeze ist im Gegensatz zu den anderen Regionalflughäfen überwiegend in privater Hand, d.h. er gehört zu 89 Prozent einem niederländischen Investor, der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze haben einen Anteil von 11 Prozent. In 2019 – also vor Corona – zahlten der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze einen Zuschuss von 1,9 Mio. Euro als direkte Subvention an den Flughafen. Dieser ist insgesamt in einer prekären wirtschaftlichen Situation, da fast ausschließlich die irische Fluggesellschaft Ryanair dort ansässig ist. Diese hatte in der Vergangenheit schon Flüge reduziert und droht immer wieder mit vollständiger Abwanderung. Durch Corona hat sich die wirtschaftliche Situation noch einmal deutlich verschärft, im Sommer 2020 wurden noch einmal 6 Mio. Euro durch die kommunalen Anteilseigner bereitgestellt.

Der Bund und die Länder wollen nun einen milliardenschweren Corona-Rettungsschirm aufspannen, um die angeschlagenen Verkehrsflughäfen zu retten. Profitieren davon werden in erster Linie die Großflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn und der Regionalflughafen Münster/Osnabrück, dem verkehrspolitisch eine hohe Bedeutung vom Bund zuerkannt wurde. NRW soll diese Bundesmittel mit einem landeseigenen Zuschuss ergänzen. In Dortmund und Weeze sollen nur die Kosten für die Flugsicherung übernommen werden, aber das muss erst noch per Gesetz geregelt werden. Einzig Paderborn/Lippstadt geht leer aus, hier sind weder direkte Subventionen und Kreditzusagen noch eine Kostenübernahme vorgesehen.

  1. Der Landtag stellt fest

Die Regionalflughäfen waren in der Vergangenheit nicht wirtschaftlich und waren vor 2020 auf öffentliche Subventionen aus Steuermitteln angewiesen.

Aufgrund des Passagierrückgangs durch die Corona-Pandemie hat sich die finanzielle Situation der Regionalflughäfen noch einmal deutlich verschärft, jetzt subventionieren neben den kommunalen Anteilseignern auch Bund und Land die Flughäfen direkt oder durch Kostenübernahmen.

Es gibt außer bislang nicht eingetretenen Prognosen keine Hinweise, dass sich die wirtschaftliche Situation aller vier NRW-Regionalflughäfen nach Ende der Pandemie generell verbessern wird und diese zukünftig unabhängig von öffentlichen Mitteln wirtschaftlich profitabel werden.

Es liegen weder ein Luftverkehrskonzept der Landesregierung noch sonstige Grundlagen vor, nach denen ein objektiver wirtschaftlicher Nutzen der Regionalflughäfen bemessen und Entscheidungen zur Zukunft der Flughäfen auf wissenschaftlicher Grundlage getroffen werden könnten.

III. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert

  • die Landesmittel, die durch die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Subvention der NRW Flughäfen als Ausgleich von coronabedingten Einnahmeausfällen gezahlt werden sollen, an Kriterien zur Einhaltung der Klimaschutz- und Lärmschutzziele zu knüpfen. Dazu gehört beispielsweise, die die Subventionen in Anspruch nehmenden Flughäfen zu verpflichten:
  • Konzepte zur Erreichung von Klimaneutralität bis 2035 aufzulegen und umzusetzen,
  • deutlich höhere Gebühren für verspätet landende und abfliegende Flugzeuge analog der Hamburger Gebührenordnung zu erheben,
  • auf die Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf zu verzichten,
  • den Passagiernachtflug am Flughafen Köln/Bonn zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens einzustellen,
  • nur noch lärmarme Maschinen für den Frachtflug in der Nacht starten und landen zu lassen.
  • Ein Gutachten in Auftrag zu geben, das für die vier Regionalflughäfen die gegenwärtige, mittelfristige und langfristige wirtschaftliche Perspektive ermittelt und als Grundlage für die Entscheidung über Erhalt oder Einstellung des öffentlichen Flugbetriebs dienen kann. Dabei sollen vorrangig folgende Fragen geklärt werden:
  • perspektivische Chancen wirtschaftlicher Eigenständigkeit und Subventionsunabhängigkeit,
  • Ermittlung der tatsächlich regional unmittelbar und mittelbar vom öffentlichen Flugbetrieb abhängige Wirtschaftsunternehmen,
  • Ermittlung der tatsächlich regional unmittelbar und mittelbar vom öffentlichen Flugbetrieb abhängige Arbeitsplätze,
  • Möglichkeit der Verlagerung von Flugbewegungen/Zusammenarbeit der Flughäfen in NRW.
  • Ein Flughafenkonzept NRW auf Basis der durch das Gutachten gewonnenen Erkenntnisse aufzustellen und dem Landtag zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.