Regelung der Verleihung von Körperschaftsrechten an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (Körperschaftsstatusgesetz)

Gemeinsamer Antrag aller Fraktionen

A. Problem

Die Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ist landesrechtlich bisher lediglich für die jüdischen Kultusgemeinden durch das Gesetz über die jüdischen Kultusgemeinden vom 18. Dezember 1951 geregelt. Hinsichtlich aller übrigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften besteht außer dem Hinweis in Artikel 22 der Landesverfassung auf Artikel 140 Grundgesetz, der auf die Vorschriften der Weimarer Reichsverfassung verweist, keine weitere rechtliche Regelung. Die Verleihung der Körperschaftsrechte wird zudem unterschiedlich gehandhabt: Den jüdischen Kultusgemeinden werden die Körperschaftsrechte durch Verwaltungsakt verliehen; an die übrigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erfolgt bisher gewohnheitsgemäß eine Verleihung durch Gesetz. Hier ist der Gesetzgeber aufgerufen, eine Vereinheitlichung herbeizuführen.
Darüber hinaus fehlt es an einer Regelung über den Verlust der Körperschaftsrechte. Gerät beispielsweise eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, die die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt, in eine strukturelle oder wirtschaftliche Krise, so ist ein staatliches Eingreifen bisher im Wege der Aufsicht aufgrund des kirchlichen Selbstbestimmungsrechtes aus verfassungsrechtlichen Gründen nahezu ausgeschlossen. Erforderlich ist jedoch eine Handlungsoption des Staates durch die Möglichkeit der Erteilung von Auflagen oder als „ultima ratio“ auch durch den Entzug der Körperschaftsrechte. Hierfür bedarf es jedoch einer gesetzlichen Grundlage, die mit diesen Vorschriften geschaffen werden soll.
Insgesamt dokumentiert das Land mit diesem Gesetz, dass es die Entwicklungen im Religionsverfassungsrecht zeitgemäß aufgreift. Das Interesse von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften an der Verleihung des öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus ist in der letzten Zeit feststellbar angestiegen. Im Rahmen der Integration von Zuwanderern und der nachfolgenden Generationen sowie einer damit verbundenen zunehmenden religiösen Pluralität werden zunehmend auch Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die nicht dem christlichen Hintergrund entstammen, die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhalten. Anträge liegen vor. Angesichts der zunehmenden Vielfalt von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften unterschiedlichster Herkunft und Hintergründe ist es unerlässlich, ein präzises und differenziertes Regelungswerk für den Umgang miteinander aufzustellen. Das schafft für beide Seiten Rechtssicherheit, stärkt die Religionsausübungsfreiheit der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und damit ihre Möglichkeiten zur Teilhabe an der Öffentlichkeit. Das Gesetz gibt dem Land aber auch ein brauchbares Handwerkszeug für Reaktions- und Gestaltungsmöglichkeiten an die Hand.

B. Lösung

In dem neu zu schaffenden Körperschaftsstatusgesetz werden im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben Regelungen über die Verleihung von Körper­schaftsrechten an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften aufgenommen. Zudem werden der Verlust der Körperschaftsrechte sowie die sich daran knüpfenden Rechtsfolgen positivrechtlich geregelt. Zugleich wird der Systemwiderspruch zwischen einer Verleihung von Körperschaftsrechten an die jüdischen Kultusgemeinden durch Verwaltungsakt und an alle übrigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durch Gesetz zugunsten einer einheitlichen Verleihung durch Rechtsverordnung beseitigt.
Darüber hinaus wird das Gesetz über die Verleihung von Körperschaftsrechten an jüdische Kultusgemeinden aufgehoben. Spezieller Regelungen für diese Gemeinden bedarf es nicht mehr. Ihr Rechtsstatus bleibt gewahrt.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Dem Land entstehen durch den Erlass des Körperschaftsstatusgesetzes keine Kosten.

E. Zuständigkeit

Die Zuständigkeit für dieses Gesetzgebungsverfahren liegt bei der Staatskanzlei als dem für Religionsangelegenheiten zuständigen Ressort im Einvernehmen mit dem Finanzministerium als dem für Kirchensteuerfragen zuständigen Fachressort.

F. Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und die Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände

Keine.

G. Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und privaten Haushalte

Keine.

H. Befristung

Da die Körperschaftsanerkennung einem Verfassungsgebot entspricht und für die Betroffenen von außerordentlicher Bedeutung ist, war eine Berichtsfrist zu wählen. Die Landesregierung wird vor Ablauf der Frist eine ausführliche Analyse der Praxis dieses neuen Gesetzes vorlegen.