Rechtsterrorismus bekämpfen – Solidarität mit den Opfern rassistischer Gewalt

Eilantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der grausame Mord an Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke am 02. Juni 2019 erschüttert unsere demokratische Gesellschaft. Dr. Walter Lübcke wurde bereits seit 2015 für seine Haltung, die er in Bezug auf die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft einnahm, massiv angefeindet und bedroht. Im Februar 2019 wurde eine neue Welle des Hasses und der Anfeindungen über die sozialen Medien mit Aufruf zum Mord entfacht. Nach dem mutmaßlich politisch rechts motivierten Mord reagierten Rechtsextreme mit unerträglichen Hohn und Zustimmung auf den Tod Dr. Walter Lübckes. Der Landtag NRW gedenkt Dr. Walter Lübcke.

Der mutmaßliche Täter Stephan E. wurde am 15. Juni 2019 festgenommen. Er ist seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene aktiv und hat in der Vergangenheit immer wieder politisch rechts motivierte Straftaten begangen. Am 01. Mai 2009 war er an dem rechtsextremen Angriff auf die DGB-Kundgebung in Dortmund beteiligt. Am Freitag, den 21. Juni 2019 wurde bekannt, dass Stephan E. noch im März 2019 an einem Treffen der militanten Gruppierung „Combat18“ teilgenommen haben soll. Eine wichtige Frage ist die einer möglichen Mittäterschaft bzw. die Einbindung in ein gewaltbereites rechtsextremes Netzwerk. Bekannt ist, nicht zuletzt durch die Arbeit des PUA NSU des Landtags NRW, dass es enge Verbindungen der Neonaziszenen in Kassel und Dortmund gibt, auch über Personen, die „Combat 18“ angehören.

In der vergangenen Woche wurden Morddrohungen gegen Oberbürgermeisterin Henriette Reker aus Köln und Bürgermeister Andreas Hollstein bekannt. Beide wurden bereits Opfer von politisch rechts motivierten Gewalttaten. Die Drohungen sind offenbar als Reaktion auf den Mord an Dr. Walter Lübcke zu verstehen und beziehen sich auch auf diesen. So berichtet der WDR, dass die aktuellen Schreiben einen direkten Bezug herstellen. Es heißt unter anderem wörtlich: "Die Phase bevorstehender Säuberungen wurde mit Walter Lübcke eingeleitet."

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Freitag (21.06.2019) in einem Interview mit WDR 2 zu den Drohungen per Mail gegen Oberbürgermeisterin Rekerund Bürgermeister Hollstein: "Das gab es schon immer wieder mal. Aber gerade in den letzten Monaten – das muss ich schon sagen – gab es eine Zuspitzung der Sprache. Es hat im Internet angefangen mit einer Radikalisierung, mit einer Brutalität der Sprache,mit einer Verunglimpfung von anderen Menschen, die beispiellos ist und ich finde an der Stelle müsste auch schon eingesetzt werden.“

Seit einigen Jahren schon bewegt sich die von den Sicherheitsbehörden registrierte Anzahl politisch rechts motivierter Gewalttaten auf einem hohen Niveau. Im Jahr 2018 verzeichnete die Polizei mehr als 200 politisch rechts motivierte Gewaltdelikte. Bedroht werden neben Politikerinnen und Politikern auch Menschen, die aufgrund anderer Merkmale wie Migrationshintergrund, Religion oder Engagement für Demokratie und Vielfalt Opfer rechter Gewalt werden. Eine neue Qualität stellt allerdings die offene Bedrohung von Amtsträgerinnen und Amtsträgern unter Bezugnahme auf einen vollzogenen Mord dar, der nach aller Wahrscheinlichkeit aufgrund eines rechtsextremen Motivs begangen wurde. Aktuell ist eine steigende Gewaltbereitschaft in der rechtsextremen Szene zu beobachten, die auch in Kampfsportveranstaltungen trainiert wird. Einer der Hauptakteure im rechtextremen Kampfsport ist der Dortmunder Neonazi Alexander D., der am vergangenen Wochenende an der rechtsextremen Veranstaltung „Schild und Schwert“ in Ostritz teilnahm, wie der WDR in der Sendung von Westpol vom 23. Juni 2019 berichtet. In der gleichen Sendung macht der Leiter des Verfassungsschutzes NRW, Burkhard Freier, auf die engen Verbindungenzwischen den Neonaziszenen in Kassel und Dortmund – gerade auch im Hinblick auf die besonders gewaltbereiten Szenen von „Combat 18“ in den beiden Städten aufmerksam.

Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Drohungen besonders ernst zu nehmen. Der Landtag NRW muss jetzt ein deutliches Zeichen für eine demokratische und vielfältige Gesellschaft und gegen Hass und Hetze setzen. Ein solches Signal entzieht politisch rechts motivierten Straftätern, die meinen, ihre Taten durch Stimmungen in der Gesellschaft legitimeren zu können, den Nährboden.

Beschluss

Der Landtag

  • gedenkt dem ermordeten Dr. Walter Lübcke und ist in Gedanken bei seiner Familie.
  • Vertraut den Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung des Falls; für Nordrhein-Westfalen ist die Untersuchung möglicher Verbindungen der rechtsextremen Szenen in Kassel und Dortmund wichtig.
  • fordert eine verstärkte Sensibilität der Sicherheitsbehörden in Bezug auf Drohungen gegen Politikerinnen und Politiker sowie allen anderen Personengruppen, die von Rechtsextremen bedroht werden.
  • bekräftigt seinen Beschluss vom 23.01.2019 (Antragsdrucksache 17/4797)

Der Landtag

  • spricht sich eindeutig und unmissverständlich gegen Rassismus, Antisemitismusund jede weitere Form von Menschenfeindlichkeit aus.
  • fordert die Landesregierung auf, die Arbeit des Landes gegen Rechtsextremismusund Rassismus weiter zu stärken.
  • fordert die Landesregierung auf, das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus weiterzuentwickeln und auszubauen sowie das kommunale Förderprogramm NRWeltoffen auf weitere Kommunenauszuweiten.
  • fordert die Landesregierung auf, die Handlungsempfehlungen desparlamentarischen Untersuchungsausschusses III zu den Verbrechen des NSU in Nordrhein-Westfalen der 16. Legislaturperiode des Landtags NRW (Drucksache 16/14400) vollumfänglich umzusetzen

Monika Düker
Arndt Klocke
Verena Schäffer
und Fraktion