Rechtslücken schließen und Transparenz schaffen – notwendige Konsequenzen aus den Panama Papers ziehen

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

I. Ausgangslage

Der internationale Skandal um die Panama Papers macht das Ausmaß deutlich, mit dem zweifelhafte Geldflüße bis dato verschleiert werden konnten. Es ist einer internationalen Gruppe von Journalisten zu verdanken, dass das Datenleck um die Klienten der Kanzlei Mossack Fonseca mit einem Netzwerk von über 214.000 Briefkastenfirmen öffentlich geworden ist. Die Möglichkeit auf Offshore-Finanzplätzen anonym Geschäfte abzuwickeln, ist dabei keineswegs neu. Die jüngsten Enthüllungen um die Panama-Leaks offenbaren aber, in welchem Umfang dieses Modell für Steuerumgehung und illegale Machenschaften durch die Einrichtung von Briefkastenfirmen genutzt wird.  
Durch lasche rechtliche Rahmenbedingungen ist es in Panama mit geringem Aufwand möglich solche Scheinfirmen zu gründen, denen Zugang zu einem eigens angelegten Bankkonto gewährt wird. Mit Hilfe des Einsatzes von Scheindirektoren können dann Geschäfte wie beispielsweise der Kauf von Immobilien und Aktien geschlossen werden, ohne, dass die eigentlichen Akteure in Erscheinung zu treten brauchen. Zwar ist die Gründung und Inhaberschaft einer Briefkastenfirma an sich nicht strafbar und auch europäische Finanzplätze bieten diese Möglichkeit für ausländische Staatsbürger an, jedoch belegen die nun bekannt gewordenen Dokumente wie ein Netzwerk aus Banken, Anwaltsfirmen und anderen Vermittlern gezielt zweifelhafte Vermögen in Steuerparadiesen versteckt hat.

II. Der Landtag stellt daher fest:

Der Skandal um die Panama Papers ist nach Offshore-Leaks und Lux-Leaks die Fortsetzung einer Reihe von Aufdeckungen rund um internationale Geldwäsche und Steuerflucht. Er offenbart ein weiteres Mal, wie durch dubiose Geschäfte ehrliche Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und unser Gemeinwesen betrogen werden und bestätigt die Notwendigkeit eines konsequenten Vorgehens gegen Steuerbetrug, wie es der nordrhein-westfälische Finanzminister bereits stringent verfolgt. Dabei ist Steuerbetrug nicht das einzige Vergehen, welches durch die Nutzung von Briefkastenfirmen begangen wird: Unter anderem nutzen diktatorische Regime, die organisierte Kriminalität und Terrororganisationen bestehende rechtliche Schlupflöcher aus, um sich Strafverfolgung und internationalen Sanktionen zu entziehen.
Auf nationaler Ebene kann der Missbrauch des Konstrukts ausländischer Briefkastenfirmen nur bedingt verhindert werden. Hier bedarf es internationaler Koordinierung, um das Problem flächendeckend zu lösen. Ein Schritt in die richtige Richtung zur Durchsetzung von Steuerehrlichkeit sind zwischenstaatliche Abkommen zum Austausch von Kontodaten. Doch das Bundesfinanzministerium will Informationen nur eingeschränkt freigeben: Künftig sollen Staaten, die keine Daten im Austausch liefern können, Informationen vorenthalten bleiben. Diese Praxis träfe insbesondere ärmere Staaten, welche erheblich auf solche Daten angewiesen sind. Nutznießer wären wieder private Inhaber, die erhebliche Auslandsvermögen bei deutschen Banken vorhalten. Diese blieben auch weiterhin vor dem Zugriff des Fiskus verschont.
Außerdem muss die Rolle von Banken beim Aufbau eines Systems zur Verschleierung von Geldtransfers kritisch hinterfragt werden und Möglichkeiten, Fehlverhalten zu sanktionieren, geschaffen werden. Ähnlich wie in den USA, sollten Möglichkeiten geschaffen werden, Banken, die sich an dubiosen Geschäften beteiligen, zu sanktionieren. Darüber hinaus findet in den Vereinigten Staaten durch den Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) ein rigoroses System von Meldepflichten für Banken an die US-amerikanischen Steuerbehörden Anwendung. Auch ein solches System würde in Europa zu mehr Transparenz und Aufklärung sorgen, denn Transparenz ist ein elementarer Bestandteil im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung.
NRW hat bereits vor Jahren Vorschläge zur Einführung eines umfassenden Unternehmensstrafrechts gemacht, welches weitreichende Sanktionsmöglichkeiten bieten würde. Diese Bemühungen gipfelten in einer Gesetzesinitiative des Bundesrates, welche die Sanktionierung von Banken, die entsprechende Praktiken unterstützen, ermöglichen sollte und als schärfstes Instrument sogar die Entziehung der Lizenz von Banken vorsah. Leider ist die Initiative bisher vom Bundestag nicht aufgegriffen worden, obwohl sie ein wirkungsvolles Instrument im Kampf gegen illegale Geschäftspraktiken wäre.
Die Schaffung eines Transparenzregisters wie von Bundesjustizminister Maas vorgeschlagen, ist daher ein positiver Schritt zur Offenlegung der tatsächlichen Eigentümer von Briefkastenfirmen. Ein solches Register kann jedoch nur dann seinen Zweck erfüllen, wenn die darin enthaltenen Daten auch wirklich für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich sind. Für die derzeit mit der Umsetzung der 4. Europäischen Geldwäscherichtlinie befasste Bundesregierung bedeutete Finanztransparenz von Unternehmen jedoch bisher lediglich Informationszugang für Ermittlungsbehörden. Die Bundesregierung begründet dies mit der Wahrung des Steuergeheimnisses. Dieses bliebe jedoch ohnehin gewahrt, würden doch nur die Namen der wahren Inhaber von Briefkastenfirmen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zudem zeigen Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, dass eine konsequente Umsetzung von Transparenzstandards nicht einzig Vertrauen in staatliche Institutionen stärkt, sondern durchaus auch als Qualitätsmerkmal für Finanzplätze wahrgenommen wird.

III. Der Landtag beschließt:

Steuerbetrug stellt einen unsolidarischen Raubbau an unserem Gemeinwesen dar und muss daher mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden. Der Landtag unterstützt daher ausdrücklich die vom nordrhein-westfälischen Finanzminister bereits ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung.
Der Landtag bestärkt die Landesregierung in ihren Bemühungen Steuerschlupflöcher zu schließen. Nicht alle der nun aufgedeckten Praktiken sind strafbar, doch dienen sie hauptsächlich dem Zweck, die Steuerpflicht zu umgehen oder Geld zu waschen und so letzlich dem Gemeinwohl zu schaden.
 Die Landesregierung wird aufgefordert:
Die Bemühungen zur Schaffung eines effektiven Unternehmensstrafrechts weiter zu intensivieren
sich weiterhin auf Bundes- und europäischer Ebene für die Schaffung eines funktionierenden Informationsaustausches staatlicher Behörden zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung einzusetzen.
Auf die Einführung  eines öffentlich zugänglichen Transparenzregisters für Eigentümer von Briefkastenfirmen hinzuwirken, bei dem das Steuergeheimnis jedoch gewahrt bleibt.
Zu prüfen, ob bei Verdacht illegaler Handlungen durch mutmaßliche Briefkastenfirmen die Beweislast umgekehrt werden kann, so dass Inhaber von Briefkästenfirmen beweisen müssen, dass diese nicht nur der Verschleierung von Finanzströmen dienen.
Sich für eine Meldepflicht für Steuerpflichtige, Banken und andere Dienstleister, welche Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen in Offshore-Staaten betreiben oder herstellen, einzusetzen, die bei Unterlassen sanktioniert werden.
zu verhindern, dass die EU die Gründung neuer Briefkastenfirmen mit nicht identifizierbaren Eigentümern im Rahmen des Unternehmensgesellschaftsrechtes (sogenannte Societas Unius Personae, SUP)  erleichtert.