Probleme bei der Umstellung von G8 auf G9 übersehen: Welche Antworten gibt die Landesregierung besorgten Schülerinnen und Schülern, Eltern und nicht zuletzt den Schulträgern?

Kliene Anfrage von Sigid Beer

Nordrhein-Westfalen hat entschieden, vom achtjährigen auf den neunjährigen Bildungsgang am Gymnasium umzustellen. Diese Entscheidung wurde grundsätzlich von allen Fraktionen getragen, da die Veränderungsnotwendigkeit allgemein gesehen wurde. Aufgabe der Landesregierung war und ist es, bei der konkreten Umsetzung sorgsam vorzugehen und durch Erlasse und Verordnungen den Prozess zu steuern und zu begleiten. So wurde rechtzeitig die Ausbildungs- und Prüfungsordnung (APO-S-I) angepasst.
Unvorbereitet zeigt sich die Landesregierung bislang vor dem Problem, vor dem Schülerinnen und Schüler stehen, die im Schuljahr 2023/2024 von anderen Schulformen in die gymnasiale Oberstufe wechseln möchten. Denn in diesem Schuljahr sind die Schülerinnen und Schüler des achtjährigen Bildungsgangs in Klasse 11, die für sie die Qualifikationsphase 1 der Oberstufe bedeutet. Diejenigen des neunjährigen Bildungsgangs besuchen die Klasse 10, die für sie zur Mittelstufe zählt. Die Schülerinnen und Schüler von Real- oder Sekundarschulen, die in die gymnasiale Oberstufe wechseln wollen, brauchen aber eine Möglichkeit in die Einführungsphase zu gelangen (Jahrgangsstufe 10 beim achtjährigen und 11 beim neunjährigen Bildungsgang des Gymnasiums). Sie haben somit die Möglichkeit ein Jahr zu warten, um dann Anschluss an das G9-Gymnasium zu finden – was die Landesregierung nicht ernsthaft empfehlen kann – oder die gymnasiale Oberstufe einer Gesamtschule zu besuchen.
Die Versorgung mit Gesamtschulen ist regional sehr unterschiedlich und ihre Aufnahmekapazitäten sind oft ausgeschöpft. Bei Sekundarschulen kommt hinzu, dass sie oft verbindliche Verträge mit Partnerschulen (Gymnasien und Gesamtschulen) geschlossen haben, die den Schülerinnen und Schülern der Sekundarschule eine bruchlose Fortsetzung ihrer Bildungslaufbahn bei ausreichenden Leistungen sichern soll. Gymnasien können diese Zusage nicht ohne weiteres im Schuljahr 2023/2024 einhalten.
Denkbar wäre zum Beispiel die Schaffung von Lerngruppen an Gymnasien für die Schülerinnen und Schüler, die von anderen Schulformen in diesem Jahr in die gymnasiale Oberstufe wechseln sowie Kooperationen von gymnasialen Oberstufen. Schulträger und Schulen brauchen klare Regeln für ihre Planungen. Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern brauchen Klarheit, welche Perspektiven es für die Fortsetzung der Bildungslaufbahn gibt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.      Wie viele Schülerinnen und Schüler sind in diesem Schuljahr in die gymnasiale Oberstufe von anderen Schulformen gewechselt (bitte aufschlüsseln nach Herkunftsschulform und nach Gymnasium bzw. Gesamtschule)?
2.      Wie groß ist die Kapazität der gymnasialen Oberstufen der Gesamtschulen hinsichtlich der Aufnahme aller Schülerinnen und Schüler anderer Schulformen im Schuljahr 2023/2024?
3.      Welche Möglichkeiten sollen Gymnasien und Schulträgern eröffnet werden, um Lösungen für das besondere Schuljahr zu finden?
4.      Wie ist der Zeitplan zur Schaffung der notwendigen rechtlichen Voraussetzungen und zur Information der Betroffenen?
5.      Wie werden Schulträger, Schulen, Eltern und Schülerinnen und Schüler informiert, welche Perspektiven es im Schuljahr 2023/2024 zum Besuch der gymnasialen Oberstufe gibt?