NRW will eine verbesserte Tabakprävention und Passivraucherschutz für Minderjährige sowie Schwangere in Autos

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Mehrdad Mostofizadeh

I.         Ausgangslage
Dass Passivrauchen die Gesundheit gefährdet, ist hinlänglich bekannt. In verbranntem Tabak sind rund 90 nachgewiesene toxische oder krebserregende Substanzen enthalten. Die Konzentration dieser Giftstoffe ist dabei im abgegebenen Rauch sogar höher als im aktiv inhalierten. Passivrauchen ist folglich noch gesundheitsschädlicher als aktives Rauchen durch den Filter.
Passivrauchen betrifft besonders Kinder, da sie u.a. eine höhere Atemfrequenz aufweisen und sich die Lungen bis zum 20. Lebensjahr noch entwickeln. Darüber hinaus ist ihr Entgiftungssystem nicht in dem Maße ausgereift wie dies bei Erwachsenen der Fall ist. Nach Untersuchungen des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) werden bei Kindern eine ganze Reihe von gesundheitlichen Folgen beobachtet. Minderjährige, die wiederholt Tabakrauch ausgesetzt sind, erleiden massive Gesundheitsschäden: Hierzu gehören die Schädigung der sich entwickelnden Lunge, Atemwegsbeschwerden und Atemwegserkrankungen, beeinträchtigte Lungenfunktion und Mittelohrentzündungen, Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Asthma-Erkrankung oder auch eine Erhöhung des Blutdrucks. Mediziner diagnostizieren ferner ein erhöhtes Risiko für Aufmerksamkeitsstörungen, Übergewicht und Diabetes II.
Außerdem erhöht Passivrauchen das Krebsrisiko. So erkranken Minderjährige, deren Eltern rauchen, beispielsweise häufiger an Tumoren oder Leukämie. Gravierend können die Folgen des Passivrauchens insbesondere für Säuglinge sein, da deren Risiko eines plötzlichen Kinds- tods steigt. Im ersten Lebensjahr ist Passivrauchen einer der Hauptrisikofaktoren für plötzlichen Kindstod. Weltweit sterben jährlich 166.000 Kinder an den Folgen des Passivrauchens.
Gerade in geschlossenen Räumen sind Minderjährige dem Passivrauchen verstärkt ausgesetzt. Dies gilt insbesondere in Fahrzeugkabinen: Die Passivrauchkonzentration ist für Minderjährige nirgends so hoch wie als Beifahrer. Die Konzentration krebserregender Stoffe steigt trotz ggf. geöffnetem Fenster auf das über 200-fache an. Nach Messungen des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) liegt die Schadstoffkonzentration in einem verrauchten Auto fünf Mal so hoch wie in einer durchschnittlich verrauchten Bar. Das dkfz schätzt, dass rund eine Million Minderjährige in Deutschland Tabakrauch im Auto ausgesetzt sind.
Vor diesem Hintergrund haben nicht nur die Bundesärztekammer und die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler ein Rauchverbot bei Autofahrten mit Minderjährigen und Schwangeren gefordert. Gemäß der „Deutschen Befragung zum Rauchverhalten“ (DEBRA-Studie) befürworten 71 Prozent der Deutschen ein Rauchverbot im Auto. Selbst 67 Prozent der befragten Raucherinnen und Raucher plädieren dafür, Rauchen im Auto zu verbieten und entsprechend zu sanktionieren, sofern Minderjährige mit im Fahrzeug sitzen. Nur 14 Prozent sind dagegen. Im Gesundheitsmonitor 2014 sprachen sich sogar 87 Prozent für ein Rauchverbot in Autos aus, in denen Kinder und Jugendliche mitfahren. Unter den Raucherinnen und Rauchern lag die Zustimmung immerhin noch bei 78 Prozent.
Staaten wie u.a. Großbritannien, Italien, Griechenland, Frankreich, Zypern, Südafrika, Australien und erst kürzlich Österreich haben bereits Rauchverbote in Autos eingeführt, wenn Minderjährige Beifahrer sind. Auch in den USA und in Kanada bestehen in weiten Teilen solche Verbote. Gerade in Kanada konnte ein deutlich positiver Effekt nachgewiesen werden: In jenen Provinzen mit Rauchverbot, ist die Zahl der Raucher im Auto deutlich zurückgegangen.
Eine Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Rauchverbotes in Autos bei Anwesenheit von Minderjährigen hat zudem dargelegt, dass eine solche Regelung in Deutschland formell als auch materiell verfassungskonform wäre. Die Verhältnismäßigkeit eines solchen Verbots ist unstreitig. Zu diesem Ergebnis sind auch die Sachverständigen im Rahmen einer jüngst durchgeführten Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend sowie des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Landtag von Nordrhein-Westfalen gelangt.
Die 91. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat am 22. Oktober 2018 festgestellt, dass Minderjährige und Schwangere gegenüber den Folgen des Passivrauchens besonders schutzbedürftig sind. Die GMK hält daher ein bundesweites Rauchverbot in Kraftfahrzeugen mit Minderjährigen und Schwangeren für erforderlich.
II.       Der Landtag stellt fest:
·          Tabakrauch beinhaltet zahlreiche giftige und krebserregende Stoffe. Wie durch das Rauchen selbst werden auch durch das Passivrauchen schwere Erkrankungen ausgelöst. Kinder und Jugendliche sind besonders durch das Passivrauchen gefährdet und können sich dem in der Regel nicht selbstständig entziehen. Daher ist es notwendig, dass der Staat im Rahmen seiner Möglichkeiten Regelungen schafft, um diese Personengruppe konsequent vor dem Passivrauchen zu schützen.
·          Die 91. Gesundheitsministerkonferenz hat mit ihrem parteiübergreifend gefassten Beschluss den Bundesgesetzgeber aufgefordert, ein bundesweites Rauchverbot in Kraftfahrzeugen mit Minderjährigen und Schwangeren einzuführen und ergänzend die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit der Entwicklung geeigneter Strategien und Maßnahmen zu beauftragen. Damit unterstützen die Länder eine Forderung der Kinder- d Jugendärzte und des Deutschen Ärztetages. Der Landtag begrüßt diese Initiative und das positive Votum des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers als ersten wichti- n Schritt auf dem Weg zu einer neuen Rechtslage.
·          Die im Haushalt 2019 erfolgte Aufstockung der Mittel für die Präventionsarbeit zur Aufklärung über Gesundheitsgefahren für Kinder, Jugendliche und Schwangere, die Rauch in ihrer unmittelbaren Umgebung, insbesondere in Kraftfahrzeugen, ausgesetzt sind, ist zu begrüßen.

III.      Der Landtag beschließt:

1.       Minderjährige und Schwangere sind vor den Folgen des Passivrauchens insbesondere in Autos zu schützen. Die Landesregierung wird daher gebeten, über den Bundesrat einen Gesetzentwurf einzubringen, der das Rauchen in Autos in Anwesenheit von Minderjährigen oder Schwangeren verbietet und sanktioniert.
2.       Deutschland soll den Tabakgebrauch weiter eindämmen. Die Landesregierung wird daher gebeten, auf die Umsetzung der in der WHO-FCTC genannten Maßnahmen zur Aufklärung in Deutschland hinzuwirken.
3.       Die zielgruppenorientierte Aufklärung über die Folgen des Rauchens und Passivrauchens wird auch in den nächsten Jahren große Bedeutung behalten und soll daher weiterhin vorangetrieben werden.
4.       Die Landesregierung wird gebeten, darüber hinausgehende Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene zur verbesserten Tabakprävention und zum effektiven Schutz von Minderjährigen und Schwangeren vor dem Passivrauchen zu prüfen und dem Landtag hierzu zu berichten.