NRW muss seine Lehrkräfte verlässlich mit digitalen Arbeitsgeräten ausstatten

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I.  Ausgangslage
Viele Lehrkräfte nutzen ihre Privatcomputer oder Tablets für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie Verwaltungsaufgaben. Für dienstliche digitale Ausstattungen gibt es keine NRW-weit gültigen Mindeststandards. Dies führt immer wieder zu Problemen, etwa bei Datenschutzfragen oder Softwarekompatibilität.
Die Finanzierung von digitalen Arbeitsgeräten an Schulen übernehmen bislang die Schulträger. Das führt dazu, dass sich die IT-Ausstattung für Lehrkräfte von Standort zu Standort stark unterscheidet. Dass die Verfügbarkeit und Qualität der IT-Ausstattung vom Schulstandort abhängt, ist ungerecht den Lehrkräften gegenüber, die an schlecht ausgestatteten Schulen arbeiten. Dieser Nachteil für Lehrerinnen und Lehrer an schlechter ausgestatteten Schulen verschlechtert aber vor allem auch die Bildungschancen ihrer Schülerinnen und Schüler, wenn er sich u.a. in der Nutzung digitaler Medien im Unterricht niederschlägt.
II.  Gutachten zur Ausstattung mit digitalen Arbeitsgeräten
Über den Gutachterdienst des Landtags wurde ein Gutachten erstellt, das u.a. die Fragen der Zuständigkeit für die Finanzierung digitaler Endgeräte ausgearbeitet und rechtlich bewertet hat. Das Gutachten https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMI17- 135.pdf  kommt zu den folgenden Schlüssen:
Eine angemessene IT-Ausstattung gehört zu den äußeren Schulangelegenheiten und ist damit Aufgabe der Schulträger, also der Städte und Gemeinden bzw. Kreise.
Die IT-Ausstattung muss nicht nur für verwaltungstechnische Arbeiten, sondern auch für die Unterrichtsvor- und nachbereitung zur Verfügung stehen.
Die Arbeit mit Computern ist nötig zur Umsetzung der Bildungsziele nach §2 SchulG und der Kernlehrpläne.
Der Schulträger muss entweder Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl im Schulgebäude anbieten
– was ggf. erheblichen zusätzlichen Raumbedarf bedeutet – oder die Lehrkräfte mit digitalen Arbeitsgeräten ausstatten.
Das Land als Dienstherr muss aktiv auf den Schulträger einwirken, seiner Pflicht nachzukommen, sonst kann die Lehrkraft zur Selbstanschaffung befugt sein und entsprechend das Land auf Erstattung verklagen.
Das Gutachten empfiehlt eine Verständigung des Landes mit den Kommunen über Standards und entsprechende Verwaltungsvorschriften.
Mit dem Schulgesetz 2005 wurde die Aufgabe der IT-Ausstattung implizit um den Bereich der pädagogischen Arbeit ausgeweitet. Es war nicht ausreichend, allein die Bildungspauschale im Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) zu erhöhen. Es hätte vielmehr einer Kostenfolgeabschätzung nach Konnexitätsgesetz bedurft.
Der Art. 78 der Landesverfassung verlangt verfassungsrechtlich zwingend, eine finanzielle Belastungsausgleichsregelung zugunsten der Kommunen als Gesetz oder Rechtsverordnung zu erlassen. Obwohl die Dynamik im Bereich der Digitalisierung sicherlich damals von allen Beteiligten nicht so eingeschätzt wurde, wurde der Konnexitätsgrundsatz verletzt.
Eine Kommunalverfassungsbeschwerde ist wegen abgelaufener Fristen nicht mehr möglich. Der Gesetzgeber ist dennoch gehalten, zumindest für die Zukunft eine Belastungsausgleichregelung durch Gesetz zu schaffen. So formuliert der Gutachter:
„Jedenfalls ist der Gesetzgeber allein aufgrund des objektiven Verfassungsverstoßes dazu angehalten, zumindest für die Zukunft eine dem Art. 78 Abs. 3 LV NRW i.V.m. KonnexAG entsprechende Belastungsausgleichsregelung durch Gesetz zu schaffen. In Anbetracht der erheblichen Investitionen, welche die Schulträger für eine den  aktuellen Erfordernissen entsprechende IT-Ausstattung nicht nur mit Blick auf die Ausstattung der Lehrkräfte in den kommenden Jahren zu leisten haben, wären die Kommunen im Hinblick auf ihre finanzielle Leistungsfähigkeit ansonsten schutzlos gestellt.“ (Gutachten S.42f.)
Um die Software-Ausstattung für dienstliche digitale Arbeitsgeräte festlegen zu können, müssen zuerst pädagogische Konzepte zur digitalen Unterrichtsgestaltung (fort-) entwickelt werden.
Wie das auf der kommunalen Ebene gelingt, zeigen z.B. die Konzepte von Paderborn und Köln, die bereits im Rahmen der Anhörung „Landesregierung muss kurzfristig ein Konzept zur digitalen Ausstattung von Lehrerinnen und Lehrern vorlegen“ (https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA17-353.pdf) vorgestellt wurden.
Das Gutachten empfiehlt, dass das Schulministerium die Schulträger auch bei Ausgestaltung entsprechender Wartungsverträge verstärkt unterstützt.
Neben den aufgeführten Aspekten stellen sich beim Einsatz digitaler Arbeitsgeräte für Lehrkräfte, aber gerade auch für Schülerinnen und Schüler weitere Fragen in Bezug auf die Ergonomie bei Einsatz, Nutzungsgewohnheiten und -zeiten und weitere Fragen aus dem Bereich des Arbeitsschutzes. Neben positiven Gestaltungsmöglichkeiten können sich bei der Anwendung neuer Technologien schließlich auch neue Belastungen ergeben. Ein bewusster und abgestimmter Einsatz gebrauchstauglicher Medien ist deshalb unabdingbar.

III.  Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

·        die notwendigen Schritte um eine gute IT-Ausstattung für alle Lehrkräfte in NRW umzusetzen auf den im Gutachten aufgezeigten rechtlichen Grundlagen,
·        gleiche Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte und gleiche Chancen für Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten,
·        unverzüglich eine Kostenfolgeabschätzung zu erstellen, um eine gesetzliche Belastungsausgleichsregelung für die Kommunen mit den Kommunalen Spitzenverbänden zu erreichen,
·        einen verbindlichen Rahmen für pädagogische Konzepte zur digitalen Unterrichtsgestaltung zu entwickeln und zu verankern,
·        gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Einigung auf Mindeststandards für die IT-Ausstattung herbeizuführen,
·        die Kommunen bei der Erstellung von umfassenden Konzepten zur IT-Ausstattung und Implementierung (wie u.a. im Beispiel Paderborn oder Köln) zu unterstützen.
·        u.a. die Expertise der Unfallkasse NRW einzubinden, um gesundheitsorientierte und arbeitsschutzrechtliche Handreichungen für die umfängliche Nutzung von digitalen Arbeitsgeräten in den Schulen bereitzustellen.